Quaelend suesse Glut
lautet: Du sollst heute Abend in meinem Zelt das Dinner mit mir einnehmen!“
„Ist das wirklich … weise?“
Sein träges Lächeln ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen. „Es ist das, was ich dir befehle. Mehr musst du darüber nicht wissen.“
„Ja, natürlich, Eure Hoheit …“, murmelte sie schwach und senkte rasch den Blick, damit sie sich nicht verriet.
„Und Sera …?“ Rafiq lehnte sich in den Jeep, zog hinter der Rückenlehne ein flaches Paket hervor und übergab es ihr.
„Was ist das?“
„Mach es einfach auf und sieh nach. Es ist das Einzige, das Suleman mich bezahlen ließ.“
Sera zog das Bändchen auf und öffnete das Papier bedächtig an beiden Enden, klappte es auseinander und stieß einen erstickten Laut aus, als sie im Licht der Scheinwerfer, die Rafiq extra eingeschaltet hatte, das grandiose Feuerwerk an schillernden Farben sah. Zuerst hielt sie es für einen der wunderbaren Stoffe, die sie heute gesehen hatten, bis sie es auseinanderfaltete.
„Es ist das blaue Kleid!“ Auf den ersten Blick erkannte sie eines der drei Traummodelle, die sie im Ausstellungsraum der Frauen bewundert hatte. Doch darunter war noch etwas. „Du hast sie alle gekauft …“, hauchte sie völlig überwältigt.
„Ja, ich wollte sie alle drei haben.“
„Sie sind wunderschön, aber bist du dir sicher, sie in Australien auch wirklich verkaufen zu können?“
„Dafür sind sie nicht gedacht.“
„Ah, ich verstehe!“ Seras Gesicht hellte sich auf. „Ein Geschenk für deine Mutter, nicht wahr? Sozusagen als Dank für ihren Tipp?“
„Ich bin sicher, sie würde die ausgefallenen Kreationen lieben, aber … nein.“
„Weshalb hast du sie dann gekauft?“
„Als Geschenk, für dich.“
Und wieder überraschte er sie, sozusagen aus dem Hinterhalt! Wie sollte sie sich gegen dieses Wechselspiel der Gefühle zur Wehr setzen können?
„Das kann ich unmöglich annehmen“, sagte sie steif, und hielt ihm das Paket hin. Da die fließende Seide sich selbstständig zu machen drohte, umfasste Rafiq Seras Hände und drückte damit das Paket zunächst zusammen, dann gegen ihre Brust.
„Du kannst und du wirst. Viel zu lange hast du deine Schönheit unter den Trauergewändern versteckt. Das wurde mir in dem Moment bewusst, als ich den smaragdgrünen Halsschmuck an dir sah. Es ist Zeit für dich, ins Leben zurückzukehren.“
Seine Worte trafen einen Nerv bei ihr, den sie längst für abgetötet gehalten hatte. Woher konnte er so etwas wissen? Zunächst hatte sie aus Respekt vor ihrem toten Gatten Schwarz getragen, dann gewöhnte sie sich daran. Es war wie ein Synonym für das schwarze Loch, als das sie ihr Leben sah, nachdem sie sich von Rafiq getrennt hatte. Zu schwarz und zu tief, um jemals wieder herauszukommen …
„Aber Rafiq …“
„Behalte sie. Das ist ein Befehl!“ Ein Blick in Seras erschrockene Augen und er milderte seinen Ton mit einem warmen Lächeln. „Und heute Abend zum Dinner trägst du das blaue.“
Später im Zelt, nach einem erfrischenden Bad, aber immer noch am ganzen Körper zitternd, hielt sich Sera das Kleid vor und schaute an sich herunter. Wie mochte es sich anfühlen, eine derart auffällige Farbe zu tragen? So groß die Versuchung war, es einfach auszuprobieren, so groß war ihre Angst, es könne viel zu extravagant und provokativ wirken.
Langsam trat Sera an den schmalen Spiegel heran, der an einer der Zeltstangen befestigt war und stand minutenlang einfach nur regungslos da. Dann schob sie die Arme zwischen die fließenden Stoffbahnen, hob sie über den Kopf, hörte das leise Rascheln der Seide und spürte, wie das Kleid durch sein eigenes Gewicht gleich einer kühlen Wasserflut an ihr herabglitt. Sobald sie sich bewegte, taten es ihr die aufgestickten Edelsteinsplitter nach, sodass es sich wie zarte Berührungen von unzähligen Fingern anfühlte.
Sera ließ ihren Blick weiter hoch bis zu ihrem Gesicht wandern und sah eine fremde Frau. Aber nicht so fremd, dass sie nicht das lebensfrohe Geschöpf von früher in ihrem Spiegelbild erahnte. Doch es war nicht allein das Kleid, das sie so sehr veränderte, sondern der Ausdruck in ihren Augen. Er wirkte lebendig und vital, erfüllt von Liebe und Verlangen … nach Rafiq.
Sie begehrte ihn mit der gleicher Kraft wie damals, wenn nicht noch mehr. Sie hatte es nur versucht zu leugnen, weil sie sich für ihre Vergangenheit schämte. Für das, wozu ihr Körper missbraucht wurde.
Mechanisch griff Sera nach ihrer Bürste und zog
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