Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
sich
sehr geschont hatte, war Charlotte wieder auf den Beinen, aber sie vermochte
ihrem Leben keine Freude mehr abzugewinnen, seit Patrick ihr seine Zuneigung
entzogen hatte. Und obwohl sie sich mit dem Gedanken tröstete, irgendwann auch
diese leidvolle Erfahrung zu überwinden und dann für sich und ihr Kind einen
eigenen Platz in dieser Welt zu schaffen, wußte sie doch, daß bis dahin noch
sehr viel Zeit vergehen würde.
Patrick hatte aufgehört, bei
Charlotte zu wachen, seit es ihr besser ging und das Baby angefangen hatte,
sich in ihrem Leib zu bewegen. Er schuftete Seite an Seite mit seinen Männern,
von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, reinigte die Felder von den Überresten
des verfaulten Zuckerrohrs, pflügte den Boden und bereitete ihn für eine neue Aussaat
vor.
Eines Tages, als Charlotte nichts
Rechtes mit sich anzufangen wußte, begab sie sich in den anderen Teil des
Hauses, in dem Gideon sein Zimmer hatte. Doch vor der offenen Tür blieb sie
betroffen stehen und zögerte, einzutreten.
Eine geöffnete Reisetasche stand auf
Gideons Bett, und er war damit beschäftigt, die Hemden und Hosen einzupacken,
die Jacoba für ihn genäht hatte. Als er Charlotte hörte, wandte er den Kopf und
lächelte sie mit seinen hellen Augen an, in denen ein erregtes Funkeln stand.
»Hallo, Charlotte! Man sieht Ihnen
an, daß es Ihnen besser geht. Sie werden täglich schöner«, meinte er
gutgelaunt.
Charlotte lehnte sich seufzend an
den Türrahmen. Ihre Kehle war so eng, daß sie gezwungen war, einen Moment zu
warten, bevor sie etwas sagen konnte, ohne Gideon den Aufruhr ihrer Gefühle zu
verraten. Sie bemühte sich um ein Lächeln. »Australien ist weit entfernt«,
sagte sie. »Zu weit, um hinzuschwimmen oder hinzurudern.«
Schmunzelnd deutete Gideon auf einen
bequemen Sesseln. »Nehmen Sie Platz, Charlotte«, lud er sie freundlich ein.
Doch Charlotte nahm sein Angebot nur
widerstrebend an. »Es schickt sich nicht«, bemerkte sie verlegen. »Daß ich hier
in Ihrem Zimmer bin, meine ich . .«
Ihr Freund lachte. »Seit wann, süße
Charlotte, richten Sie sich nach den herrschenden Anstandsregeln? Das
scheint mir etwas ganz Neues an Ihnen zu sein.«
Charlotte ging nicht auf die
Bemerkung ein. »Sie reisen ab«, bemerkte sie mit einem vielsagenden Blick auf
die halbgepackte Reisetasche.
»Ja. Das Schiff, um das ich gebetet
habe, wird bald eintreffen.«
Charlotte hegte nicht den geringsten
Zweifel an der Wahrheit seiner Worte. Im Verlauf der letzten Wochen hatte sie
sich persönlich davon überzeugen können, daß Gideon tatsächlich gute
Verbindungen zum Herrgott besaß. Bei einer Gelegenheit zum Beispiel, als sie so
starke Schmerzen gelitten hatte, daß sie sie nicht mehr zu ertragen glaubte,
hatte Gideon ihre Hand genommen und ein kurzes Gebet gesprochen. Sofort danach
hatten die Schmerzen nachgelassen.
»Könnten Sie nicht auch dafür beten,
daß Patrick mich wieder liebt?« erkundigte sie sich schüchtern.
Gideon unterbrach das Packen, kam zu
Charlotte und setzte sich ihr gegenüber auf ein ledernes Sitzkissen. »Das wäre
nicht anders, als würde man Gott bitten, den Himmel blau zu färben und das Meer
mit Wasser zu füllen«, erwiderte er sanft. »Kein Mann hat je eine Frau inniger
und aufrichtiger geliebt als Patrick Sie, Charlotte.«
Sie schüttelte den Kopf. »Er hat
sich dafür entschieden, mich nicht mehr zu lieben, Gideon, und Sie wissen
selbst, wie eigensinnig, hart und unnachgiebig er sein kann.«
Der Missionar berührte sehr sanft
Charlottes Wange. »Während Sie selbst natürlich tolerant, anschmiegsam und
unendlich vernünftig sind?« neckte er sie lächelnd.
Charlotte gab einen Ton von sich,
der ein Lachen oder ein Schluchzen hätte sein können. »Gideon, werden Sie nicht
unverschämt! Ich kam, um bei Ihnen Trost zu suchen!«
»Was Sie brauchen, meine Liebe, ist
nicht Trost, sondern Geduld«, entgegnete Gideon mit einem nachdenklichen Seufzer,
beugte sich vor und stützte die Hände auf seine Oberschenkel. »Mit der Zeit
wird Patrick sich über seine Gefühle für Sie schon klarwerden.«
»Aber solange kann ich nicht warten!«
flüsterte Charlotte.
Wieder lachte Gideon. »Sie erinnern
mich an meine Schwester Eleanor«, meinte er. »Als wir Kinder waren, gab meine
Großmutter ihr Blumenzwiebeln und ein Stück Garten, das ausschließlich Eleanor
gehören sollte. Meine Schwester pflanzte die Zwiebeln, um dann jeden Tag
hinauszugehen, stirnrunzelnd die Erde anzustarren und darauf zu warten,
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