Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ich ihn berührte, dachte Charlie, würde er sich feucht und biegsam anfühlen wie Kaktusfleisch …
    Subjekt blieb abrupt stehen und drehte sich um, als sei es über etwas erschrocken. Unversehens starrte Charlie in die leeren weißen Billardkugelaugen und dachte: O Scheiße!
    Er riss seine Augen weit auf und taumelte zurück, weg von der Glaswand. Ah, er war in der O/BEK-Galerie. In Sicherheit. Blinzelnd verscheuchte er, was schlechterdings nur ein Traum gewesen sein konnte.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    Ein zweites Mal erschrocken fuhr Charlie herum und sah ein Mädchen hinter sich stehen. Sie trug eine Winterjacke, die schief geknöpft war, eine Seite des Kragens ragte über ihr Kinn hinaus. Sie hatte sich eine Strähne ihres lockigen Haars um den Finger gewickelt.
    Sie kam ihm bekannt vor. Er sagte: »Bist du nicht Marguerite Hausers Tochter?«
    Das Mädchen runzelte die Stirn und nickte dann.
    Charlies erster Impuls war, den Sicherheitsdienst zu alarmieren, aber das Mädchen – ihr Name war Tess, erinnerte er sich – wirkte verschüchtert, und er wollte ihr keine Angst machen. Also fragte er: »Ist deine Mutter oder dein Vater hier?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nicht? Wer hat dich reingelassen?«
    »Niemand.«
    »Hast du eine Passierkarte?«
    »Nein.«
    »Haben dich die Wachen nicht aufgehalten?«
    »Ich bin reingekommen, als gerade keiner geguckt hat.«
    »Na, das ist ja ein guter Trick.« In Wirklichkeit sollte so etwas unmöglich sein. Aber da stand sie vor ihm, mit großen Kulleraugen und offenkundig unsicher. »Suchst du jemanden?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Na, was führt dich dann hierher, Tess?«
    »Ich wollte das mal sehen.« Sie deutete auf die O/BEK-Zylinder.
    Für einen langen Augenblick fürchtete er, sie würde ihn fragen, wie sie funktionierten.
    »Weißt du«, sagte Charlie, »du dürftest hier eigentlich gar nicht so ganz alleine rumlaufen. Wie wär’s, wenn wir jetzt erst einmal in mein Büro gehen und ich dann deine Mutter anrufe?«
    »Meine Mutter?«
    »Ja, deine Mutter.«
    Das Mädchen schien sich das durch den Kopf gehen zu lassen.
    »Okay«, sagte sie.
     
    Während Charlie Marguerites Pocket-Server anwählte, saß Tess in seinem Büro und sah sich einige Hochglanzbroschüren an, die er für sie aufgetrieben hatte. Marguerite war offenbar überrascht, von ihm zu hören, und ihre erste Frage galt dem Subjekt – war irgendwas Interessantes passiert?
    Kommt drauf an, wie man die Sache betrachtet, dachte Charlie. Er konnte diesen Traum auf der Galerie einfach nicht abschütteln. Auge in Auge mit dem Subjekt. Es hatte unfassbar real gewirkt.
    Aber davon erzählte er ihr nichts. »Ich möchte Sie nicht beunruhigen, Marguerite, aber Ihre Tochter ist hier.«
    »Tess? Hier? Wo hier?«
    »Im Auge.«
    »Sie sollte normalerweise in der Schule sein. Was macht sie denn da draußen?«
    »Sie macht im Grunde weiter gar nichts, aber sie hat es geschafft, sich an den Wachen vorbeizustehlen und bis zur O/BEK-Galerie zu spazieren.«
    »Sie nehmen mich auf den Arm.«
    »Wollte, es wäre so.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Gute Frage.«
    »Und – ist sie in großen Schwierigkeiten, Charlie?«
    »Sie ist hier in meinem Büro, und ich sehe keine Notwendigkeit, daraus eine Staatsaffäre zu machen. Aber Sie sollten vielleicht herkommen und sie abholen.«
    »Geben Sie mir zehn Minuten Zeit«, sagte Marguerite.
     
    Tess wirkte verschlossen, als Charlie sie nach draußen zum Parkplatz brachte. Sie wollte offenbar nicht reden, und mit Sicherheit wollte sie nicht darüber reden, wie sie in den Gebäudekomplex hineingekommen war. Nach kurzer Zeit kam ihre Mutter auf den Besucherparkplatz gefahren, und Tess nahm dankbar auf dem Rücksitz ihres Autos Platz.
    »Müssen wir über die Sache reden?«, fragte Marguerite.
    »Später vielleicht«, sagte Charlie.
    Auf dem Rückweg zu seinem Büro nahm er einen als dringlich ausgewiesenen Anruf von Tabby Menkowitz aus der Sicherheitsabteilung entgegen. »Hallo, Charlie«, sagte sie. »Wie geht’s Boomer?«
    »Ist ein alter Hund, aber gesund. Was liegt an, Tab?«
    »Tja, ich hab hier eine Alarmmeldung von meiner Nichterkennungs-Software. Und wie ich auf die Kameras gucke, da seh ich Sie, wie Sie ein Kind aus dem Gebäude begleiten.«
    »Sie ist die Tochter einer Gruppenleiterin. War mal neugierig auf die Alley und hat die Schule geschwänzt.«
    »Ja, aber wie jetzt, haben Sie sie in einem Rucksack reingeschmuggelt? Denn wir haben sie zwar registriert, als sie gegangen ist,

Weitere Kostenlose Bücher