Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
Vom Netzwerk:
des Ernstes, der in Abdallahs Worten lag. Er spürte Unheil auf sich zukommen und wäre am liebsten umgekehrt.
    Obwohl es inzwischen beinahe dunkel und der Hügel nicht besonders hoch war, konnte er die Festung und kantigen Minarette der Moscheen erkennen. Soeben begannen die Muezzine mit ihren Gebetsrufen, die sich wie Wellen über der gesamten Stadt ausbreiteten. Abdallah räusperte sich.
    » Ich wusste, du würdest diesen Weg nehmen, daher warte ich hier seit einigen Abenden auf dich. Allah ist groß, er ist der Schöpfer allen Lebens, er gibt und er nimmt, und wir müssen uns seinem Willen beugen.« Er sprach leise, mit gesenkten Augen. » Mein Freund, ich muss dir sagen, dem Allwissenden hat es gefallen, deinen geliebten Bruder Brahim auf dem Rückweg aus Mekka in der heiligen Stadt Kairouan zu sich zu rufen. Man hat ihn dort, wie es einem durch die Hâdj, die Pilgerreise, gereinigten Gläubigen zukommt, im Schatten der großen Moschee begraben. Allah schenke seiner Seele Frieden und ebenso den Herzen seiner Angehörigen und Freunde. Wir haben die Nachricht bereits vor zwölf Tagen durch Boten dem neuen amghar von Sijilmassa übersandt.« Er legte Saïd die Hand auf den Rücken. » Und es wurde in der Moschee verkündet. Unser aller Schicksal liegt in der Hand des Allmächtigen.« Damit setzte er sich auf einen Felsen, seinen Blick der Stadt zugewandt. Wenigstens dem ersten Schmerz sollte sich Saïd unbeobachtet hingeben dürfen.
    Äußerlich gefasst, vervollständigte Saïd in den nächsten Tagen seinen Warenbestand für die kommende große Handelskarawane. Er verhandelte hart, betete fünf Mal am Tag in der Moschee und spendete den Armen. Er lachte nicht und sprach nur mit wenigen. Sein Verhalten entsprach in allem den Gesetzen der Masiren aus den Tiefen des Tafilalts. In den Nächten jedoch und wenn er sich unbeobachtet wusste, überließ er sich der Trauer und seinen Grübeleien, bis er vor Verzweiflung versteinerte.
    In der Nähe eines Dorfes, zwei Stunden außerhalb von Miknas, fand der wichtigste Viehmarkt der Gegend statt. Auf den Weiden seines Onkels grasten bereits an die zwanzig Pferde, die Saïd den schwarzen Königen jenseits der Sahara mit gutem Gewinn verkaufen konnte, aber er benötigte weitere Tiere. Hier traf der junge Berberfürst einen alten Pferdehändler aus Taroudant, den er seit Jahren kannte. » Ah, der junge Aït el-Amin«, begrüßte ihn der Alte. » Allah schenke dir eine glückliche Hand.«
    Saïd nickte nur. Der Alte warf ihm einen scharfen Blick zu, dann stellte er fest: » Ein gutes Angebot heute, viele fette Schafe und gute Ziegen. Und auch ein paar brauchbare Pferde sind darunter, nicht nur Karrengäule. Es war ein gutes Jahr, al hamdullillah .«
    » Gut? Vielleicht für Schafzüchter.« Saïds Handbewegung zeigte dem Alten, was seiner Meinung nach von dem Jahr zu halten war.
    » Zorn spricht aus deinen Worten, junger Sheïk. Hast du dir einen Dorn in den Fuß getreten?«
    » Wenn es das wäre!«
    Der alte Pferdehändler hob die Hände. » Ach, das Leben – kann man es verstehen?« Er überlegte, dann befahl er: » Halte die Hand vor die Sonne, mein Freund, ja, genau so. Du kannst sie nicht mehr sehen, stimmt’s? Ich aber frage dich, ist sie etwa verschwunden?«
    Der alte Mann forschte in Saïds Gesicht. » Ganz recht, sie ist noch da. Sie spendet ihr Licht auch denen, die sie nicht sehen können.«

25
    Nachdem die Frau des Rabbi das Boot verlassen hatte, entzündete der Gondoliere die Lampen im Bug und Heck des Bootes. Dann fuhren sie weiter, vorüber an lückenlosen Reihen hoher, dunkler Häuser, nur selten unterbrochen von Brücken oder kleinen Plätzen. Die Nacht kam schnell.
    Sarah fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. Der Bootsführer sprach kein Wort, nur hin und wieder bellte er eine Warnung, um sie auf eine niedrige Brücke hinzuweisen, unter der sie sich ducken mussten. Von seinem Platz im Heck betätigte er das lange Ruder und bog in Seitenkanäle ein, einer enger als der vorige. Nachdem sie längst jedes Gefühl für die Richtung verloren hatte, verlangsamte er endlich die Fahrt und deutete mit einem Kopfnicken auf eines der Gebäude. » Ecco, da sind wir: Ca’ Capello«, sagte er und streckte fordernd die Hand aus. Stumm nahm er sein Entgelt entgegen und ließ sie aussteigen, dann wendete er die Gondel und ruderte zurück.
    Der Palazzo, vor dem sie der Gondoliere abgesetzt hatte, wirkte abweisend. Hier sah nichts nach einem freundlichen Willkommen aus, bis auf

Weitere Kostenlose Bücher