Quälend süsse Glut
bevorstehenden Krönung ist so ein Unternehmen nicht durchführbar. Ist denn nirgendwo in Shafar wenigstens ein Teil der Kollektion ausgestellt?“
„Nur dieses Stoffmuster, das du vor dir siehst. Aber du hast bis zur Krönung noch jede Menge Zeit zur Verfügung. Es ist nicht mehr als ein Trip mit einer Übernachtung, und wenn du wirklich an dem Geschäft interessiert bist, gibt es keinen anderen Weg, so viel steht wenigstens fest.“
„Aber was ist mit Kareef? Ich bin doch eben erst in Qusay eingetroffen, und wir haben bisher kaum ein paar Worte miteinander gewechselt. Was für eine Art Bruder wäre ich denn, ihn so kurz vor seinem wichtigsten Tag im Leben einfach allein zu lassen, um irgendeinem geschäftlichen Deal hinterherzujagen?“
„Er würde denken, dass du genau der smarte und kluge Geschäftsmann bist, für den wir dich alle halten“, entgegnete seine Mutter gelassen. „Außerdem hat er bis zur Krönung selbst alle Hände voll zu tun.“
Wahrscheinlich hatte sie damit sogar recht. Rafiq dachte an die schnelle Verabschiedung durch seinen Bruder. Warum also nicht die unverhofft gewährte Zeit nutzen und Geschäft mit Vergnügen verbinden? Es war lange her, dass er die Wüste in Richtung Norden durchstreift hatte, wo die beeindruckende Bergkette aus rotem Stein lag. Sehr lange …
„Einverstanden“, entschied er spontan. „Ich werde mich also bei Kareef entschuldigen und Akmal beauftragen, mir einen Fahrer zu organisieren.“
„Du wirst auch jemand brauchen, der die Verhandlungsgespräche führt.“ Rafiq wollte protestieren, doch seine Mutter stoppte ihn mit einer leichten Geste. „Du magst inzwischen der Bruder des Thronfolgers sein, mein Sohn …“, sagte sie mit sanftem Spott, „… aber daneben bist du immer noch nur ein Mann. Du wirst jemand brauchen, der die Frauen und ihre Bedürfnisse genau kennt. Jemand, der mit ihnen auf gleicher Ebene reden kann … von Frau zu Frau. Ich würde ja selbst mitfahren, aber mit so vielen Gästen im Palast und immer noch keiner Spur von Tahir …“
Sie hob entschuldigend die Schultern.
„Sicher hast du Verständnis dafür, dass ich hier momentan dringender gebraucht werde. Aber ich kann dir eine meiner Vertrauten mitschicken.“
Rafiq entging keineswegs die aufsteigende Panik in Seras Blick, den sie fest auf ihre Herrin richtete, und unwillkürlich fragte er sich, was eigentlich ihr Problem war. Sie musste doch wissen, dass seine Mutter nicht im Traum auf die Idee verfallen würde, ausgerechnet sie für diese Reise auszusuchen. Immerhin kannte sie seine Gefühle. Und selbst wenn … niemals wäre er bereit, ihre Begleitung zu akzeptieren. Eher würde die Hölle zufrieren!
„Und wen hast du im Sinn?“, fragte er fast gelangweilt.
„Amira kann dich begleiten.“
Die Sheikha wies auf eine ältere Frau, die zusammen mit den anderen Zofen geduldig auf der anderen Raumseite auf einer Bank hockte und auf eventuelle Befehle und Forderungen ihrer Herrin harrte. Als sie jetzt allerdings ihren Namen hörte, sog sie erschrocken die Luft ein.
Doch das bekam Rafiq nur beiläufig mit. Was ihn viel mehr fesselte und ärgerte, war Seras erleichterter Blick, als sei sie nur knapp einem Schicksal, schlimmer als der Tod, entronnen. Was bildete sich diese Frau überhaupt ein? Was hatte sie ihm vorzuwerfen?
Auch wenn er absolut kein Verlangen verspürte, länger als unbedingt nötig die gleiche Luft wie sie zu atmen, brüskierte und beleidigte ihn ihr offensichtliches Bestreben, seiner Nähe so schnell wie nur möglich entkommen zu wollen!
Wovor hatte sie Angst? Dass er Rache für ihr unentschuldbares Verhalten nehmen würde?
Seine Mutter redete jetzt direkt mit Amira, doch Rafiq hörte gar nicht hin. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, nachzudenken und seine eigenen Pläne zu machen. Wieder schaute er zu Sera hinüber, die es offenbar gar nicht erwarten konnte, dass er mit der alten Zofe im Schlepptau in Richtung Wüste verschwand.
Ungebeten drängten sich Rafiq Erinnerungen an ihre gemeinsamen abenteuerlichen Streifzüge durch die Wüste auf, als Sera und er noch ein Paar waren. Damals hatte sie nicht genug von ihm bekommen können …
Rafiq überlegte fieberhaft.
Vielleicht gab es ja doch etwas, wodurch er sich Genugtuung und Linderung der jahrelangen Qualen verschaffen konnte, wofür allein sie die Verantwortung trug? Sera hatte nie dafür bezahlt. Warum also nicht eine Gelegenheit beim Schopf ergreifen, wenn sie ihm sozusagen auf dem Tablett
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