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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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zum College durch die Finger, sorgte sich Mom zu Tode, tobte Dad in gewohnter Manier durchs Haus und schlug im Suff die Einrichtung kurz und klein. Und nicht einmal Pat war da, um ihn zu bremsen. Ach ja, und was passierte, wenn er zur Anhörung an der Casa Richard nicht auftauchte? Falls Mrs Prescott es schaffte, ihn rauszuwerfen, brauchte er sich sowieso keine Sorgen mehr wegen des AP -Tests zu machen.
    Ein weiteres Beben faltete den Boden.
    Aus dem Nichts erhob sich ein unerträgliches, hochfrequentes Summen, das den Reflex auslöste, sich beide Hände auf die Ohren zu schlagen. Zum Glück unterdrückte er den Impuls und umklammerte das Eisengeländer. Keine Sekunde zu früh, denn mit einem gewaltigen Krachen sackte die Festung nach unten. Zwei Atemzüge lang hing er im freien Fall, dann stürzte er auf die Knie, als das Gebäude sich abrupt wieder fing. Aus den steinernen Eingeweiden erhob sich das Dröhnen von überlastetem Stahl.
    Was zur Hölle –?
    Noch ein Stoß erschütterte den Beton, und die Festung sank weiter, doch langsamer als zuvor. Sie neigte sich zu einer Seite, dass Sand und Kiesel auf den Rand zuzurutschen begannen. Mit wild jagendem Herzen stemmte Ken sich zurück auf die Beine und vergaß beinahe, weiterzuatmen.
    Die Narbe war zum Leben erwacht.
    Rasend schnell riss sie auf, spaltete den Himmel, dann explodierte der Fluss. Im Detroit River entstand ein gewaltiger Strudel. Der Spalt raste durch die Fluten und zerteilte das Flussbett wie ein Messer, fraß sich durch Uferaufbauten und Kaianlagen und schoss ins Herz von Downtown. Ein dreißig Stockwerke hoher Backsteinkoloss rutschte in schmerzlicher Langsamkeit zusammen. Gigantische Staubfontänen mischten sich mit giftgrünen Nebelschwaden.
    Das Kläffen der Spalthunde wurde zu einer ohrenbetäubenden Kakofonie. Die Festung schwebte nur noch wenige Meter über dem Boden und als Ken nach unten blickte, sah er einige der Bestien nach den herabhängenden Ranken springen.
    Instinktiv zuckte er zurück. Er musste Marielle und Santino finden!
    Er stürzte durch die qualmenden Riedgrasstoppeln, durch das Wäldchen aus Trauerweiden und überquerte die freie Fläche aus vielfach geborstenen Betonplatten, bis er den Glaspavillon erreichte. Ein Teil der Scheiben war gesprungen. In der Treppe klaffte ein Loch. Zwei Stufen fehlten.
    »Marielle!« Ihr Name hallte von den Wänden wider. Die Buchstabenvorhänge wogten vor und zurück, ein gespenstischer Flüsterchor.
    Er glitt um den Treppenabsatz herum, rannte weiter treppab und stoppte abrupt, weil er Stimmen hörte. Einen heftigen Streit.
    »… tust du das?«, schrie Marielle.
    »Wir sollten zuerst zusehen, dass wir hier lebend herauskommen«, erwiderte Santino.
    Ken schlich die Stufen hinab bis zur nächsten Etage. Bis er sie deutlich verstehen konnte. Er sah sogar ihre Silhouetten durch die Papierketten. Er hatte geglaubt, dass die Anspannung zwischen den beiden mit ihrer Ankunft hier in der Festung abgeklungen war, aber jetzt stritten sie sich zum ersten Mal ganz offen. Marielle schien es dem Magier wirklich sehr übel zu nehmen, dass er sie in ihren Palast zurückbringen wollte. Was genau sie dort erwartete, hatte er immer noch nicht herausgefunden.
    »Dann hau ab!«, sagte sie. »Ich habe dich nicht gebeten, mir zu folgen.«
    »Marielle –«
    »Für dich
Hoheit
! Dank dir und meinem verantwortungsbewussten Vater bin ich bald Königin über beide Städte.«
    »Hoheit«, sagte er steif. »Von mir aus. Würden Euer Hoheit dann geruhen, Ihren königlichen Arsch hier rauszuschaffen, bevor die ganze Ruine über Eurem gekrönten Haupt zusammenbricht?«
    »Die Festung ist sicher.«
    »Wir sind gerade fast abgestürzt. Die Hunde –«
    »Können nicht hinein.« Ken hörte den Trotz in ihrer Stimme. Er konnte beinahe sehen, wie sie die Arme vor der Brust verschränkte. »Wenn der Buchstabensammler zurückkehrt …«
    »
Wenn.
Wenn er zurückkehrt. Wenn er so allwissend ist, wie du behauptest, hat er vorausgesehen, dass hier alles zusammenbricht und sich längst aus dem Staub gemacht. Baut sich in Ruhe eine neue Festung, während wir mit seinem alten Schutthaufen untergehen.«
    Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen. In die Stille hinein knirschten Gebälk und Steine, ein feines Rieseln von Sand, das bei Ken noch mehr Unbehagen erzeugte als zuvor das Beben. Es klang, als würden die Fundamente zu Staub zerbröckeln.
    »Wir können sowieso nichts tun.« Alle Streitlust war aus Marielles Stimme gewichen. »Du

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