Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Schiff war er von weit her übers Meer zu ihr gefahren und stand nun lächelnd und strahlend vor ihr. Das Schicksal hatte ihm den Weg zu ihr gewiesen, daran war kein Zweifel möglich.
*
Mirijam eilte in die Küche. Ein junges Mädchen blickte sie erschrocken an.
» Alles in Ordnung, Yasmîna. Ich möchte nur das Brot für heute Abend gerne selbst zubereiten. Wir haben einen Gast.«
» Ouacha, Lâlla .« Rasch stellte Yasmîna die nötigen Zutaten auf dem Tisch bereit.
» Bitte heiz den Ofen an. Und mach ihn schön heiß, du weißt, ich mag mein Brot gern knusprig.« Mirijam liebte es, Brotteig zuzubereiten. Während die Hände mit dem Kneten beschäftigt waren, konnte sie am besten denken.
Sie schob ihre Ärmel hoch, die Hände vermischten Mehl und Wasser zu einem klebrigen Teig, stäubten Mehl in die Holzschüssel, dann begann sie kraftvoll zu kneten. Bereits zweimal hatte sie Miguels Brief gelesen. Er war wie immer knapp und durch seine ungelenke Handschrift schwer lesbar. Das Wesentliche darin wurde jedoch unmissverständlich klar, denn einige Begriffe hatte er mit kräftigen Unterstreichungen hervorgehoben: » Schwiegersohn und Nachfolger«, stand dort und » gute Familie«, » tüchtiger Seemann und Handelsherr«. Gemeint war der junge Capello aus Venedig.
Miguel konnte sich diesen Kapitän offenbar als seinen Nachfolger vorstellen. Aber dieser Venezianer und Sarah als Eheleute vereint? Miguel schrieb nichts über Capellos Charakter oder sein Wesen, stattdessen stellte er dessen adelige Herkunft heraus. Sicher würde Sarah dann in seinem Palazzo in Venedig leben müssen ? Darüber schwieg sich Miguel jedoch aus. Hatte er alles bedacht? Eigentlich neigte er zur Vorsicht, sobald es um seine geliebte Tochter ging, hier jedoch zeugte davon nichts. Und abgesehen davon: War Sarah nicht noch zu jung für die Ehe? Was wusste sie schon vom Leben?
Bei diesem Gedanken fühlte sich Mirijam ertappt. Sollte sie tatsächlich vergessen haben, wie jung und unerfahren sie bei ihrer eigenen Hochzeit mit Miguel gewesen war? Erging es ihr nun etwa genauso wie anderen Müttern, die ihre Kinder nicht ziehen lassen wollten? Offenbar blieb ihre Tochter für sie immer Kind, ob heiratsfähig oder nicht. Sie seufzte.
Miguel bat sie ausdrücklich, diesen Marino Capello freundlich aufzunehmen und ihn mit besonderem Wohlwollen zu beurteilen. Was dachte er eigentlich, wie sie üblicherweise mit Besuchern verfuhr? Er tat gerade so, als würde sie ihnen Spülwasser vorsetzen! Sie wischte sich eine Haarsträhne aus der Stirn, dann bearbeitete sie weiter den Teig. Miguels Pläne passten ihr überhaupt nicht. Natürlich konnte sie seine Beweggründe nachvollziehen, das ja, aber gutheißen? Etwas in ihrem Inneren stemmte sich gegen eine Verbindung mit diesem Capello. Miguel hingegen ging anscheinend wie selbstverständlich davon aus, dass dieser fremde Kapitän der richtige Mann für Sarah wäre. Kannte er ihn denn bereits so gut? Jedermann wusste doch, was man von Venezianern zu halten hatte. Sie waren verwöhnt, liebten Theater, das Glücksspiel und hatten auch sonst ihre Ansprüche. Vermutlich führten zumindest die nobile, zu denen die Familie dieses jungen Mannes offenbar gehörte, ein wenn nicht lasterhaftes, so doch zumindest oberflächliches und luxuriöses Leben. Allmählich wurde der Teig geschmeidiger. Mirijam rollte ihn ein wenig in die Länge und schlug die Enden um. Dann hielt sie für einen Moment inne und ließ die Hände sinken.
Aisha, ihre alte schwarze Vertraute, hatte leider recht behalten, Sarah war tatsächlich ihr einziges Kind geblieben. Seinerzeit hatte Aisha ihre Ahnen befragt, was sie nur äußerst selten tat, und ihr deren Antwort verkündet: Sie müsse sich mit der einen Tochter zufriedengeben. Mirijam setzte das Kneten fort.
Wie gern hätten sie weitere Kinder gehabt. Doch obwohl sie und Miguel sich darum bemühten, und das mit größtem Vergnügen, hatte sie nie wieder ein Kind empfangen.
Mirijam bearbeitete den Brotteig mit beiden Fäusten. Von rechts und von links schlugen ihre Fäuste in den Teig. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Sie walkte den Teig und formte eine Kugel. Dann warf sie den Klumpen mit Kraft auf die Tischplatte, knetete ihn erneut durch und knallte ihn ein weiteres Mal auf die Arbeitsfläche.
Miguel kam nicht einmal der Gedanke, dass es an ihm gelegen haben könnte! Dass sie keine weiteren Kinder bekamen, musste am Willen Gottes, dem der Heiligen oder aber an ihr liegen, nicht
Weitere Kostenlose Bücher