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Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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vormacht, damit ich glaube, Initiative zu haben, während ich irgendeinem Unfug auf den Leim gegangen bin. Aber wenn ich daran denke (besser nicht!), daß ich die Ereignisse dieser Nacht schlicht halluzinieren könnte, ohne auch nur einen Schritt aus dem ASR-Gebäude getan zu haben… Die Wahrscheinlichkeit dafür, verglichen mit jener für die zahlreichen Kunststückchen,die ich vollbracht zu haben meine, steht gar nicht so schlecht. Fest steht nur: Nach dem Kollaps werde ich es wissen, sofort, denn entweder werde ich eine Kopievon Initiative in der Tasche haben oder nicht.
    Die Kopie tausendmal überprüfen zu lassen ist unsinnig; wenn die Wahrscheinlichkeit eines Kopierfehlers unter normalen Bedingungen gering ist – und mein verschmiertes Ich nicht gerade einen entsprechenden Zustand auswählt –, dann kann eigentlich nichts schiefgehen. Trotzdem wirkt es beruhigend auf mich; etwas in mir wehrt sich gegen den Gedanken, daß man Schlösser und Kameras nach Belieben manipulieren könnte, ohne zugleich befürchten zu müssen, daß auch die Ausrüstungsstücke, die man mitgebracht hat, den Quanteneffekten zum Opfer fallen.
    Nach einigen Minuten hat der Mönch seine Arbeit beendet, er verbeugt sich und verschwindet. Ich schalte Chiffre ab und nehme dann langsam, als könnte ich nun noch irgend etwas verderben, den Chip aus dem Gerät und stecke es in die Tasche. Den Chip lege ich zurück in die Kassette, verschließe sie und stelle sie wieder an ihren Platz im Regal. Ich lasse den Lichtstrahl der Taschenlampe über die Wände gleiten, ob ich vielleicht etwas durcheinandergebracht habe, aber alles scheint so wie ich es vorgefunden habe. Ich wende mich zum Gehen. An der Tür steht eine Frau im Nachthemd; sehr schlank, Mitte Dreißig, anglo-irischer Typ, die Haut so schwarz wie die meine.
    Laura Andrews… aber nicht so, wie ich sie damals im Keller getroffen haben, in der Maske Han Hsiu-liens. Es ist die Laura Andrews aus den Hilgemann-Akten, wie auf dem Bild meines Auftraggebers.
    Wie ist sie aus dem Keller hierhergekommen? Eine dumme Frage! Aber wie hat sie es heute geschafft, wenn sie es sonst nicht konnte? Habe ich ohne mein Wissen etwas getan, das das separate Überwachungssystem im Keller lahmlegte? Nun gut, sie hat es irgendwie geschafft, ihrem Gefängnis zu entwischen… aber was sucht sie hier?
    Ich greife nach dem Fläschchen mit dem Betäubungsspray und stelle mir dabei die nun einzig wichtige Frage: Wie konnte mein verschmiertes Ich zulassen, daß sie mich stört? Soll das heißen, daß ich nicht der bin, der am Ende übrig sein wird… daß ich so gut wie tot bin?
    Sie sagt: »Sie haben, was Sie wollten?«
    Ich starre sie an, nicke dann.
    »Und was werden Sie damit machen?«
    »Wer sind Sie!? Doch nicht wirklich Laura Andrews!? Sind Sie überhaupt wirklich??«
    Sie lacht. »Nein. Aber daß Sie mich hier sehen, das schon. Ich spreche für Laura – oder besser das verschmierte System Laura/Nick/Po-kwai et cetera. Hauptsächlich aber für Laura.«
    »Ich verstehe nicht. Sie >sprechen für Laura    »Laura ist verschmiert; sie kann nicht selbst zu Ihnen sprechen. Sie spricht mit dem verschmierten System Nick/Po-kwai – aber sie hat mich geschaffen, damit ich mit Ihnen rede.«
    »Ich…«
    »Sie existiert nur in der Summe ihrer Eigenzustände, deshalb können Sie und Laura niemals in Kontakt treten. Aber sie hat genügend Information in einem Zustand konzentrieren können, um Ihnen das zu sagen, was Sie wissen müssen. Sie hat Kontakt mit den verschmierten Nick/Po-kwai, aber sie sind wie Kinder, sie verstehen nichts. Das ist der Grund, weshalb ich mit Ihnen spreche.«
    »Ich…«
    »Sie haben Initiative gestohlen. Laura liegt nichts daran, das zu verhindern. Aber sie möchte, daß Sie genau wissen, was man damit machen kann.«
    Noch immer verwirrt, sage ich etwas trotzig: »Ich weiß, was man damit machen kann. Schließlich bin ich hier, nicht wahr? Schließlich habe ich diesen Tresor geöffnet!« Die Entdeckung, daß die verschmierte Laura nicht geistig behindert ist, sollte mich eigentlich nicht verwundern – schließlich war sie clever genug, aus dem Hilgemann zu entwischen, und außerdem hatte sie nun vierunddreißig Jahre Zeit, um ihr Talent weiterzuentwickeln. Aber daß sie in der Lage ist, Geister erscheinen zu lassen, die mich über den richtigen Gebrauch von Initiative belehren sollen, ist schon ein Ding.
    Sie schüttelt den Kopf und sagt: »Sie wissen es

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