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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Tante betupfte ihre Augen. »Von meiner Familie hat er das nicht«, fügte sie vorwurfsvoll hinzu. »Dein Schwager …«
    »Onkel Vyrt«, sagte Vater.
    »Er reist kreuz und quer durchs Land und bringt dauernd irgendwelche Leute um!«
    »Ich glaube, die Angehörigen der Assassinen-Gilde verwenden andere Bezeichnungen«, erklärte Vater. »Sie sprechen von ›Vertrag erfüllen‹, ›eliminieren‹, ›inhumieren‹ und dergleichen. Soweit ich weiß.«
    »Inhumieren?«
    »Ich glaube, es ist wie exhumieren, o Flutwasser, das den Durst der Wüste löscht. Nur bevor man die Leiche begräbt.«
    »Und ich glaube, es ist schrecklich.« Tante schniefte leise. »Aber wie ich von Lady Nooni hörte, besteht nur ein Junge von fünfzehn die Abschlußprüfung. Nun, vielleicht braucht er eine Gelegenheit, sich abzureagieren.«
    König Teppicymon XXVII. nickte betrübt und trat ebenfalls nach draußen, um dem Sohn zum Abschied zuzuwinken. Im Gegensatz zu seiner Schwester war er keineswegs davon überzeugt, daß der Beruf des Assassinen nur Nachteile brachte. Schon seit einer ganzen Weile befaßte er sich (eher widerstrebend) mit Politik und vertrat folgende Ansicht: Meuchelmord mochte schlimmer sein als eine Debatte, aber er verdiente es zweifellos, dem Krieg vorgezogen zu werden, in dem manche Leute nur eine andere, etwas lautere und direktere Form der Diskussion sahen. Außerdem: Dem jungen Vyrt fehlte es nie an Geld, und er kehrte oft mit teuren Geschenken, exotischer Sonnenbräune und faszinierenden Geschichten zum Palast zurück, berichtete von fernen Ländern und Menschen, die er dort kennengelernt hatte, meist zum Kummer der betreffenden Personen.
    Teppicymon XXVII. bedauerte es, daß Vyrt nicht zugegen war, um seinen Rat anzubieten. Seine Majestät hatte ebenfalls gehört, daß nur ein Schüler von fünfzehn tatsächlich zu einem Assassinen wurde. Er wußte nicht genau, was mit den anderen vierzehn Jungen geschah, aber wer in einer Schule für angehende Mörder bei der Abschlußprüfung durchfiel, durfte wohl kaum erwarten, daß man nur die Tafelkreide nach ihm warf. Vermutlich zeichnete sich selbst das Essen in der Mensa durch eine neue Dimension der Ungewißheit aus.
    Dennoch galt die Schule der Assassinen als bestes Bildungsinstitut auf der Scheibenwelt. Ein qualifizierter Meuchelmörder sollte in jeder beliebigen Gesellschaft zurechtkommen und mindestens ein Musikinstrument spielen können. Wer von einem Absolventen der Gildenschule inhumiert wurde, durfte zufrieden darüber sein, daß ihn eine geschmackvolle und diskrete Person ins Jenseits geschickt hatte.
    Was gibt es hier schon für meinen Jungen? dachte Vater. Ein zwei Meilen breites und hundertfünfzig Meilen langes Königreich, das während der Überschwemmungszeit fast vollständig unter Wasser stand, auf beiden Seiten von wesentlich mächtigeren Nachbarn bedroht, die seine Existenz nur deshalb duldeten, weil sie sonst ständig Krieg gegeneinander geführt hätten.
    Oh, Djelibeby 3 war einst eine große Nation gewesen, damals, als in Emporkömmlingen wie Tsort und Ephebe nur Nomaden lebten, die sich Handtücher um den Kopf wickelten. Nur wenig erinnerte an jene ruhmreiche Zeit: ein viel zu teurer Palast, einige Ruinen in der Wüste und – der Pharao seufzte – die Pyramiden. Ja, an Pyramiden mangelte es nicht.
    Seine Vorfahren hatten großen Wert auf derartige Bauwerke gelegt. Teppicymon XXVII. teilte ihre Vorliebe nicht. Die Pyramiden führten das Land allmählich in den Ruin, ließen keine vernünftige Finanzplanung zu. Die königlichen Schatzkammern waren erschreckend leer, und der einzige Grabesfluch, den sich die Familie des Pharaos leisten konnte, lautete schlicht und einfach: »Hau ab!«
    Nur die Pyramiden am Ende des Gartens gefielen Teppicymon. Es handelte sich um recht kleine Exemplare, und man errichtete sie immer dann, wenn eine der Katzen starb.
    Voller Wehmut dachte Seine Majestät an Pteppics Mutter.
    Er vermißte Artela. Die Priesterschaft reagierte mit ausgeprägtem Unbehagen, als er entschied, eine Ausländerin zu heiraten, und einige ihrer Angewohnheiten hatten selbst ihn überrascht und verwirrt. Vielleicht verdankte er es ihr, daß er Pyramiden verabscheute – in Djelibeby hätte man ebensogut das Atmen hassen können. Auf das Drängen seiner Frau hin versprach er, Pteppic in einem anderen Land zur Schule zu schicken. »Hier lernen die Leute überhaupt nicht«, betonte Artela immer wieder. »Sie erinnern sich nur.«
    Leider hatte sie sich

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