Quälend süsse Glut
und war froh, auf diese Weise mit ihrer Vergangenheit abschließen zu können.
Doch das wollte Rafiq offenbar nicht zulassen …
So unterdrückte sie ein trockenes Schluchzen und versuchte, sich auf die vorbeifliegende Landschaft zu konzentrieren. Doch was sie sah, war eine Reflektion von Rafiqs lässig hingestrecktem Körper. Die langen Beine steckten in angenehm kühl wirkenden Leinenhosen, dazu trug er ein blendend weißes T-Shirt, das über der breiten Brust spannte, wo das lässige schwarze Leinenjackett aufklaffte.
Verdammt! Warum war er in den langen Jahren, die sie sich nicht gesehen hatten, nicht wenigstens zu einem unattraktiven Langweiler mutiert?
Sera lehnte die Stirn gegen die kühle Scheibe und schloss gequält die Augen. Mit aller Gewalt versuchte sie, das verführerische Bild des Mannes zu verdrängen, der einst ihr ganzes Fühlen und Denken bestimmt hatte. Das durfte auf keinen Fall wieder geschehen!
Vor elf Jahren war Rafiq mit seinem widerspenstigen nachtschwarzen Haar und den aufsehenerregend blauen Augen der attraktivste Vertreter seines Geschlechts in Qusay gewesen. Mit diesem unwiderstehlichen Lächeln, das seine dunklen Züge mit den harten Konturen unglaublich anziehend machte, hatte er bereits in der ersten Sekunde ihr Herz gewonnen. Sein starker Körper mit dem flachen Bauch und den breiten Schultern hatte auf ihre unerfahrenen Hände wie ein Magnet gewirkt. Atemlos und hingegeben erforschte sie ihn Zentimeter für Zentimeter, bis Rafiq sie voller Leidenschaft in die Arme zog und ihr ins Ohr flüsterte, sie sei für ihn die schönste Frau der Welt und er würde sie für immer und ewig lieben …
Sera krümmte sich unter dem sengenden Schmerz, den die peinigenden Erinnerungen in ihr wachriefen. Alte Wunden, die sie längst geheilt glaubte, rissen so unverhofft und heftig auf, dass sie unwillkürlich die Hände auf den Mund legte, um ein Aufstöhnen zu unterdrücken.
„Alles in Ordnung?“, fragte Rafiq und brachte sie damit in die Gegenwart zurück.
Sera zuckte heftig zusammen, öffnete die Augen und stellte fest, dass sie die Stadtgrenze bereits hinter sich gelassen hatten. Jetzt säumten nur noch vereinzelt Firmen und ländliche Besitztümer den ausgebauten Highway, und die Wüstenlandschaft trat immer mehr in den Vordergrund.
Zwei ganze Tage musste sie zwangsweise mit ihm verbringen, und er wollte wissen, ob alles in Ordnung sei? Was dachte er sich bei einer derart absurden Frage?
„Alles bestens“, murmelte sie leise. Nie im Leben würde sie ihm gestehen, wie es wirklich in ihr aussah! Denn das ging niemand etwas an. Diese Lektion hatte Sera auf die harte Tour lernen müssen. Inzwischen war sie ihr zur zweiten Natur geworden.
„So sieht es für mich aber gar nicht aus.“
Sera biss sich auf die Unterlippe und raffte ihre weite Robe noch etwas enger um ihre zierliche Gestalt. Rafiq runzelte die Stirn. Sie weigerte sich also immer noch, ihn anzuschauen.
„Tut mir leid, wenn ich dir lästig falle.“
Was war nur mit ihr geschehen? Dieses devote, zusammengekrümmte Geschöpf war nicht die lebenssprühende, heitere Sera, wie er sie von früher kannte. Oder war es ihr schon damals vorherbestimmt, so schnell zu welken und sich eines Tages in diesen blassen Schatten einer einst faszinierend schönen Frau zu verwandeln? Dass seine Verliebtheit ihn blind für ihren wahren Charakter gemacht hatte, wusste er ja inzwischen. So gesehen konnte er eigentlich froh sein, sich noch rechtzeitig aus den Klauen dieser berechnenden Harpyie befreit zu haben.
Jetzt war er ein Prinz! Wie fühlte es sich wohl für Sera an, zu erkennen, dass sie auf lange Sicht doch aufs falsche Pferd gesetzt hatte? Ganz davon abgesehen, dass Husseins früher Tod ein nicht einzukalkulierender Faktor gewesen war. Ebenso die Klarsichtigkeit seiner Mutter, die ihre Schwiegertochter offenbar von Anfang an durchschaute und sich ihrer bei der ersten sich bietenden Chance entledigte.
Vielleicht war das ja auch einer der Gründe für ihr seltsames Verhalten, die Erkenntnis, damals den falschen Fisch zurück ins Wasser geworfen zu haben. Auf jeden Fall zog sie sich schon wieder von ihm zurück und schloss ihn aus. Ob es eine Art Taktik von ihr war, sich quasi tot zu stellen und zu hoffen, auf diese Weise in Ruhe gelassen zu werden?
Keine Chance!, sagte er sich grimmig. Er hatte sie doch nicht in die Wüste gelockt, damit sie sich wie ein verängstigtes Tier in die Ecke kauerte und vorgab, überhaupt nicht zu
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