Quälend süsse Glut
keinen Führerschein besaß. Nach nur vier Fahrstunden war Hussein hinter ihr Geheimnis gekommen. Immer noch wünschte Sera sich, er hätte sie geschlagen anstatt den armen Mann, den sie überredet hatte, ihr heimlich Fahrunterricht zu geben. Oder die hilflosen kleinen Kätzchen so grausam zu bestrafen …
Doch seine Frau körperlich zu züchtigen, hatte nicht zu Husseins Gewohnheiten gehört, zumal er damit beschädigt hätte, was er für sein größtes Kapital hielt – ihre Schönheit und ihren Körper.
Immerhin reichte ihr theoretisches Wissen dazu aus, den Automatikhebel auf Vorwärts zu stellen und das Gaspedal bis zum Anschlag hinunterzutreten. Mit einem aggressiven Aufheulen und einem pantherähnlichen Satz schoss das schwere Vehikel nach vorn und in einer Staubwolke davon.
Instinktiv schlug Sera die Richtung ein, in der kurz zuvor die junge Familie verschwunden war, die nach Shafar wollte. Wenn sie sich beeilte, konnte sie vielleicht noch zu ihnen aufschließen, bevor sie auf den Highway gelangten, dem sie sich mit ihren mangelhaften Fahrkünsten absolut nicht gewachsen fühlte.
Der Jeep holperte über die unebene Piste, von der sie durch den dichten Tränenschleier kaum etwas wahrnehmen konnte.
Rafiq dachte also, dass sie Hussein geheiratet hätte, weil sie ihn für eine besonders reizvolle Trophäe auf dem Heiratsmarkt hielt? Was für ein Hohn! Wenn er nur wüsste, wie weit er mit seinen wilden Mutmaßungen von der traurigen Wahrheit entfernt war!
Sera schluchzte voller Selbstmitleid und wischte sich mit dem Ärmel über die nassen Wangen.
Hatte er denn damals nicht die Qual und Scham in ihren Augen lesen können, als er ihr und ihrem Bräutigam an der Hotelrezeption entgegentrat und wie ein angriffswütiger Stier auf Husseins Hand starrte, die besitzergreifend um ihre Taille lag, während er sie demonstrativ küsste? Und alles nur, weil er Rafiq längst auf sie hatte zukommen sehen?
Als der Jeep über eine unebene Wegstrecke buckelte, bevor er ins Schleudern geriet, biss Sera sich versehentlich auf die Zunge und versuchte erneut, sich auf den Weg zu konzentrieren. Doch alles, was sie sehen konnte, war Sand, Sand und nochmals Sand. Wo war die befestigte Piste geblieben? Sie war doch nirgendwo abgebogen … zumindest nicht bewusst.
Sera spürte, wie schleichende Angst ihren Rücken hinaufkroch und dazu führte, dass sich ihre Nackenhärchen aufstellten. Heftig blinzelte sie die immer wieder aufsteigenden Tränen fort und versuchte, sich zu orientieren. Dann gab sie noch ein bisschen mehr Gas, um auf die Spitze der Sanddüne zu gelangen, die ihr plötzlich viel steiler und höher vorkam als alles, was sie auf dem Weg hierher überquert hatten.
Doch oben auf dem Scheitelpunkt verlor der Jeep jeglichen Bodenkontakt, schoss über die Kuppe hinaus und landete glücklicherweise nicht allzu hart in einer Art Sandbett. Trotzdem schlug Sera bei der Landung ziemlich heftig gegen den vorderen Holm. Der Wagen schlidderte ein Stück weiter bergab und während Sera das Gaspedal noch einmal verzweifelt durchtrat, nahm er eine letzte kleine Düne.
Sie wollte schon erleichtert aufatmen, als ihr bewusst wurde, dass es nicht weiter geradeaus ging, sondern der schwere Geländewagen drauf und dran war, sich mit dem Kühler zuerst in den heißen Wüstensand zu graben. Jeder Versuch, ihn mit Hilfe der Motorkraft daran zu hindern, schien nutzlos. Die Reifen drehten durch und sanken immer tiefer ein.
Na großartig! So viel zu ihrem waghalsigen Fluchtversuch! Jetzt saß sie mitten in der Wüste fest, ohne die geringste Chance, sich selbst helfen zu können. Missmutig stieß Sera die Fahrertür auf und stieg aus. Der Wagen ächzte und legte sich auf die Seite, als würde das Gewicht der geöffneten Tür ihn nach unten ziehen. Das geschah so langsam und erschien Sera so absurd, dass sie sekundenlang glaubte, sich alles nur eingebildet zu haben. Wahrscheinlich lag es an dem Schlag gegen ihren Kopf, der ihr Balancegefühl beeinträchtigt zu haben schien.
Doch dann spürte sie es auch an ihren Beinen. Der Sand unter ihr schien lebendig zu sein und sie förmlich anzusaugen. Mit aufsteigendem Horror sah sie wie in Zeitlupe den schweren Jeep immer tiefer ins bodenlose Sandgrab sinken.
Sera öffnete den Mund zu einem Schrei, doch kein Ton kam über ihre Lippen …
5. KAPITEL
Rafiq war fuchsteufelswild. Und zwar auf die Frau im Wagen vor ihm.
Aufwirbelnder Sand legte sich auf seine Windschutzscheibe. Er behinderte die Sicht
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