Quellen innerer Kraft
die immer neuen Vorschriften zu jammern, die aus dem Kultusministerium in die Schule flattern, baue ich an meiner eigenen Schulwelt. Ich lasse mich von den Bürokraten im Ministerium nicht lähmen, sondern arbeite aus meiner inneren Quelle. Er spürteplötzlich: Dieses Bild schenkte ihm Kraft. Er bekam plötzlich wieder neue Lust, an seine Arbeit zu gehen.
Eine Schulleiterin erzählte, sie habe am liebsten Völkerball gespielt. Beim Miteinanderspielen vergaß sie die Zeit. Als wir gemeinsam überlegten, was das für ein Bild für ihr jetziges Leben sei, kam ihr: Mein Stil, die Schule zu leiten, heißt: einander den Ball zuzuwerfen. Es war ihr auch nie darum gegangen, mit ihrem Führungsstil männliche Kollegen zu kopieren und in einem direktiven oder autoritären Verfahren alles von oben her effektiv zu regeln. Vielmehr fand sie ihre Stärke darin, den „Ball“ zwischen sich und den Kollegen hin und her springen zu lassen. Sie konnte delegieren, musste nicht alles selber machen, sondern konnte auf ihre Weise das Spiel am Laufen halten. Ihre Art zu führen, lag darin, die Kollegen und Kolleginnen, aber auch die Schüler und Schülerinnen immer wieder ins Spiel zu bringen, damit alle mitspielen, damit alle Spaß am gemeinsamen Spiel haben. Dieses Bild – und die Erinnerung an ihre Kinderzeit – deckte ihr die eigenen Fähigkeiten auf. So erkannte sie ihre ganz eigene Art und Weise, wie sie ihr Amt ausfüllen konnte. Die vielen Führungskonzepte, die sie bei Fortbildungen gelernt hatte, waren zwar interessant. Aber sie hatte das Gefühl, es sei anstrengend, sie alle zu berücksichtigen. In der bewussten Wahrnehmung ihres Führungsstils kam sie in Berührung mit der eigenen Quelle. Und ihr wurde klar: Daraus würde sie schöpfen können, ohne immer wieder erschöpft zu sein, ohne das Gefühl zu bekommen, ihre Aufgabe sei anstrengend.
Ein anderer Schulleiter, der auf einem Bauernhof aufgewachsen war, konnte davon berichten, dass er schon als Kind am liebsten in der Natur gearbeitet habe. Als Bild für seineheutige Aufgabe als Pädagoge wurde ihm das Hegen und Pflegen deutlich. Als Lehrer versteht er seine wichtigste Aufgabe nämlich nicht darin, den Schülern etwas beizubringen und ihr Wissen zu mehren, sondern ihr Wachsen zu fördern. Genauso behutsam wie man mit Pflanzen und Tieren umgeht, so geht es ihm auch in der Pädagogik darum, das, was in den Kindern steckt, herauszulocken. Das Bild des Begießens, Lockern und Düngen des Erdreichs, die Notwendigkeit, Pflanzen zu beschneiden, damit sie einen neuen Wachstumsschub bekommen – das alles übertrug sich für ihn plötzlich ganz evident auf seine derzeitige Tätigkeit. Früher hatte er oft gejammert, dass man als Schulleiter immer mehr zum Verwalter und Bürokraten verkomme. Jetzt kam er wieder mit seiner eigenen Quelle in Berührung. Natürlich kann auch er die äußere Realität der heutigen Schullandschaft nicht einfach überspringen. Aber anstatt sich von den äußeren Vorgaben lähmen zu lassen, schöpfte er nun neu aus seiner persönlichen Quelle. Und es machte ihm wieder neuen Spaß, in seine Schule zurückzukehren.
Eine Frau erinnerte sich, dass sie als Kind mit großer Fürsorge und Geduld verletzte Tiere pflegte. Sie spürte, dass es ihre Stärke ist, kranken Menschen zu helfen. Sie war von ihrem innersten Antrieb her Therapeutin. Aber jetzt befreite sie sich von dem Druck, bei jedem Menschen die richtige therapeutische Maßnahme zu finden. Sie spürte in der Erinnerung wieder die Geduld und Liebe, mit der sie sich den verletzten Tieren zugewandt hatte. Und sie konnte ihre Klienten auf einmal mit neuen Augen anschauen und sich ihnen voller Zuversicht und mit einem langen Atem zuwenden.
Ein Mann hatte als Kind sehr gerne gelesen. Er meinte, er würde heute genauso gerne lesen. Diese Quelle habe er von seiner Kindheit übernommen. Aber im Gespräch wurde deutlich, was das Lesen eigentlich für ihn bedeutete. Ihm war wichtig, mit anderen zu fühlen, sich in andere hinein zu versetzen. Als er das erzählte, erkannte er, dass das ja auch heute seine eigentliche Aufgabe sei. In seiner Leitungsaufgabe bei einer Bank wurde das für ihn ein gutes Bild: Ich spüre mich in die Menschen ein. Anstatt mich zu ärgern, dass ich bei Besprechungen nicht immer mit meiner eigenen Lösung durchkomme, lehne ich mich zurück und versuche die Menschen zu verstehen, die so anders sind. Es ist wie beim Lesen: Ich lese in der konkreten Biographie von Menschen, die mir
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