Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
Vom Netzwerk:
länger er über Husseins Verrat nachdachte, über Doudas qualvollen Tod, die beginnenden Unruhen und die Heimtücke, die hinter der Entführung der Jungen steckte, desto wütender wurde er.
    Seit dem Aufbruch überlegte und grübelte er, doch wie er es auch drehte, seine Gedanken endeten stets am gleichen Punkt: Sijilmassas Freiheit ließ sich nur mit Krieg zurückerobern. » Reite nach Taroudant und hol die Krieger unseres Sultans zu Hilfe«, hatte Abdallah gedrängt. Dem Sultan von der Verwirrung zu berichten, die in der Region herrschte, von ihm Schutz zu fordern und notfalls auch durchzusetzen, das war Sache eines Mannes der Aït el-Amin, war seine Sache. Abermals trieb er sein Pferd an. Doch es stolperte und wirkte erschöpft wie sein Reiter, dessen Aufmerksamkeit nach zwei Tagen ebenfalls nachließ.
    Die langgestreckte Oase des Oued Draà lag vor ihm, und zur Linken kam die stolze Kasbah Tamnougalt in Sicht. Obwohl es ihn drängte, möglichst rasch zum Sultan zu gelangen, unterbrach Saïd seinen Gewaltritt für einige Stunden.
    Besorgt durch seine Schilderungen über die Janitscharen ließ der caïd der Kasbah sogleich Wachposten entlang des Flusses aufziehen und seine Nachbarn alarmieren. Anschließend setzte er Saïd ein kräftiges Essen vor, füllte seine gerba eigenhändig mit frischem Wasser und gab ihm ein starkes, ausgeruhtes Pferd.
    Im letzten Tageslicht brach er erneut auf, durchquerte den Oued Draá und brachte die Uferberge des Flusses hinter sich. Inzwischen standen die Sterne am Himmel, in deren Schein er das Pferd durch eine weite Hügellandschaft lenkte. Erst die Hälfte der Strecke lag hinter ihm, dennoch ging er es etwas langsamer an. Mit dem aufgehenden Mond würde er allerdings wieder zügiger reiten können.
    Schwach ahnte er den Geruch eines offenen Feuers irgendwo in der Dunkelheit. Saïd zügelte sein Pferd. Woher kam der Rauch? Lagerten Hirten in der Nähe? Oder waren Osmanen, die Allah verfluchen möge, schon bis in diese abgelegene Gegend vorgedrungen? In alle Richtungen sichernd ritt er weiter. Die Ausdünstungen von Ziegen und Schafen stiegen ihm in die Nase, und kurz darauf erblickte er entfernt den Schein eines Feuers. Also Nomaden, dachte er. Er stieg ab und führte das Pferd am Zügel. Selbst bei Nacht konnte man die Silhouette eines Reiters gegen den Himmel ausmachen, er aber wollte weder aufgehalten noch erkannt werden. Je eher er dem Sultan berichtete, desto schneller war er mit den Kämpfern zurück, und desto eher war Sijilmassa frei.
    Vor einem Jahr, während seines letzten Aufenthaltes in Taroudant, hatte er sich mit eigenen Augen davon überzeugen können, wie riesig Sultan Muhammads Armee war. Mit ihrer Hilfe konnten die Eindringlinge leicht zurückgeschlagen und Husseins Pläne zerstört werden, insha’allah.
    Das Schlimmste war die unklare Grenze zwischen den Anhängern seines Sultans und denen, die dessen Bruder und seinen Osmanen zuneigten, auch der caïd in Tamnougalt hatte dies bestätigt. » Zahlreiche Dörfer stehen treu zu unserem Sultan Muhammad, doch etliche rechnen sich inzwischen dem Sultan von Féz zu«, klagte er. » Weswegen? Das kann ich dir sagen: Agenten aus Féz stellen Beistand, Privilegien oder Geld in Aussicht. Sie ermuntern die Sheïks, sich neue Häuser zu bauen, oder versprechen ihnen, ihren Dörfern die Steuern zu erlassen oder das Recht auf einen eigenen Markttag einzuräumen, so etwas in der Art. Und was machen unsere Sheïks? Sie halten die Hand auf, die gleiche Hand, mit der sie einst den Treueschwur vor Sultan Muhammad geleistet haben. Männer ohne Ehre, die sich kaufen lassen. Wohin soll das führen?«
    Wohin wohl, dachte Saïd, natürlich in die Abhängigkeit. Solange man denken konnte und soweit die Überlieferungen zurückreichten, gab es Kämpfe hier am Rand der Sahara. Mal waren es räuberische Nomaden aus der Wüste, die sich an den Erträgen der Oasen bereichern wollten, dann wieder Fremde, die das Land besetzten. Konnte man sie nicht gleich vertreiben, versuchte man zunächst, sich mit ihnen einzurichten, denn kein Masir liebte den Kampf um seiner selbst willen. Nahmen die Ungerechtigkeiten jedoch zu oder ging es an ihre Eigenständigkeit, erhoben sie sich. Niemand konnte sagen, wo genau diese unsichtbare Grenze lag, deren Überschreitung ihren Widerstand auslöste, doch der Moment, in dem masirische Krieger zu den Waffen griffen und die fremden Herren zu Feinden erklärten, kam unweigerlich .
    Noch vor dem ersten Morgendämmer

Weitere Kostenlose Bücher