Purpurfalter
seiner Stirn hervor und die Lippen färbten sich dunkellila.
Schomul weidete sich an dem jämmerlichen Anblick. Sein Gegner war am Ende! Er lag in den letzten Zügen und brauchte nur noch eine Weile, um sich die Niederlage einzugestehen. Schomul vergrub die Angst tief in seinem Inneren, der Unterlegene könnte auf seine und Fedlors Familie anspielen. Irgendwer musste sie während ihrer Wandlung gedeckt haben. Irgendwer musste ihnen geholfen haben, unentdeckt zu bleiben. Aber vielleicht dachte dieser Bulle auch, sie hatten sich in den Tiefen des Ruten Hains verkrochen.
„Halt ein.“ Der Alte schien nachzugeben. „Ich krieg keine Luft mehr.“
Unbeeindruckt konzentrierte sich Schomul darauf, den Druck aufrecht zu erhalten. „Ich habe bisher von keinem Vampir gehört, der an Luftnot gestorben ist.“ Er konnte ein gehässiges Lachen nicht unterdrücken. „Ich werde dich nur ein wenig quälen, bis du die Notwendigkeit einer Kapitulation einsiehst.“
Unerwartet streckte der Blutsauger die Arme von sich. „Du hast gewonnen. Ich scheine nicht in der Lage zu sein, deine Entschlossenheit zu übertreffen.“
Schomul war schlau genug, seinen Griff nicht zu lockern. Schließlich hatte er, während seiner gesamten Kindheit und Jugend, die Blutsauger gut beobachtet. Unter den Vampiren gab es tatsächlich Ehrenkodexe. Einer war, Versprechen nicht zu brechen - aber galt das auch ungewollten Schülern gegenüber? „Wirst du mir dienen?“
„Ja, verdammt.“
„Wirst du mich als Zögling in Wölfing einführen?“
„Lass mich schon los.“
Schomul verstärkte erneut den Druck auf die Weichteile des Vampirs. „Wirst du?“
„Ja. Und jetzt lass mich los.“
„Leiste einen Eid! Schwöre, dass du alles tun wirst, um mich zufrieden zu stellen. Ab sofort vergisst du, dass ich ein Unfall bin. Schwöre!“
Der Vampir kreuzte Zeigefinger und Ringfinger über dem Mittelfinger. „Ich leiste den verdammten Eid.“
Schomul ließ von ihm ab und sprang auf die Füße. Mit Argusaugen beobachtete er jede noch so unscheinbare Bewegung seines neuen Dieners, immer bereit anzugreifen.
Der Vampir zog sich mühsam am Tisch hoch. Kreidebleich stützte er sich auf der Tischplatte ab. Er befingerte die Würgemale am Hals und hielt schützend seine Männlichkeit. Dann sauste plötzlich seine Faust auf die Holzplatte nieder. „Verflucht sei ich! Verflucht, mich in diese Zwangslage geführt zu haben durch eine winzige Fahrlässigkeit. Aber du hast wahrlich triumphiert. Nie zuvor habe ich solch eine Entschlossenheit bei einem frisch Gewandelten gesehen.“ Er drehte sich zu Schomul um: „Bortlams Loyalität sei dir von nun an gewiss.“
~~~
Noch am selben Morgen, bevor der Raureif von den Grashalmen tropfte und die Hähne die Bewohner von Föhn weckten, reisten die zwei frisch Verbündeten nach Wölfing, um dort beide ein neues Leben zu beginnen. Schomul befahl Bortlam eine rote, mit zahlreichen Glöckchen verzierte Samtrobe zu tragen, damit der Füllige leicht zu hören und zu sehen war. Eine reine Schutzmaßnahme. Doch mit den Jahren wurde aus Misstrauen Vertrautheit und aus Vertrautheit Freundschaft. Durch seine jähzornige und dennoch erhabene Art eroberte Schomul die Hauptstadt Valkenhorsts. Er behauptete sich gegen die betagten Vampire und wies die Jungen in ihre Schranken. Unaufhaltsam stieg er auf. Amt für Amt ließ er hinter sich und eines Tages krönte man ihn zum „Grafen“. Nun bekleidete er den höchsten Posten im Land. Endlich war er der mächtigste Mann der östlichen Krisis. Es wurde Zeit, sein Versprechen Fedlor gegenüber einzuhalten. Er befahl, die Menschen besser zu behandeln, ihnen mehr Nahrung zu geben und sie weniger zu schinden. Bestrafungen durften nur mit seiner Genehmigung durchgeführt werden. Sogar einen Festtag im Monat brachte er trotz allem Unmut durch. Erfolgreich setzte er sich gegen mündliche und körperliche Attacken zur Wehr. Schomul benutzte seinen Verstand, wenn es um Überzeugungskraft ging und seinen Jähzorn, wenn er seinen Willen kompromisslos durchboxen wollte. Denn Missgunst und heimlichen Groll gab es genug.
Dann geschah das Unerwartete. Bei einem Ausritt traf er auf Fedlor.
~~~
„Wir sollten uns beeilen nach Wölfing zurückzukehren.“ Holbar, der einzige Rothaarige unter Schomuls Leibwächtern, ritt zum Grafen auf. „Irgendetwas schmeckt mir nicht.“
Es regnete nicht, aber das Moos war noch voll gesogen vom letzten Guss und schmatzte unter den Pferdehufen. Die meisten Tiere
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