Purzelbaum
Berg hinauf. In den Kurven lässt der Fahrer den Wagen immer wieder leicht um die Kurve schleudern. Er erklärt das damit, dass wir nicht mehr vorankommen würden, wenn er denn zu sehr abbremsen würde. Außerdem lernen wir während der knapp zehnminütigen Fahrt, dass eine Frau nur dazu da sei, ihren Mann zu bedienen. Der Fahrer erklärte uns auch, dass er es nicht verstehen könne, wenn sich eine Frau ein Pfeffersteak bestelle, nur weil ihr Mann eines essen würde. Sie müsste eigentlich mit einer kräftigen Suppe genug haben. Anfangs noch belustigt, ob der skurrilen Weltanschauung, bemerke ich vor allem bei Carmen eine starke Tendenz zu widersprechen. Lisa hält ihren Schal so zwischen beiden Händen gespannt, also ob sie in den nächsten Sekunden vorschnellen wollte, um den Fahrer zu strangulieren. Glücklicherweise endet die Fahrt noch bevor etwas Schlimmes passiert, Andi bezahlt, und wir steigen mehr als nur verwundert aus.
Fünf Minuten später ist der komische Kautz vergessen. Wir sitzen in einer gemütlichen Gaststube und stoßen mit einem Bier an. Caro schildert von ihren Hochzeitsvorbereitungen, die momentan voll im Gange sind. Erzählt von Problemen mit den Einladungen, auf denen das falsche Datum aufgedruckt wurde, Unstimmigkeiten mit dem Catering, weil sie sich nicht einfach das Menü zusammenstellen könne, sondern fixe Kombinationen wählen müsse und nicht zuletzt das Problem, dass sie für ein Festzelt im Englischen Garten eine Flut an Genehmigungen benötigen würde. »Muss es unbedingt der Englische Garten sein?«, wagt Biene zu fragen. »Ich habe ja nicht vor, öfter als einmal zu heiraten. Dafür muss alles perfekt sein. Seit ich denken kann, stelle ich mir vor, meinen Traumprinzen im Monopteros zu heiraten.« »Ich war noch nie im Englischen Garten. Was ist das Monopteros.«, möchte Andi wissen. »Ich war schon oft dort, aber einen Dinosaurier habe ich in dem Park noch nie gesehen.« Lisa wirkt belustigt. »Du ist ein Affe.«, meint Caro an Lisa gerichtet, und dreht sich dann zu Andi. »Der Monopteros ist ein offener Tempel mit hohen Säulen. Darin würde ich gerne einen Altar aufbauen lassen, um Wolfgang, meinem zukünftigen Mann, dort das Ja-Wort zu geben. Nachher soll die Hochzeitsgesellschaft in einem Zelt auf der darunter liegenden Wiese mit uns feiern.«
»Vielleicht solltest du weniger Filme wie Wedding Planner ansehen. Deine Hochzeit wird ja mehr Hollywood Flair haben als bei den Filmstars selbst.« Lisa kann es nicht lassen zu sticheln. »Ich warte nur drauf, dass du mal heiratest. Das wird sicher so eine Barbie und Ken Hochzeit. Kitschig und völlig übertrieben. Du wirst sicher mit deinem Traumprinzen in einer weißen Kutsche auf euer Märchenschloss fahren, und gleich in der ersten Nacht eine Hand voll viel zu schöne Kinder machen.« Andi hat den kleinen Zickenkrieg beobachtet und lacht jetzt lauthals über Caros Aussage. Sein Lachen ist so ansteckend, dass auch wir Mädels einstimmen, unsere Gläser heben und auf die bevorstehende Hochzeit von Caro und Wolfgang anstoßen.
Die Kellnerin unterbricht unsere ausgelassene Feier mit unseren bestellten Speisen. Als die Teller serviert werden glaube ich meinen Augen nicht zu trauen. »Ist das wirklich nur eine Portion? Also für eine Person?« »Sicher. Ist es denn zu wenig?«, fragt die Kellnerin erstaunt. »Nein, eigentlich würde ich sagen, dass man mit dem Essen auf diesem Tisch locker zehn Leute satt bringt.« Die Kellnerin, die im Übrigen eine Frisur wie der Tokioter Hotelier Bill Kaulitz trägt, ist wieder beruhigt. »Na dann ist es gut. Lasst es euch schmecken!«
»Mit der Unterlage, werden wir den Berg in der halben Zeit hinuntersausen. Ich glaube aber nicht, dass ich mehr als die Hälfte dieser Portion schaffe.« Ich bin überwältigt. Mein Rodlerschmaus schmeckt köstlich. Knödel, Strudel, Grillwürstel und drei verschiedene Sorten Braten auf einem herrlichen Sauerkraut. Eigentlich zu schade um es stehen zu lassen, aber zu viel für mich um es aufzuessen. Außer Andi und Lisa schafft es keiner am Tisch seinen Teller zu leeren. Mein Traumprinz kommt mir zu Hilfe und nimmt sich meiner Reste an, und Lisa sammelt von allen die Teller ein. »So kann ich alles kosten.«
Die Frage der Kellnerin nach einer Nachspeise verneinen wir dann alle, nur das angebotene Schnapserl vor der Rodelpartie nehmen wir noch an, bevor Andi die Rechnung ordert und bezahlt.
Satt und bereit für die Abfahrt ins Tal gehen wir um den Gasthof herum
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