Quellen innerer Kraft
klaren Quelle ist die Sehnsucht, dass unser Leben strömt. Strömen ist immer ein Zeichen von Lebendigkeit. Die Psychologie spricht heute vom „Flow-Gefühl“. Das Flow-Gefühl ist in uns wirksam, wenn wir uns an die Arbeit und an Menschen hingeben, uns bei der Arbeit selbst vergessen. Es ist nicht wichtig, was andere von uns denken oder wie sie unsere Arbeit beurteilen. Wir gehen ganz in dem auf, was wir tun. Unsere Energie fließt in die Arbeit hinein. Wer mit einem solchen „Flow-Gefühl“ arbeitet, der arbeitet effizienter als jemand, der sich die Leistung abringen muss. Schon der hl. Benedikt hatte diese Erfahrung im Sinn, wenn er in seiner Regel von den Handwerkern im Kloster verlangt, dass sie in aller Demut ihren Beruf ausüben sollen. (RB 57,1) Das ist eine uns Heutigen fremde Sprache. Aber Benedikt meint damit, dass die Handwerker mit ihrer Arbeit nicht irgendwelche Nebenabsichten verbinden. Sie sollen sich nicht über andere stellen wollen, oder ihre Arbeit mit dem Schielen nach Erfolg oder Verdienst verbinden. Demut meint: Hingabe an die Arbeit, ganz bei der Arbeit sein, in Berührung mit den Dingen sein, die ich gerade tue, und mich selbst und meine Nebenabsichten dabei vergessen.
Jeder hat mit seiner Geburt schon Quellen mitbekommen, aus denen er schöpfen kann. Und ihm wurden in seinerLebensgeschichte von den Eltern und Erziehern, von Freunden und Verwandten und von eigenen Erlebnissen her Ressourcen geschenkt, die in seinem Leib und in seiner Seele bereit liegen, angezapft zu werden. Er hat sie nicht nur von seinen Eltern mitbekommen. Sie sind auch ein Geschenk Gottes. Sie liegen in seinem Charakter, in seinem Wesen begründet.
Die heutige Psychologie begnügt sich nicht damit, die Wunden der Kindheit zu heilen. Sie versucht vielmehr, die Menschen mit ihren eigenen Ressourcen in Berührung zu bringen. Jeder Mensch hat in sich Quellen, aus denen er schöpfen kann und es gibt verschiedene Wege, zu ihnen vorzudringen. Auch hier gilt das Bild: Wer nur an der Oberfläche bohrt, wird nur zum Oberflächenwasser vorstoßen, aber nicht zur inneren Quelle. Wir müssen tief genug bohren, um in uns eine Quelle zu entdecken, die nicht so leicht vertrocknet, weil sie in unserem Wesen, in unserem tiefsten Grund, eingegraben ist. Die Zugänge sind gar nicht so schwierig.
Anknüpfen an die Kindheit
Ich entdecke meine persönliche Quelle, wenn ich mich frage: Woraus habe ich als Kind meine Kraft geschöpft? Wo ist meine Energie am meisten geströmt? Was konnte ich stundenlang spielen, ohne zu ermüden? Wenn ich mich an solche Situationen erinnere, dann komme ich mit meiner eigenen Kraft in Berührung. Manche meinen, das Kind kopiere nur, was die Eltern ihm vormachen. Doch jede Mutter und jeder Vater weiß, dass jedes Kind einzigartig ist. Jedes Kind hat schon mit seiner Geburt etwas Einmaliges. Es hat seine Weise zu lächeln, sich zu bewegen, auf Zuwendung zureagieren. Und sobald es etwas größer ist, entwickelt es seine eigenen Strategien, sich zurückzuziehen und für sich zu sorgen. Jedes Kind spielt auf seine Weise. Das eine kann sich vergessen, indem es den Käfern auf der Wiese zusieht. Das andere spielt mit den Kieselsteinen auf dem Weg und kann dabei seine Phantasie entfalten. Wenn wir auf die Verhaltensweisen stoßen, die für uns selber typisch waren, dann kommen wir mit unserem eigenen Herzen in Berührung. Dann entdecken wir unser ursprüngliches Wesen, und wir finden in uns die Quelle, aus der wir auch heute schöpfen könnten. Wenn wir diese unsere urpersönliche Quelle erkannt haben und aus ihr schöpfen, dann spüren wir, wie es uns leicht von der Hand geht, wie es einfach in uns strömt. Immer wenn wir uns von außen etwas überstülpen, kostet es uns Kraft. Die eigene Quelle dagegen schenkt uns Kraft.
Bei einem Kurs für Schulleiter habe ich die Teilnehmer eingeladen, nach ihren inneren Quellen zu suchen, sich zu fragen, was sie als Kind am liebsten gespielt haben. Ein Mann erzählte, er habe sich stundenlang auf den Dachboden zurückgezogen und sich im Spielen eine eigene Welt aufgebaut. Er gab ihr eigene Gesetze und erfand seine eigenen Spielregeln. Als er das mit seiner Tätigkeit als Schulleiter verglich, kam ihm: Ja, es macht mir Spaß, als Direktor eine eigene Welt aufzubauen, eine menschliche Welt, in der die Schüler gerne leben. Ich baue mit meinen Kollegen und Kolleginnen eine eigene Kultur des Miteinanders auf. Ich schaffe ein Klima, das den Menschen gut tut. Anstatt über
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