Purpurfalter
sie sich auf den Hufen halten. Loreena zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und beugte sich nach vorne. Sie zitterte. Ihr ganzer Körper bebte, doch die Kälte war nicht der Grund. Würden sie Lomas wirklich lebend vorfinden oder hatte man ihn zu Tode gefoltert?
Unbemerkt wurden die vorher zu Boden schwebenden Schneeflocken nun von einem ausgewachsenen Sturm durcheinander gewirbelt. Gallen Forst lag nun weit hinter ihnen. Nirgends wuchs auch nur ein Gebüsch, das ihnen Schutz vor dem eisigen Wind bot. Kein Baum, hinter den sie sich vor heranschwirrenden Pfeilen flüchten konnten.
Loreena hob ihr Haupt, um zu sehen, ob die Gruppe in die richtige Richtung ritt. Der Sturm peitschte ihr ins Gesicht. Sofort schloss sie die Lider. Jeglicher Versuch, sie zu öffnen, scheiterte. Resignierend senkte sie wieder den Kopf. Er lag fast auf dem Hals des Gauls. Sie musste einfach vertrauen, dass er den anderen hinterherlief und Mogall und Wor an der Spitze sie nach Firn führten.
Plötzlich schien der Sturm aufzuhören. Als hätte man eine Tür geschlossen, verschwand der Wind. Das Säuseln war immer noch deutlich zu vernehmen. Irritiert schaute Loreena auf. Sie sog tief Luft ein. Sofort bereute sie es, denn die Kälte brannte in ihren Lungen. Ehrfürchtig schaute sie nach oben. Als eine Wand aus Eis zeigte sich die Außenmauer der Hauptstadt Firn. Unbezwingbar. Glatt und kalt. Faszinierend. Milchig verschmolzen die Eisblöcke miteinander. Schnee bedeckte die Seiten und türmte sich auf dem Mauersims. Loreena sah keine Wachen auf der Mauer. Wahrscheinlich toste der Wind zu stark. Aber in kleinen Türmen zu ihrer Linken und Rechten leuchteten Kerzen und sie vermutete, dass dort Späher lauerten. Obwohl sie unmittelbar vor der Eismauer stand, konnte sie einen Blick auf den Sitz der Königsfamilie, der über die Mauer herausragte, werfen. Tosend wehte der Wind durch die Winkel. Der Schnee in der Luft umhüllte die Feste Nebelhorn wie ein silbrig-weißer Vorhang.
Durch eine Tür im riesigen Eingangstor trat eine Wache Firns heraus. Der Mann trug den gleichen Pelzmantel wie die Fremden. Mit seinem Speer deutete er auf König Wor, der immer noch die Spitze des Corps bildete. Loreena hielt die Luft an. Ihr Vater wankte auf seinem Gaul. Seine gebeugte Haltung verhieß nichts Gutes. Ihm schien es erneut schlechter zu gehen. Furcht befiel sie. Furcht, er könnte beim Versuch abzusteigen wie ein Sack Rüben zu Boden fallen.
Mogall sprang von seinem Rappen und ging auf die Wache zu. Loreena hielt sekundenlang den Atem an. Was zur Hölle würde er dem Frostländer sagen, damit er eine Horde Unbekannter nachts in die Hauptstadt ließ? Um sich abzulenken glitt ihr Blick über das vereiste Holztor. Die Scharniere waren an den Seiten in die Eisblöcke eingelassen und festgefroren. Eine Festung aus Stein und Stahl bot mehr Sicherheit, aber mit der Ebene Fallbö im Süden und der Kristall Eiswüste im Westen, besaß Nebelhorn natürliche Barrieren.
Die Wachposten öffneten das Tor. Hektisch winkte die Wache, die mit dem spitzbärtigen Vampir gesprochen hatte, sie durch. Als Mogall auf sein Pferd sprang, zwinkerte er ihr lächelnd zu. Natürlich! Der Vampir hatte die gefährlichste und gleichzeitig unauffälligste Waffe Valkenhorsts angewandt. Loreena hatte sie bereits selbst mehrmals zu spüren bekommen. Klavorn hatte sie auf dem Ritt von Föhn nach Nordalp in eine Art Trancezustand versetzt. Erst im Gallen Forst wachte sie auf. Und Graf Schomul - er hatte sie mit seinem vampirischen Zauber in die Knie gezwungen, um ihr deutlich zu machen wie schwach ganz Ingrimm war. Sein Schwert stieß er in ihre Scheide, und er brachte sie dazu, es zu genießen. Verdammt! Weshalb tauchte Schomul immer wieder in ihren Gedanken auf? War es die Angst vor der Heimkehr? Er würde auf sie warten, um sie in Stücke zu reißen. Sein Befehl - auf Tide zu bleiben - während Wor und Mogall Lomas befreiten, hatte sie missachtet und sein Befehl war Gesetz. Aber da war noch ein anderes Gefühl – Sehnsucht! Sehnsucht nach Schomul, es war beschämend und verwirrend. Sie wollte sein Verlangen noch einmal spüren. Doch das durfte nicht sein!
In Zweierreihen trabten sie durch das Tor. Loreena krallte die Finger in die Mähne ihres Schimmels, um nicht in Panik zu geraten. Schon schloss die Wache das Holztor hinter ihr. Firn hatte sie in den Klauen und wusste nur noch nichts davon.
Die Feste Nebelhorn zeigte sich nun in beeindruckender Größe. Wie ein Massiv aus Eis und Schnee
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