Pyramiden
nicht daran erinnert, wie gefährlich es sein konnte, im Fluß schwimmen …
Teppicymons Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, und er beobachtete, wie zwei Diener den schweren Koffer seines Sohns zur Kutsche trugen. Er gab einer seltsamen Versuchung nach, und zum erstenmal seit vielen Jahren legte er Pteppic eine väterliche Hand auf die Schulter.
»Äh …«, begann er – und stellte fest, daß er gar nicht wußte, was er seinem Sohn sagen sollte. Komisch, eigentlich haben wir uns nie richtig kennengelernt, dachte er. Ich hätte ihm sicher viel geben können. Zum Beispiel ab und zu eine Tracht Prügel. So was schadet nie.
»Äh«, wiederholte er. »Nun, mein Junge.«
»Ja, Vater?«
»Es, äh, geschieht nun zum ersten Mal, daß du dich ganz allein auf die Reise begibst und dein Zuhause verläßt …«
»Nein, Vater. Du weißt doch, daß ich den letzten Sommer bei Lord Fhem-pta-hem verbracht habe.«
»Ach, tatsächlich?« Der Pharao entsann sich, daß es zu jenem Zeitpunkt im Palast ruhiger als sonst gewesen war. Er hatte vermutet, es liege an den neuen Wandteppichen.
»Wie dem auch sei«, fuhr er fort. »Du bist nun ein junger Mann, fast dreizehn.«
»Zwölf, Vater«, erwiderte Pteppic geduldig.
»Im Ernst?«
»Ich hatte im letzten Monat Geburtstag, Vater. Du hast mir eine Wärmpfanne geschenkt.«
»Habe ich das? Originell von mir. Nannte ich dir den Grund dafür?«
»Nein, Vater.« Pteppic sah auf und musterte das etwas verwunderte Gesicht des Pharaos. »Es ist eine gute Wärmpfanne«, versicherte er. »Sie gefällt mir sehr.«
»Oh. Das freut mich. Äh.« Seine Majestät klopfte dem Jungen auf die Schulter, so geistesabwesend wie jemand, der nachdenklich mit den Fingern auf einen Schreibtisch trommelt. Nach einer Weile schien ihm etwas einzufallen.
Die Diener hatten unterdessen das Gepäck verstaut. Der Kutscher hielt die Tür auf und wartete.
»Wenn ein junger Mann in die Welt hinauszieht«, sagte der Pharao unsicher, »so sollte er sich an einige, äh, wichtige Dinge erinnern … Tja, die Welt ist ziemlich groß, und es gibt alle Arten von … Vor allen Dingen in den Städten, wo es noch zusätzliche …« Er zögerte, hob den Arm und vollführte eine vage Geste.
Pteppic griff nach der Hand seines Vaters und drückte sie wieder herab.
»Sei unbesorgt«, sagte er. »Der Hohepriester Dios hat mir alles erklärt und darauf hingewiesen, daß ich mich regelmäßig waschen muß. Er meinte auch, ich solle ständig die Augen offenhalten.«
Seine Majestät blinzelte verblüfft.
»Ständig? Selbst in der Nacht?«
»Gerade nachts, Vater.«
»Bemerkenswert. Um nicht zu sagen: eigenartig. Hat Dios dir beigebracht, wie man mit offenen Augen schläft?«
»War nicht nötig. Ich habe es von dir gelernt, Vater.«
»Von mir?« Ich habe dem Jungen etwas beigebracht, dachte Teppicymon XXVII. Ja, ich kann stolz auf mich sein. »Oh. Äh. Das freut mich. Es freut mich sogar sehr. Du bist also nicht unvorbereitet.«
»Ich glaube, ich sollte jetzt aufbrechen, Vater. Sonst verpasse ich die Flut.«
Der Pharao nickte gutmütig und suchte in den Taschen seines Umhangs.
»Äh, ich wollte dir etwas geben, äh …«, brummte er, holte einen kleinen Lederbeutel hervor und reichte ihn Pteppic. Unmittelbar darauf massierte er wieder die Schulter des Jungen.
»Eine Kleinigkeit für dich«, sagte Seine Majestät. »Sag deiner Tante nichts davon. Oh, das dürfte ohnehin kaum möglich sein. Wahrscheinlich hat sie sich in ihrem Zimmer hingelegt. Weißt du, es war einfach zuviel für sie.«
Daraufhin erledigte Pteppic – beziehungsweise Teppic – die letzte Förmlichkeit. Er ging zu der Statue, die Khuft darstellte, den Gründer Djelibebys, und dort opferte er ein Huhn – damit ihn die sanfte Hand des Ahnen durch die Fremde geleitete. Er wählte ein recht kleines Huhn, und als Khuft damit fertig war, servierte man es dem Pharao zum Abendessen.
Djelibeby stand zu Recht in dem Ruf, ein eher unwichtiges und provinzielles Königreich zu sein. In allen Fluß-Reichen, die etwas auf sich hielten, kam es dann und wann zu übernatürlichen Plagen. Was Djelibeby betraf, lag die schlimmste Heimsuchung bereits hundert Jahre zurück, und man nannte sie die ›Plage des Frosches‹ 4 .
An jenem Abend, als der Zweimaster das Djel-Delta verlassen hatte und übers Runde Meer in Richtung Ankh-Morpork segelte, entsann sich Teppic an den Lederbeutel und nahm ihn zur Hand. Das Geschenk zeigte nicht nur, wie sehr Pharao Teppicymon
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