Quälend süsse Glut
ihre Mädchenträume hatte sie schon so lange begraben, ihre weiblichen Bedürfnisse verleugnet und hinter einer Maske von Gleichmut und Gelassenheit versteckt.
Und ausgerechnet jetzt ließ ihr schwacher, verräterischer Körper sie im Stich!
Zehn lange Jahre hatte sie nichts gefühlt, und plötzlich war sie wieder der Teenager von damals … Hals über Kopf verliebt in den dunkelhaarigen Jungen mit den strahlend blauen Augen, der ihr Herz bereits in der ersten Sekunde ihres Zusammentreffens stahl. Nur heute war dieses Gefühl viel stärker. So kraftvoll und intensiv, dass es ihr Angst machte. Fast so, als würde sie Rafiq mit Leib und Seele …
Das war nicht möglich! Es durfte nicht sein! Sie konnte ihn doch unmöglich lieben!
O nein, bitte nicht das!, flehte sie innerlich.
Der Rest der Reise verlief für Sera wie im Traum, in einem Wirbel konfuser Emotionen und sich überstürzender Gedanken. Wenigstens überließ Rafiq sie ihrer stummen Verzweiflung und versuchte nicht nachzuhaken. Und so erreichten sie das Camp am Meer, ohne dass sie es wirklich mitbekam.
Als Rafiq ausstieg, um den Wagen herumging und ihr die Tür öffnete, stutzte er angesichts ihrer bedrückten Miene. „Was ist los?“, fragte er scharf.
Sera schüttelte nur leicht den Kopf und atmete ganz tief die warme, würzige Seeluft ein. Sie fühlte sich erschöpft und völlig ausgelaugt. Vielleicht brauchte sie ja auch nur ein paar Stunden Schlaf, um alles in einem ganz anderen, neuen Licht zu sehen.
Sie griff nach Rafiqs Hand, die er ihr hilfreich entgegenstreckte, kletterte aus dem Jeep und wusste in dieser Sekunde, dass sie sich etwas vormachte, wenn sie das wirklich glaubte. Und als sich ihre Blicke begegneten, erschrak sie vor dem unverhohlenen Hunger in Rafiqs meerblauen Augen.
„Wie … wie lange machen wir hier Rast?“, fragte sie heiser.
„Bis morgen früh.“
Fast wäre Sera gestolpert, so sehr schockierte sie seine brüske Antwort. Hatte sie sich nicht gerade noch damit getröstet, dass sie am Ende des Tages endlich in ihr eigenes, kleines Reich fliehen konnte? Es lag innerhalb der großzügigen Suite, welche die Sheikha im Palast bewohnte. Dort wäre sie vor Rafiq und vor sich selbst geschützt!
Aber eine weitere Nacht hier draußen im Camp? Allein mit ihm ? Und das nach den Andeutungen, die er immer wieder gemacht hatte …?
Ob Rafiq erneut versuchen würde, sie zu küssen? Sera schluckte heftig und dachte an den vergangenen Abend am Strand. Sie erinnerte sich noch gut an den Ausdruck in seinen Augen, nachdem sie nackt aus dem Wasser gestiegen war, und an das Gefühl, das seine heißen, begehrlichen Blicke in ihr ausgelöst hatte …
„Ich dachte, du wolltest so schnell wie möglich nach Shafar zurückkehren, um …“
„Zum Staatsbankett käme ich ohnehin viel zu spät“, schnitt er ihr das Wort ab. „Und mit nur einem Wagen ist es wesentlich sicherer, die Wüste bei Tageslicht zu durchqueren. Außerdem, was hat ein Touristen-Prinz bei so einem exklusiven Event überhaupt verloren?“, fügte er mit triefendem Sarkasmus hinzu.
Heiße Schamesröte stieg in ihre Wangen. War es wirklich erst einen Tag her, dass sie den anderen Jeep in die Treibsandfalle gesteuert und dann auch noch Rafiq aufs Gröbste beleidigt hatte?
„Hör zu, Rafiq“, sagte sie mit fester Stimme. „Ich gebe zu, dass ich mich zumindest in dem Punkt in dir geirrt habe. Ich weiß es, seit ich dich im Umgang mit den Menschen in Marrash beobachten konnte. Ich hätte dich niemals derart beleidigen dürfen. Verzeih mir bitte.“
Entwaffnet durch ihr unerwartetes Statement brummte er etwas Unverständliches vor sich hin, dann lachte er wie befreit auf. „Nein, dazu hattest du wirklich kein Recht. Aber du hast mich wider Willen zum Nachdenken gebracht. Und zwar darüber, was für ein Prinz ich sein könnte, wenn ich diesen Titel ernst nehmen würde. Ich lebe schon so lange nicht mehr in Qusay, dass ich keinen Schimmer von der politischen Lage im Land habe oder davon, was die Menschen hier wirklich brauchen.“
Spontan umfasste er Seras Hände und zog sie an seine Lippen. „Bitte, jetzt nicht lachen, aber ich möchte wirklich gern ein fähiger, verantwortungsvoller Prinz von Qusay werden.“
Sera versuchte, den Knoten in ihrem Hals loszuwerden. „Ich … verstehe das.“
„Und damit fange ich gleich heute Abend an!“, verkündete er im völlig veränderten Tonfall und zwinkerte ihr listig zu. „Mein erster, offizieller königlicher Befehl
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