Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
Vom Netzwerk:
beobachtete sie aufmerksam. Die Frau wollte etwas sagen, schwankte aber und schien es sich zu überlegen. Ihre Augen wanderten unruhig umher. Einen flüchtigen Moment ruhten sie auf der Brücke, unter der sie eben hindurchfuhren, dann glitten sie über die Fassaden der Palazzi am Ufer und als Nächstes über die anderen Boote auf dem Kanal. Zwischendurch streifte sie mit schnellen, forschenden Blicken die beiden fremden Frauen. Immer noch schwieg sie.
    Je länger das Schweigen andauerte, desto spürbarer wurde es, geradezu unangenehm, besonders nach dem freundlichen Beginn der Unterhaltung. Schließlich gab sie dem Ruderer am Heck der Gondel ein Zeichen, sie an Land zu bringen. » Ich werde dem Gondoliere sagen, wohin er Euch bringen soll«, sagte sie, als sie sich zum Aussteigen bereit machte. Und dann, als sie bereits den Fuß auf die erste Stufe der kleinen Treppe gesetzt hatte, wandte sie sich noch einmal zu Sarah um. Sie deutete auf die Blumen in ihrem Korb. » Tuberosen also? Habt Dank für Eure Auskunft. Ich muss Euch um Verzeihung bitten, aber Eure Frage konnte ich nicht beantworten, ohne schlecht über jemanden zu reden. Das jedoch verbietet mir der Anstand.« Sie zögerte erneut, dann setzte sie rasch hinzu: » Verzeiht, wenn ich Euch neugierig erscheine, aber ich muss noch mal fragen: Stammt Ihr vielleicht aus dem Sultanat Féz? Ein Teil meiner Familie hat dort Zuflucht gefunden, nach ihrer Vertreibung aus Granada. Sie sind nun in Sicherheit und frei, und es geht ihnen gut.« Ihr Lächeln fiel etwas gequält aus. » Ich verspüre daher eine große Dankbarkeit Eurer Heimat gegenüber. Stellvertretend für die Menschen von Féz möchte ich Euch ebenfalls Gutes tun. Solltet Ihr also irgendwann Hilfe benötigen, so kommt nur getrost zu mir. Fragt nach Rabbi Sarfatti und seiner Frau Rebecca. Wir leben im Ghetto bei San Girolamo, wo die Häuser hoch sind und die Gassen dunkel und schmal. Seid gewiss, Ihr werdet willkommen sein.«

24
    Miknas
    Mit dem letzten Tageslicht erreichte Saïd das fruchtbare Umland von Miknas. Zuvor hatte er – nach seiner Rückkehr aus Wahran – in Féz Bücher über Mathematik, Medizin und Astrologie sowie einige Koranabschriften für die medersa von Timbuktu eingekauft. Bücher und Pferde, damit konnte er dort die besten Geschäfte machen, und Pferde gab es in der Umgebung von Miknas genug.
    Beim Anblick der gepflegten Felder und Gärten, vertraut seit früher Kindheit, fühlte er sich willkommen geheißen, und eine Last fiel von ihm ab. Keine unlösbaren Fragen mehr, keine Sehnsüchte oder wirren Träume, im Haus des Onkels musste er sich nur mit Alltagsdingen wie dem Ankauf neuer Pferde befassen. Und das wurde höchste Zeit, der Herbst war fortgeschritten, und eigentlich hatte die Karawanensaison bereits begonnen. Fast freute er sich darauf, sich erneut den Herausforderungen der Wüstendurchquerung zu stellen. Das Beste jedoch war, demnächst Brahim wiederzusehen; sicher konnten Onkel und Tante ihm sagen, wann der Bruder heimgekehrt war.
    Auf einem Hügel nahe der Furt über den kleinen Fluss erhob sich ein Mann, seine Silhouette stand schwarz gegen den Abendhimmel. Jetzt hob er die Hand zum Gruß und hinkte den Hang hinab.
    Saïd glitt von seinem mehari, lief dem Mann entgegen und umarmte ihn herzlich. » Abdallah, mein Freund. Friede sei mit dir, salâm u aleikum ! Wie geht es dir, bist du gesund? Ist mit eurer Reise hierher alles gut gegangen, und sind Azîza und die Familie wohlauf?«
    Abdallah küsste Saïds Hand und legte sie an seine Stirn. » Wa aleikum as salâm, Sîdi , Friede sei mit dir. Azîza ist wohlbehalten angekommen, al hamdullillah. Und auch du bist nun zurückgekehrt. Allah u aqbar .« In der Dämmerung war sein Gesicht kaum zu erkennen.
    Noch einmal drückte Saïd den Vertrauten an seine Brust, überrascht von dem warmen Gefühl der Freude, das ihn bei diesem Wiedersehen durchströmte. » Du machst wohl einen Spaziergang, um dir Appetit auf die gute Küche meiner Tante zu verschaffen?«, lachte er. » Ich freue mich jedenfalls schon auf ihr Zitronenhühnchen.«
    Abdallah lachte nicht, er schnalzte mit der Zunge. » Komm mit mir hinauf, von dort hat man einen schönen Blick.«
    Saïd zögerte, dann band er die Kamele an einen Busch und folgte dem Freund bergauf zu der Stelle, an der Abdallah ihn erwartet hatte. Seine Freude über ihr Wiedersehen und die Erleichterung, dass Azîza auch ohne seinen Schutz heil bei den Verwandten angelangt war, schwand angesichts

Weitere Kostenlose Bücher