Quellen Der Lust
Jack ist hier. Sie sind zusammen gekommen.“
„Trägt sie die Brosche?“, fragte Bertie.
„Ich habe sie nicht gesehen“, sagte Sprat niedergeschlagen. „Aber das will nichts heißen. Meine Augen haben in letzter Zeit arg nachgelassen.“
„Gebt ihnen einige Minuten und bringt sie dann zu mir. Allein .“
21. KAPITEL
Die Gaslampen und unzähligen Kerzen, die die Salons und Spielzimmer für Kartenspiele des Wetherington beleuchteten, verliehen dem Etablissement einen gemütlichen Anstrich. Die beschwingte Musik eines kleinen Streichorchesters klang durch die Salons, in denen sich die Gäste aufhielten. Die wohlhabenden Besucher waren nach der neuesten Mode gekleidet. Einige waren mit Juwelen behangen, andere, wie Mariah St. Lawrence, strahlten auch ohne Edelsteine.
Als sie in ihrem tiefblauen, mit weißen Rosen geschmückten Abendkleid erschien, richteten sich unzählige Augenpaare auf sie. Dann erkannte man ihren Begleiter und begann zu tuscheln. Jack St. Lawrence, einer der von Bertie so hochgelobten St. Lawrences, tauchte mit einer verführerischen Schönheit auf, die niemand zu kennen schien. Als die Information verbreitet wurde, dass diese Dame die Ehefrau des eisernen Jacks sei, kochte die Gerüchteküche fast über.
Glücklicherweise bekam Mariah nur wenig von dem Gerede um sie herum mit. Sie nahm die unbekannten Gesichter und die Glückwünsche zu ihrer Hochzeit wie durch einen Nebel wahr, doch bei jedem lauten Lachen oder Gläserklirren zuckte sie zusammen und sah sich um, da sie erwartete, Bertie würde sie zur Rede stellen. Jack drückte jedes Mal ihre Hand und lächelte sie beruhigend an. Sie war dankbar für seine Unterstützung und versuchte, auch ihm seine Angespanntheit zu nehmen.
Nachdem sie schon einige Minuten auf Berties Erscheinen gewartet und sich davor gefürchtet hatte, traf es sie dennoch völlig unvorbereitet, sich plötzlich dem elegant gekleideten Jack A. Dandy gegenüberzusehen, der darauf bestand, sie zu einem „Freund“ zu geleiten. Dandy überbrachte Jack den ausdrücklichen Wunsch des Prinzen, Mariah alleine zu sehen.
Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Mariah zu beschützen und dem Vertrauen, das er trotz allem in den Prinzen hatte, folgte Jack den beiden wie ein dunkler, unnützer Schatten. Sollte er darauf bestehen, sie zu begleiten, und Bertie mit der Wahrheit konfrontieren, oder sollte er darauf vertrauen, dass Bertie sich ehrenhaft verhalten und sie anhören würde? Schon im nächsten Augenblick schämte er sich seiner Befürchtungen. Noch nie hatte er Anlass gehabt, Berties Ehre anzuzweifeln. Fraglich war bloß, ob er auch auf seine Vergebung zählen könne. Wie würde er reagieren, wenn er erfuhr, dass sie beide schon verheiratet waren und er keinesfalls die Absicht hatte, Mariah zu teilen?
Als sie vor der Tür der Bibliothek ankamen, bat Dandy Jack, draußen zu warten, bis er hineingerufen wurde. Doch erst als Mariah ihn auf die Wange küsste und ihm versicherte, dass er sich keine Sorgen machen solle, willigte er ein und ließ zu, dass Dandy sie hineinbegleitete.
Die Türen, die hinter Mariah geschlossen wurden, hörten sich in ihren Ohren wie das Zuschnappen einer stählernen Falle an. Sie stand in einer Bibliothek voller Bücherregale, Kuriositäten, einem Schreibtisch, Stühle und Leselampen. Inmitten dieses eleganten Sammelsuriums saß der Prinz von Wales. Er trug einen Frack und sah majestätisch und einschüchternd aus.
Nachdem Dandy sich verbeugt und sich durch eine Nebentür zurückgezogen hatte, stand Bertie auf und streckte ihr seine Hand entgegen. „Meine Liebe, Sie sehen bezaubernd aus. Die männliche Bevölkerung Londons wird Ihnen vor Ausklang des Abends zu Füßen liegen.“
„Sie schmeicheln mir, Eure Hoheit.“ Sie hoffte, dass er durch die Handschuhe hindurch nicht spüren konnte, wie eiskalt ihre Hände waren.“ Doch ich bin keine habgierige Frau. Ein einziger Mann reicht mir vollkommen.“
„Tatsächlich?“ Bertie zog eine Augenbraue hoch. „Dann sind Sie wahrlich eine seltene Ausnahme in der Frauenwelt.“
Sie ließ es zu, dass er sie zu einem ledernen Sofa geleitete, doch lehnte es höflich ab, sich zu setzen.
„Ich muss Ihnen für Ihr großzügiges Geschenk von heute Morgen danken“, sagte sie. „Es war so unerwartet wie extravagant. Ich trage es heute Abend Ihnen zu Ehren.“
Er ließ seinen Blick über ihr modisch tief geschnittenes Mieder und den geschmackvollen Rosenschmuck gleiten.
„Da fehlt doch etwas.
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