Quälend süsse Glut
Frau ausstieg, die ein winziges Baby im Arm hielt. Ihr folgten zwei dunkelhaarige Kleinkinder, die auf unsicheren Beinen sofort von der Mutter weg und in Richtung des Teichs davonliefen.
Inzwischen hatte der Mann die Motorhaube geöffnet. Eine weiße Dampfwolke stieg zum blauen Himmel empor. Als er die Hand nach dem Ventildeckel des Wasserkühlers ausstreckte, war Rafiq wie der Blitz an seiner Seite, um ihn daran zu hindern. Inzwischen waren auch seine Fahrer dazugekommen, und im Nu entstand eine lebhafte Diskussion unter den Männern.
Die Frau eilte inzwischen ihren abenteuerlustigen Sprösslingen hinterher. „Nicht so dicht ans Wasser!“, rief sie besorgt. „Sonst fallt ihr noch hinein.“
Sera erfasste die Situation mit einem Blick und breitete die Arme wie ein Schutzgitter aus, um die beiden vor einem unfreiwilligen Bad zu bewahren. Wie es sich herausstellte, handelte es sich bei den zwei Mädchen um ein Zwillingspärchen.
Sobald sie sah, dass ihre Kleinen sicher waren, tauschte die junge Mutter die üblichen Höflichkeiten mit ihrer Retterin aus. So erfuhr Sera, dass Aamina und ihre kleine Familie auf dem Weg nach Shafar waren, wo sie die schwer kranke Mutter ihres Mannes im Krankenhaus besuchen wollten. Allein der schlechte Zustand der alten Dame hatte sie dazu bringen können, die Wüste mit den ungebärdigen Zwillingen und einem nur wenige Tage alten Säugling zu durchqueren.
Während Sera die kleinen Mädchen sanft an sich drückte, krampfte sich ihr Herz zusammen. Es könnten meine Töchter sein, dachte sie in einem Anflug von Selbstmitleid und peinigender Sehnsucht. Ihre kleine wundervolle Familie, wenn sie Rafiq geheiratet hätte …
Rasch verdrängte sie die gefährlichen Fantasien wieder und versuchte stattdessen, sich auf Aamiras Geschichte zu konzentrieren.
Doch die Zwillinge hatten anderes im Sinn. Sie bedrängten ihre Mutter, sie an die Hand zu nehmen, um mit den Füßen im flachen Wasser planschen zu können. Natürlich beide zur gleichen Zeit. Nur zu gern erklärte sich Sera bereit, inzwischen das Baby zu halten.
Als sie es sanft gegen ihre Brust drückte, erfasste sie eine unausgesprochene Trauer, die ihr den Atem nahm. Wie winzig und wie perfekt es war. Sera hob die Hand und streichelte mit der Fingerspitze über die schlafwarme Wange. Und wie weich. Sie lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln, während sie an alle verpassten Gelegenheiten dachte. An die Kinder, die sie selbst nie zur Welt bringen würde …
Sie wagte einen Blick in Richtung der Männer, die immer noch in ein Gespräch vertieft waren, das inzwischen allerdings viel ruhiger und gesitteter verlief.
Das Gekicher der kleinen Mädchen lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf die Wasserstelle. Es war so ansteckend, dass sich Seras Gemüt schnell wieder aufhellte und sie einfach mitlachen musste.
Rafiq stand mit gefurchter Stirn über die Karte gebeugt, die der erschöpfte Familienvater auf der Haube seines inzwischen abgekühlten und mit frischem Wasser versorgten Jeeps ausgebreitet hatte. Wie Rafiq gerade von dem Einheimischen erfahren hatte, war die Wüstenstraße im Bereich der Gebirgskette längst nicht mehr so gut in Schuss, wie er und die Fahrer es bisher angenommen hatten.
Also stand zu befürchten, dass sie möglicherweise doch eine Übernachtung einplanen mussten. Unwillkürlich schaute Rafiq in Richtung des Wassers, und was er da sah, entlockte ihm einen unterdrückten Fluch.
Seltsamerweise fielen ihm genau in diesen Moment die Worte seiner Mutter ein: „Sie ist längst nicht mehr das unbeschwerte Mädchen, das du von früher kennst.“
Das Bild, wie Sera das fremde Baby in ihren Armen wiegte, brannte sich in seine wunde Seele.
Das hätte mein Kind … unser Kind sein können, schoss es ihm ungebeten durch den Kopf.
Nein, Sera war tatsächlich nicht mehr das unbeschwerte Mädchen von damals. Inzwischen war sie eine Witwe. Husseins Witwe!
Mit einer ungeduldigen Geste faltete er die Karte zusammen und händigte sie ihrem Besitzer aus. Ungeachtet dessen, was der Mann ihm gerade berichtet hatte, wollte er so schnell wie möglich aufbrechen, um wenigstens zu versuchen, ohne einen weiteren Zwischenstopp auszukommen.
Entschlossen steuerte er auf Sera zu, deren Gesicht sich augenblicklich verschloss, sobald sie ihn auf sich zukommen sah.
„Ich dachte, du selbst hast auch immer eine große Familie mit wenigstens sechs Kindern geplant“, stieß Rafiq völlig unmotiviert hervor.
Sera blinzelte, wandte sich
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