Quarantäne
mit Zahlen und drei schmale Öffnungen für Schlüssel. Ich zögere; sicher dauert es einige Zeit, bis ich hinreichend verschmiert bin – doch schon leuchtet ein grünes Lämpchen an der Konsole auf. Wie kann es anders sein; dieses Ding war schon lange verschmiert, bevor ich hier hereinspaziert bin; das gilt für jedes Stück Materie, das unbeobachtet ist. Ich habe nichts weiter getan, als es zu beobachten, ohne es zum Kollaps zu bringen, und bin auf diese Weise immer weiter verschmiert, bis für jeden möglichen Eigenzustand des Schlosses eine Version von mir zur Verfügung stand. Dann ist alles nur noch eine Frage der richtigen Wahl.
Ich packe den Türgriff und ziehe daran, viel fester als nötig, denn mit einem leisen Klicken saust mir die Tür förmlich entgegen und hätte mich fast im Gesicht getroffen. Ich mache einen Schritt um den Türflügel und trete ein.
Sechs mal sechs Meter und fast leer. Ich richte die Taschenlampe auf die hintere Wand, dort ist ein Regal, das bis zur Decke reicht. Acht Fächer, jedes mit zwanzig niedlichen Kassetten für Chips. Es ist das Format, in dem sich zweihundert Stück verstauen lassen.
Ich gehe näher heran. Die meisten Kassetten tragen die Seriennummern der Chips, etwa 019.200 – 019.399 und so weiter. Die in den unteren zwei Fächern und jene zwei rechts außen im dritten Fach sind unbeschriftet und leer. Das macht also zusammen dreiundzwanzigtausendsechshundert Chips.
Ich nehme das Würfelspiel aus der Tasche – warum sollte ich es mir so einfach machen –, aber dann ändere ich meine Meinung und stecke es wieder ein. Wird einer meiner >Söhne< (oder wenigstens ein Cousin von ihm) überleben, nachdem er das Würfelspiel benutzt hat? Beide könnten Erfolg haben… Ich nehme kurzentschlossen eine der Kassetten. Ein einfaches, mechanisches Schloß. Vielleicht könnte ich auch das durch bloßes Wollen aufschnappen lassen – aber ich versuche es nicht. Ich nehme einen Dietrich, was mich eine ganze Minute kostet. Ich unterdrücke die Versuchung, die Augen zu schließen, bevor ich einen der Chips aus seiner Mulde nehme – und unterdrücke auch die Versuchung, ihn wieder zurückzulegen und einen anderen auszuwählen, als ich merke, daß ich den letzten seiner Reihe genommen habe.
Ich stecke den ROM-Chip in ein Lesegerät, das die Information in Infrarotsignale umwandelt, und aktiviere dann Transmitter und Chiffre. »Suche die Kennung des Programms«, bitte ich das Lesegerät, »die englische Version.«
Meine Umgebung verdunkelt sich, bis es fast schwarz um mich ist, dann leuchtet in der Mitte meines Blickfelds eine intensiv blaue Schrift auf weißem Grund auf:
Initiative
Neuromodul
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Ohne hinzusehen, stecke ich einen unbeschriebenen Chip in die zweite Öffnung des Lesegeräts und sagte: »Vollständige Kopie. Sicherungen umgehen. Verschlüsselte Information dekodieren. Kopie eintausendmal überprüfen.«
Das Symbol eines Wächters erscheint vor dem Hintergrund der blauen Schrift und fragt: »Kennwort?«
Ich schließe die Augen und versuche, an gar nichts zu denken. Ich höre, wie mein virtueller Kehlkopf etwas auf Kantonesisch sagt. Das Wort habe ich noch nie gehört, und ich spare mir die Mühe, Déjà-vu um eine Übersetzung zu bitten. Der Wächter verbeugt sich höflich und verschwindet, und statt seiner erscheint die Karikatur eines mittelalterlichen Mönchs, der sich inmitten eines Wusts von Pergamentrollen mit affenartiger Geschwindigkeit ans Schreiben macht.
Ich stehe mitten im Tresor und verlagere das Gewicht mal auf diesen, mal auf jenen Fuß. Ich kann unmöglich feststellen, ob das Unternehmen erfolgreich ist – oder ob das, was ich erlebe, nur eine geschickte Kombination aller möglichen Fehlfunktionen von Elektronik, Modulen und natürlicher Hirntätigkeit ist, die mir das vorspiegelt. Für die einzelnen Schritte stehen die Chancen schon etwas besser: Wenn ich im Tresor von BDI mit seinen bescheidenen dreiundzwanzigtausendsechshundert Chips bin, dann überwiegen die Zustände, in den ich den richtigen erwischt habe, sicher diejenigen bei weitem, in denen der Chip und/oder Chiffre mir etwas
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