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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Arbeiter auf den Werften werden dringend gebraucht.«
    Kapitän Pacellis schmales Haus in der Calle di San Martino an einem der kleineren Kanäle ganz in der Nähe des Arsenals verfügte über drei Stockwerke, wenn man die Terrasse auf dem Dach mitrechnete. Von der Gasse aus trat man drei Stufen hinauf in einen kleinen Vorraum, von dem aus die Küche und das größte Zimmer des Hauses, das er bewohnte, abging. Auch sein Diener Giulio hatte hier seine Kammer. Geradeaus führte eine Holztreppe in das obere Stockwerk, das er jedoch selten betrat. In seinem Zimmer prasselte bereits ein Feuer im Kamin, und durch die weit geöffneten Fenster drang frische Luft herein.
    » Merda! Aber Ihr habt ja recht«, knurrte der Kapitän, » auf Lazzaretto hätte ich den Koller gekriegt. Übrigens, wie geht es jetzt im Arsenal, woran arbeiten sie?«, fragte er, um sich abzulenken, während der Arzt seine Hände an einem sauberen Tuch abwischte. » Bedenkt, ich war fast drei Monate unterwegs, bin also nicht auf dem Laufenden.«
    » Galeassen, Kapitän, sie bauen natürlich bewaffnete Galeassen, die Türken schlafen schließlich nicht. Derzeit arbeiten sie sogar unter erhöhtem Druck, da der Osmane sich zum wiederholten Male nicht an die Friedensverträge hält, im Gegenteil. Es wird noch so weit kommen, dass er uns nach der Ägäis auch noch die letzten Stützpunkte auf dem Peleponnes abnimmt. Denkt an meine Worte. Wie dem auch sei, jedenfalls wird Tag und Nacht gearbeitet, in drei Schichten. Also bin auch ich dreimal am Tag im Arsenal, denn Ihr könnt Euch vorstellen, dass es immer wieder zu Unfällen kommt. Die Zimmerleute und Segelmacher klettern auf Gerüsten und Masten herum, ziehen Wanten ein und richten Takelagen, um die neuen Segel anzuschlagen, oder sie turnen hoch oben über den offenen Leibern der neuen Schiffe. Heute Morgen zum Beispiel brach einer der großen Flaschenzüge unter der Last eines Besanmastes zusammen und begrub einige Zimmerleute unter sich, während gleichzeitig am anderen Ende der Werfthalle ein paar Säcke mit Werg in Flammen aufgingen. Hier ein eingedrückter Brustkorb, dort üble Verbrennungen: Ich habe reichlich zu tun.« Wieder grinste er. » Soll ich Kapitän Enrico einen Gruß bestellen? Er wird sich freuen, von Eurer Rückkehr zu hören.«
    » Ja, und seine Späße darüber machen, dass ich mir eine Kinderkrankheit zugelegt habe! Das lasst schön bleiben. Für heute sage ich Dank für Eure Hilfe.«
    Wenn der Wind von Osten kam, hörte man in Pacellis Haus deutlich den Lärm vom Arsenal: Hämmern und Sägen, das Poltern der schweren Balken und das Knarren von Flaschenzügen. Neben diesen Klängen trug der Wind auch den Duft von frischem Holz, Teer und Farbe herbei. Nie würde er woanders wohnen wollen. Die Nähe zu den neuen Schiffen gab Pacelli das Gefühl, sich selbst an Land immer noch an Bord zu befinden, und auch mit festem Boden unter den Füßen waren seine Träume stets von salziger Luft durchdrungen. » Die Löwenrepublik ist ein Land für Seefahrer«, lautete einer seiner Lieblingssprüche, mit dem er gern seinen Stolz auf seine Heimat zum Ausdruck brachte.
    Zugleich aber wusste er natürlich auch um die dunkle Seite der Erlauchten Republik, um die Intrigen und die Günstlingswirtschaft, die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und bei Geschäften jeder Art weit um sich gegriffen hatte. Ebenso wusste er um die Prunk- und Genusssucht, um das wüste Leben, Raubüberfälle und Messerstechereien in dunklen Gassen, und um andere, weit schlimmere Verbrechen. Um sich jedoch seinen inneren Frieden zu bewahren, zog er es für gewöhnlich vor, niemals lange über diese Missstände nachzudenken, und war er einmal auf See, vergaß er alle Untiefen seiner Stadt sofort.
    Etwas allerdings beunruhigte Pacelli ungemein, ob er nun auf See war oder hier in der Stadt: der türkische Sultan in Konstantinopel, der in letzter Zeit immer noch mächtiger wurde. Inzwischen war er stark genug, um von christlichen Händlern unverschämte Zölle einzufordern, und zwar auf sämtlichen Routen der Gewürz- und Seidenhändler, die durch sein sich ständig vergrößerndes Riesenreich führten.
    Die Venezianer mussten ebenso wie alle anderen Händler auf die wesentlich teureren Einfuhren über Portugal oder Flandern ausweichen, was ihre herausragende Stellung im Mittelmeerhandel schmälerte und ihre einst erheblichen Profite ins Bodenlose sinken ließ. Darunter litt natürlich auch er als patrono einer Handelsgaleere.

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