Quaelend suesse Glut
hundertprozentig anders, möchte ich wetten“, knurrte Rafiq verstimmt.
„Und wessen Schuld ist das?“, fragte Sera hitzig. „Nicht ich habe dich geküsst!“
Automatisch wanderte sein Blick zu ihren weichen Lippen, die jetzt zu einem aufreizenden Schmollmund geformt waren, der ihn absolut zum Küssen herausforderte. Nur mit äußerster Willensanstrengung gelang es ihm, diesem überwältigenden Impuls nicht nachzugeben.
Doch noch viel länger würde er sich nicht mehr beherrschen können. Aber das musste er auch nicht. Um heute Abend noch am Staatsbankett im Palast teilnehmen zu können, waren sie viel zu spät aufgebrochen. Doch darüber regte er sich schon lange nicht mehr auf.
Im Gegenteil! So kamen sie wenigstens in den Genuss einer zweiten Nacht im Camp am Meer. Und diesmal würde ihn nichts und niemand davon abhalten können, sich von Sera zu holen, worauf er schon viel zu lange verzichtet hatte …
„Sei nicht enttäuscht …“, murmelte Rafiq und betrachtete mit zärtlichem Lächeln ihr wunderschönes, aber momentan äußerst strenges Profil. „Ich werde dich wieder küssen, Sera, aber nicht jetzt. Noch nicht! Beim nächsten Mal werde ich dafür sorgen, dass uns niemand stört.“
Er spürte, wie sie zu zittern begann, und in ihren wundervollen braunen Augen sah er Überraschung aufflackern und noch etwas … Begehren, einen Funken der Leidenschaft …
Noch einmal sog Rafiq tief ihren berauschenden Duft ein, dann drückte er ein letztes Mal ihre Schulter und zog seinen Arm zurück. Für die Enge auf dem Rücksitz des Jeeps, ganz abzusehen von der empfindlich störenden Gegenwart der beiden Fahrer, musste das reichen.
Atemlos und seltsam angespannt lehnte er sich tief in seinen Sitz und bemerkte zum ersten Mal den spektakulären Sonnenuntergang. Eine Symphonie in Rot und Gold, die ihn hoffentlich ein wenig von den verlockenden Aussichten der nächsten Nacht ablenken konnte. Wie lange hatte er davon geträumt …?
Entschlossen richtete Rafiq sein Augenmerk erneut auf den glühenden Himmel. Was für unglaubliche Farben!
Farben!
Das erinnerte ihn an das Paket, das er hinter seinem Sitz verstaut hatte – das einzige, von dem Suleman ihm erlaubt hatte, es selbst zu bezahlen. Rafiq langte nach hinten, zog die Hand aber wieder zurück, als er sah, dass Sera die Stirn an die Scheibe gelehnt hatte und blicklos nach draußen starrte.
Auf ihrem Gesicht lag so ein verlorener Ausdruck, dass er sich plötzlich scheute, sie aus ihrer Versunkenheit zu reißen. Außerdem fühlte er sich irgendwie schuldig. Aber warum? Eben noch das Einverständnis in ihrem verschleierten Blick, jetzt die stumme Trauer, die ihm bereits im ersten Augenblick ihres Wiedersehens aufgefallen war.
Ob sie an ihren verstorbenen Mann dachte? Wünschte sie sich Hussein zurück?
Seltsam, aber diese Vorstellung missfiel ihm nicht nur, sondern machte ihn richtig wütend. Heute Nacht würde er Sera jeden Gedanken an ihn austreiben! Und dann würde sie endlich wissen, was sie ihr Leben lang vermisst hatte …
8. KAPITEL
Es war unmöglich. Immer wenn Sera glaubte, sie hätte die Situation endlich im Griff, sagte oder tat Rafiq etwas, um ihr wieder den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Dabei hatte sie heute bereits mehrfach gedacht, sie beide würden es fertigbringen, auf dem gleichen Planeten zu leben, ohne sich ständig an die Kehle zu gehen. Es gab sogar kurze Momente, da fühlte sie sich ihm fast so nah, wie damals vor zehn Jahren.
Und als er sie nach ihrem Meeting mit den Frauen ohne Vorwarnung küsste – und das bereits zum zweiten Mal an diesem Tag –, da hoffte sie sogar …
Sera schluckte heftig, lehnte ihre Stirn an die kühle Autoscheibe und dachte an den Moment, als Rafiq ihr in Abizahs kleinem Laden den Halsschmuck umgelegt und dabei ihr Haar gestreichelt hatte.
Heiße Schauer waren über ihren Rücken gelaufen, brachten ihre Nervenenden zum Vibrieren und ließen ihr Blut heiß und lebendig durch den Körper rauschen. Unerwartet war sie sich ihrer schwellenden Brüste, der verhärteten Knospen und des sehnsüchtigen Ziehens in ihrem Innersten bewusst geworden.
Warum nur bedeuteten all seine stummen kleinen Versprechen nicht reine Lust und Seligkeit, sondern waren immer auch gepaart mit Angst, Scham und Verzweiflung? Warum mussten ihre Gefühle für ihn überhaupt so intensiv sein? Sie war doch längst kein Teenager mehr, sondern eine erwachsene, vernünftige Frau, die sogar bereits eine Ehe hinter sich hatte. Und
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