Pyramiden
geschehen«, murmelte Pthagonal. Er holte einen Stechzirkel hervor und maß das Pastetenstück nachdenklich. »Glaubst du, es handelt sich um eine Konstante? Ach, welch deprimierendes Konzept!«
»Wie bitte?« fragte Teppic.
»Der Durchmesser geteilt durch den Umfang. Eigentlich sollte sich der Wert drei ergeben. Damit rechnet man doch, nicht wahr? Aber ist das der Fall? Nein. Das Ergebnis lautet drei Komma eins vier eins und so weiter. Die verdammten Zahlen wollen einfach kein Ende nehmen. Kannst du dir vorstellen, wie sehr mich das ärgert?«
»Bestimmt bist du deshalb sehr verärgert«, antwortete Teppic höflich.
»Genau. Ich muß daraus den Schluß ziehen, daß der Schöpfer einen falschen Zirkel verwendete. Drei Komma eins vier eins und viele andere Ziffern. Das ist doch keine anständige Zahl! Ich meine, drei Komma fünf wäre noch in Ordnung. Oder drei Komma drei. Hört sich weitaus besser an.« Pthagonal starrte mißmutig auf die Pastete herab.
»Entschuldige bitte. Eben hast du gesagt: ›Früher oder später mußte es geschehen.‹«
»Wie?« Pthagonal blinzelte verwirrt. »Blöde Pastete!« brummte er.
»Was mußte geschehen?«
»Mit der Geometrie sollte man nicht herumspielen, Freund. Pyramiden sind gefährlich. Damit fordert man Schwierigkeiten geradezu heraus.« Pthagonal schloß eine unsichere Hand um den Weinbecher. »Ich meine, warum mußten unbedingt immer größere Pyramiden gebaut werden? Ich meine, hatten die Architekten denn keine Ahnung, woher die Energie stammt?« Der Geometer bekam einen Schluckauf. »Ich meine, du bist dort gewesen, nicht wahr? Ist dir aufgefallen, wie langsam alles wirkt?«
»O ja«, erwiderte Teppic leise.
»Es liegt an aufgesaugter Zeit, verstehst du? Pyramiden. Deshalb müssen regelmäßige Entladungen erfolgen. Man spricht von Entladungsblitzen! Und manche Leute glauben sogar, es sei ein hübscher Anblick. Sie begreifen nicht, daß sie ihre eigene Zeit verbrennen!«
»Ich weiß nur, daß sich die Luft anfühlte, als habe man sie in einer alten Socke gekocht«, sagte Teppic. »Und im Prinzip kommt es zu keinen Veränderungen, selbst wenn nicht alles beim alten bleibt.«
»In der Tat.« Pthagonal rülpste. »Der Grund heißt Vergangenheitszeit. Immer wieder wird Vergangenheitszeit benutzt. Die Pyramiden beanspruchen die ganze neue Zeit. Und wenn sie sich nicht entladen können, verdichtet sich die gespeicherte temporale Energie, bis …« Er zögerte. »Ich nehme an, Djelibeby ist in eine Dingsbums, äh, in eine Raum-Spalte geraten.«
»Ich war dort, bevor das Königreich verschwand«, sagte Teppic. »Und ich habe gesehen, wie sich die Große Pyramide verdrehte.«
»Das erklärt alles«, behauptete Pthagonal mit der Sicherheit des Stockbetrunkenen. »Sicher hat sie die Dimensionen in ihrer Nähe um neunzig Grad versetzt.«
»Du meinst, dadurch wird Länge zu Höhe und Höhe zu Breite?«
Pthagonal schüttelte den Kopf und hob einen zitternden Zeigefinger.
»Neineinein«, sagte er. »Länge wird Höhe, Höhe zu Breite, Breite zu Länge, und Länge zu«,– Pthagonal rülpste erneut –, »Zeit. Es is eine zusätzliche Dimension, verschtehst du? Es gibt insgesamt vier von den Mistdingern, und die Zeit gehört dazu. Neunzig Dingsbums im Vergleich mit den anderen drei. Neunzig Grad, meine ich. Allerdings kann die Pyramide auf diese Weise nicht mehr in unserer Welt existieren, und deshalb mußte sich das ganze Tal ein wenig krümmen, kapiert? Andernfalls würden die Leute älter, indem sie seitwärts kriechen.« Der Geometer sah traurig in seinen Becher. »Bei jedem Geburtstag käme eine Meile hinzu«, sinnierte er.
Teppic starrte ihn entsetzt an.
»Tja, so sind Zeit und Raum«, fuhr Pthagonal fort. »Geraten ganz schön außer Rand und Band, wenn man nicht vorsichtig ist. Drei Komma eins vier eins. Wie soll man eine solche Zahl nennen?«
»Schrecklich«, sagte Teppic.
»Da hast du verdammt recht. Irgendwo …« Pthagonal schwankte auf seinem Stuhl hin und her. »Irgendwo hat jemand ein Universum konstruiert, in dem es einen anständigen Wert für, für …« Er blickte aus trüben geröteten Augen auf den Tisch. »… für ein Stück Pastete gibt. Und nicht so eine blöde Zahl, die überhaupt kein Ende nimmt …«
»Ich meine, man stelle sich Leute vor, die älter werden, weil sie umherwandern!«
»Tja, ich weisch nicht. Man könnte einen Schpaziergang zu seinem achtzehnten Geburtstag machen. Oder in die Zukunft gehen und feststellen, was man als
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