Querschläger
schwergefallen. Etwas in ihr schien sich mit aller Vehemenz dagegen zu wehren, vielleicht, weil sie es insgeheim als entwürdigend empfand, vor einer stinkenden Kloschüssel zu knien und etwas, das bereits in ihr gewesen war, auf diese Art und Weise wieder herauszugeben.
Mach schon, verdammt noch mal, übergib dich endlich!
Sie holte Luft und senkte den Kopf noch tiefer, wobei sie sich mit beiden Händen an der Klobrille festhielt. Der Gestank, der ihr aus der fleckigen Schüssel entgegenschlug, war trotz des dezent unterhalb des Rands angebrachten Duftsteins bestialisch. Und vermutlich wurden diese Toiletten auch nur einmal am Tag gereinigt, wahrscheinlich morgens. Winnie Heller erschauderte bei dem Gedanken an die unzähligen Keime, die seither in diese Schüssel gelangt sein mussten. Keime oder Schlimmeres …
Sie schloss die Augen und versuchte, sich ein wenig zu entspannen, während ihr Zeigefinger die Rückwand ihrer Kehle kitzelte. Sie merkte, wie sich ihr Mund mit Speichel füllte, ihr Herz begann zu flattern wie ein kleiner, eingesperrter Vogel, und endlich konnte sie nun auch kotzen. Erleichtert, aber auch voller Erschütterung lauschte sie dem Lärm, den sie dabei machte. Ihrem eigenen, angestrengten Atem. Ihrem heiseren Keuchen, das durch die Nacktheit des Ortes noch um ein Vielfaches verstärkt wurde. Sie fühlte Schweiß, der kalt und klebrig ihren Nacken hinab rann und anschließend im Kragen ihrer Bluse versickerte. Dann hob sich ihr Magen erneut.
Sie hatte sich eben ein paar Lagen Klopapier auf die Lippen gedrückt, als sie einen Schatten auf den Kacheln hinter sich bemerkte. Den Schatten von Schuhen. Seine Füße, ganz sicher.
Dann wurde an die Tür geklopft. Nein, nicht geklopft, gehämmert.
»Hey, alles in Ordnung da drinnen?«
Noch immer auf Knien, vollführte Winnie Heller eine Vierteldrehung und lehnte ihren schweißnassen Rücken gegen die kühle Trennwand. »Wer sind Sie?«, keuchte sie. Eine durchaus berechtigte Frage, wie ihr schien. Schließlich befanden sie sich hier auf einer Damentoilette. »Was wollen Sie?«
Der Mann antwortete mit einer Gegenfrage. »Ist Ihnen übel?«
Saublöde Frage, dachte Winnie Heller. »Ja, verdammt.«
Sie fühlte einen leisen Luftzug. Er war einen Schritt zurückgetreten. »Machen Sie die Tür auf.«
»Ich …« Sie stutzte, als unvermittelt ein erneuter Brechreiz in ihr aufstieg. Solange ihr Körper gebraucht hatte, um zur Sache zu kommen, so hartnäckig blieb er jetzt bei der Stange. Schnell beugte sie sich wieder über die Schüssel.
Während sie kotzte, hörte sie, wie der Kerl vor ihrer Kabine an der Tür rüttelte. Aber noch hielt der billige Schieber seinen Versuchen stand. »Öffnen Sie, verdammt noch mal. Sofort.«
Winnie Heller strich sich ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus der Stirn und drehte sich um, ohne abermals die Spülung betätigt zu haben. Dies war definitiv nicht der Augenblick, in dem man sich Eitelkeiten leisten konnte. Oder falschen Stolz. Hier ging es einzig und allein um Glaubhaftigkeit.
Sie seufzte und zog den Schieber zurück.
Der Kerl mit dem Kevin-Kurányi-Bart stand breitbeinig in der Tür und blickte auf sie herunter, während sie noch immer auf den Knien lag. Taxierte die Situation. Winnie Heller konnte sehen, wie seine Augen an der bespritzten Kloschüssel hängen blieben. Von dort wieder zurück wanderten. Zu ihrem schweißnassen Gesicht. Hinunter zu den Ärmeln ihrer Bluse, die ebenfalls ein paar Spritzer abbekommen hatten. Zu ihren zitternden Händen. An seiner Miene konnte sie ablesen, wie er auswertete, was er sah. Und auf einmal empfand sie doch etwas wie Scham. Eine vollkommen derangierte Frau in einer schäbigen Toilette, auf den Knien vor einem Mann, der bei ihrem Anblick nichts als Abscheu und Ekel empfand. Sie schluckte und hätte sich am liebsten die Hände vors Gesicht gehalten wie ein kleines Kind. Sich verstecken. Fortwünschen. Die Welt ausblenden.
»Was Falsches gegessen?« Jetzt grinste er plötzlich. Und selbst das empfand sie als persönliche Beleidigung, auch wenn ihr klar war, dass sie sich darüber freuen musste, weil es bedeutete, dass er ihr glaubte.
»Ich …« Sie schluckte erneut. Ihre Kehle brannte wie Feuer. »Tja, ich fürchte, ich vertrage einfach nicht mehr so viel wie früher.«
Dämliche Antwort!, schoss es ihr durch den Kopf. Verdammt dämliche Antwort! Was, wenn sie gesehen haben, dass du nur eine Cola getrunken hast?
Doch der Kerl grinste nur noch breiter. »Kommen
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