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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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durch die partielle Reflexion von weißem Licht an zwei Grenzflächen erzeugte Farbphänomen, das Schillern, ist häufig zu beobachten. Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, wie die leuchtenden Farben von Kolibris oder Pfauen zustande kommen. Jetzt wissen Sie es. Nicht weniger interessant ist, wie sie sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben. Wenn Sie wieder einmal einen Pfau bewundern, sollten Sie den Generationen farbloser Weibchen dafür danken, daß sie bei der Wahl ihrer Männchen so wählerisch waren. (Der Mensch hat erst später in den Selektionsprozeß eingegriffen und ihn nur ein bißchen beschleunigt.)
    In der nächsten Vorlesung werde ich Ihnen zeigen, wie sich mit Hilfe dieses absurden Verfahrens, kleine Pfeile zu kombinieren, auch andere Ihnen vertraute Lichtphänomene erklären lassen. So zum Beispiel die geradlinige Ausbreitung des Lichts; das Reflexionsgesetz, das die Reflexion des Lichts an einem Spiegel zusammenfaßt in »Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel«; die Bündelung des Lichts durch Sammellinsen und so fort. Mit einem Wort, mit diesem neuen Hilfsmittel läßt sich alles beschreiben, was Sie über das Licht wissen.

2. Photonen, die Teilchen des Lichts
     
    Dies ist die zweite Vorlesung in einer Vortragsreihe über die Quantenelektrodynamik, und da Sie das letzte Mal bestimmt nicht hier waren (denn ich habe den Anwesenden erklärt, daß sie nichts begreifen werden), möchte ich die erste Vorlesung noch einmal kurz zusammenfassen.
    Wir haben über das Licht gesprochen und als ersten wichtigen Aspekt festgehalten, daß es aus Teilchen zu bestehen scheint. Wenn nämlich sehr schwaches monochromatisches (einfarbiges) Licht auf einen Detektor trifft, klickt dieser auch bei schwächer werdendem Licht in derselben Lautstärke weiter, nur immer seltener.
    Als zweiten wichtigen Aspekt haben wir die partielle Reflexion von monochromatischem Licht besprochen. Von den Photonen, die auf eine einzige Grenzfläche auftreffen, werden durchschnittlich 4 Prozent reflektiert. Damit stehen wir bereits vor einem unergründlichen Geheimnis, denn es läßt sich nicht vorhersagen, welche Photonen zurückprallen und welche das Glas passieren werden. Nehmen wir eine zweite Grenzfläche hinzu, erhalten wir seltsame Ergebnisse: Nicht etwa, wie erwartet, durchweg 8 Prozent; vielmehr kann sich die partielle Reflexion bis auf 16 Prozent erhöhen oder ganz verschwinden, je nach Dicke des Glases.
    Nun ließe sich dieses seltsame Phänomen ja bei intensivem Licht noch mit einer Wellentheorie des Lichts erklären. Wie aber erklärte sich dann die gleichbleibende Lautstärke der Detektorklicks bei abnehmender Lichtintensität? Die Quantenlektrodynamik »löst« diesen Wellen-Teilchen-Dualismus zugunsten der Partikel (wie ursprünglich schon Newton). Aber dieser große Fortschritt der Naturwissenschaften kommt die Physik teuer zu stehen: Sie muß sich damit bescheiden, lediglich die Wahrscheinlichkeit , mit der ein Photon auf einen Detektor auftreffen wird, vorherzusagen, ohne ein befriedigendes Modell über den tatsächlichen Ablauf dieses Geschehens anbieten zu können.
    In der ersten Vorlesung habe ich beschrieben, wie die Physiker die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines bestimmten Ereignisses berechnen. Sie zeichnen einige Pfeile auf ein Blatt Papier, wobei sie folgende Regeln beachten:
    –   Oberster Grundsatz: Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses ist gleich dem Quadrat der Länge eines Pfeils mit der hochtrabenden Bezeichnung »Wahrscheinlichkeitsamplitude«. Zum Beispiel stellt ein Pfeil von der Länge 0,4 eine Wahrscheinlichkeit von 0,16 oder 16 Prozent dar.
    –   Allgemeine Regel für den Fall, daß ein Ereignis auf verschiedene Weise eintreten kann: Für jede Möglichkeit wird ein Pfeil gezeichnet, und diese Pfeile werden dann miteinander kombiniert (»addiert«), indem die Spitze des einen an das Ende des folgenden angehängt wird. Zum Schluß wird das Ende des ersten Pfeils mit der Spitze des letzten verbunden. Damit erhalten wir den sogenannten resultierenden Pfeil, dessen Quadrat die Wahrscheinlichkeit des gesamten Ereignisses angibt.
    Dazu kommen noch einige extra Regeln für die Darstellung der Pfeile im Falle partieller Reflexion an Glas.
    Nach diesem kurzen Überblick über die erste Vorlesung möchte ich Ihnen nun zeigen, wie man mit diesem Modell von der Welt – das sich von den Ihnen bisher bekannten so vollständig unterscheidet, daß Sie sich vielleicht

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