Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
jedoch an ihm, Punktum.
Einfach war das Leben mit ihm niemals gewesen, aber seine verwegenen Augen konnten sie immer noch verzaubern.
Meistens war Miguel ein liebenswürdiger und großzügiger Mann, heiter und stets für einen Spaß zu haben, und das Beste war, dass er von ihr nie genug bekam. Ihre Züge wurden weich. Natürlich gab es einiges auszusetzen an ihrem Mann, aber sie wusste, kaum hatte er das Haus verlassen, sehnte sie sich bereits nach ihm.
Mirijam hob den Brotteig an die Nase und schnupperte daran. Noch einige Male durchkneten, dann war er fertig. Sie teilte den Klumpen in fünf gleiche Portionen und formte runde Laibe. Zufrieden besah sie ihr Werk, dann sank sie auf einen Hocker. Teigkneten war das eine, Entscheidungen von großer Tragweite jedoch etwas ganz anderes.
*
Den Brief ihres Vaters an die Brust gepresst, wirbelte Sarah durch den Patio. Sie hätte jubeln können vor Glück!
Ein herrlicher Morgen zog herauf mit zartrosa Federwölkchen, die den rechteckigen Himmelsausschnitt über dem Innenhof schmückten, ein paar Tauben, die irgendwo gurrten, und den ersten Geräuschen aus der Teppichwerkstatt nebenan. Die Trippelschritte eines Esels drangen von der Gasse herein, sonst aber war es still. Sie hielt einen Augenblick inne und lauschte.
In Mogador begann jeder Tag gleich, und eigentlich war es auch heute nicht anders. Und doch war dies ein besonderer Tag, einer, den sie nicht vergessen würde, das spürte sie. Bereits am Tag zuvor hatte sie es empfunden, allerdings noch ein wenig vage, mit diesem Brief aber wurde es zur Gewissheit: Ihr Leben nahm eine Wendung. Marino, Marino Capello!
In der letzten Nacht hatte sie kaum geschlafen, zu viel ging ihr durch den Sinn. Was er wohl von ihr hielt? Stundenlang hatte sie sich im Bett gedreht, ein Kissen im Arm, und jeden Moment ihrer Begegnung nachvollzogen. Seine Blicke, seine Worte, seinen Duft, alles erlebte sie wieder und wieder. Nichts war gewöhnlich an ihm. Allein schon sein wundervoller Name, Marino Capello. Klang das nicht wie Musik? Doch alles andere war ebenso schön, geradezu perfekt. Seine Hände, seine Gestalt, das Haar, seine Augen und seine Lippen. Sogar seine Kleidung und selbst sein Schiff waren etwas Besonderes.
Schon bei der ersten Morgendämmerung hielt es sie nicht mehr auf ihrem Lager, sie musste mit ihrer Mutter sprechen und ihr alles genau und bis ins kleinste Detail schildern. Was sie wohl sagen würde?
Doch trotz der frühen Stunde hatte ihre Mutter bereits zur Insel übergesetzt. Mit wem sollte sie jetzt reden, wem von der schicksalhaften Begegnung erzählen? Naima? Nein, selbst sie konnte die Freundin nicht vor dem Frühstück besuchen. Dann jedoch hatte sie glücklicherweise den Brief gefunden. Erneut warf sie einen Blick auf das Papier in ihrer Hand. Sie konnte es immer noch kaum glauben, aber hier stand es schwarz auf weiß: Ihr Vater schlug vor, sie solle Marinos Ehefrau werden ! Warum hatte ihre Mutter am Abend, nachdem Marino gegangen war, kein Wort darüber gesagt? Lehnte sie den Vorschlag etwa ab?
Ihre Mutter hatte häufig etwas an den Ideen ihres Vaters auszusetzen. Dann dachte sie sich zahllose Einwände aus, ob es nun um ein breiteres Tor ging, durch das die Fuhrwerke direkt in den Hof fahren konnten, oder um die Vergrößerung der Terrasse auf dem Dach, um einen großen Wasserspeicher für das gesamte Quartier, den er am Berghang errichten wollte, oder etwas anderes. Mit gut begründeten Argumenten zerpflückte sie seine Pläne, und ihr Vater steckte zurück. Und stets blieb sie dabei vernünftig und sachlich, so dass man ihr recht geben musste. Sie war es, die jeden Aspekt bedachte und die es besser wusste. Immer.
In diesem Fall jedoch würde sie das nicht zulassen, denn es betraf sie selbst. Sie und Marino. Sie würde ihre Mutter schon überzeugen, schließlich ging es um ihr Glück. Sarah presste den Brief an ihre Brust und tanzte durch den kleinen Hof.
» Lâlla Sarah? Bist du krank?« Yasmîna stand unter der Küchentür und beobachtete besorgt, wie die junge Frau mit geschlossenen Augen und verschränkten Armen, den Kopf in den Nacken gelegt, mitten im Hof stand und sich leise summend um die eigene Achse drehte.
Sarah öffnete die Augen und blieb stehen. Ein Strahlen erhellte ihr Gesicht. » Nein, du Dummerchen«, lachte sie und breitete die Arme aus. » Ich bin nicht krank, ich werde heiraten! Noch dazu den besten und schönsten Mann der ganzen Welt, ist das nicht wunderbar?«
5
Bald Mittag,
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