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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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erneuerte auch den Lippenstift in kussechtem Icepink, einer Nuance, die zwar – zumindest für ihren Geschmack – viel zu auffällig war, um sie an einem normalen Arbeitstag im KK11 zu tragen, die jedoch trotzdem ausgesprochen gut mit ihrem Teint harmonierte. Kalter Farbtyp, dachte sie zufrieden, während sie den Lippenstift wieder in die Hülse zurückdrehte. Das war eins von den ersten Dingen, die sie bei der Mordkommission gelernt hatte: dass sie dem kalten Farbtyp angehörte. Nachdem sie bezüglich ihrer Haar- und sonstigen Farben jahrelang im Dunkeln getappt war, hatte Hermann-Joseph Lübke, ein rothaariger Mittfünfziger, der der erkennungsdienstlichen Abteilung des Präsidiums vorstand, ihr gleich an ihrem zweiten Tag bei der Mordkommission quasi im Vorbeigehen eröffnet, dass sie trotz ihrer grünen Augen und des goldenen Schimmers, den ihr Haar bei bestimmten Lichtverhältnissen aufwies, keinesfalls den warmen Farbtypen »Frühling« oder »Herbst« zuzurechnen sei, sondern vielmehr den Prototyp einer Sommerfrau verkörpere. Einer Frau, der kühle, verwaschene Farben und Silberschmuck standen.
    Winnie Heller trat einen Schritt zurück und begutachtete das Ergebnis ihrer Restaurationsbemühungen im Spiegel. Oh ja, Lübke wusste eine Menge nützliche Dinge! Dazu spielte er Poker wie der Teufel höchstpersönlich und erkannte jede Erdart, die es in diesem Land gab, am Geschmack. Zumindest behauptete er das …
    Als die Tür in ihrem Rücken aufflog, griff sie instinktiv nach ihrer Tasche, aber dieses Mal waren es nur zwei grell geschminkte Mädchen, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Sie betrachteten Winnie Heller mit einer Mischung aus Abscheu und Unverständnis und verschwanden dann Hand in Hand in einer der Kabinen. Die Tür zum Klub fiel zu, und die wummernde Musik, die mit den Mädchen herein geflutet war, verkam wieder zu einem gedämpften Pochen. Winnie Heller warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, dann stopfte sie ihre Schminksachen wieder in ihr Puppenhandtäschchen zurück und verließ die Toilette, wobei sie sich alle Mühe gab, wie eine unglücklich verheiratete Frau auszusehen, die ihren ehelichen Dauerfrust in zu viel Wodka ertränkt, dieses Vergehen anschließend bitterlich über einer verdreckten Kloschüssel gebüßt und sich nun vorgenommen hat, halbwegs geradlinig und einigermaßen würdevoll bis zu ihrem Auto zu kommen.
    Im Gehen warf sie einen flüchtigen Blick zur VIP-Lounge hinüber, wo Milan Baranovic auf einer schwarzen Ledercouch lümmelte und sich mit einem Pärchen um die dreißig unterhielt. Von Heino hingegen war nichts zu sehen. Ebenso wenig wie von Kevin Kurányi. Aber was hieß das schon? Winnie Heller biss sich auf die Lippen und hielt sich dicht an der Wand, bis sie die Tür sehen konnte. Doch auch der Kerl, der vor ihrem unfreiwilligen Abstecher auf die Toilette dort Position bezogen hatte, war verschwunden.
    Kurz vor dem Ausgang wurde sie von einem Mann angerempelt, der nach ihrer Schulter griff und ihr irgendetwas, das sie nicht verstand, ins Gesicht brüllte, aber sie kümmerte sich nicht weiter darum. Erst auf dem Parkplatz vor dem Klub blickte sie wieder einmal kurz hinter sich. Folgte ihr jemand? Nein. Wohl nicht. Alles, was sie sah, war eine Gruppe aufgepulverter Jungunternehmer, die sich soeben anschickte, den Klub zu betreten. Ihre Finger, die völlig verkrampft um die Griffe ihres Puppenhandtäschchens gelegen hatten, lockerten sich ein wenig, als sie quer über den Parkplatz zu dem alten Honda ging, der ebenfalls zu ihrer Flittchenausstattung gehörte. Bevor sie den Schlüssel ins Schloss schob, tippte sie sich flüchtig ans Ohr, um Mettlach und seinem Kollegen zu signalisieren, dass sie nicht mehr verkabelt war, auch wenn es ihr denkbar unwahrscheinlich schien, dass die Kollegen diesen Umstand nicht längst bemerkt hatten. Dann stieg sie in den Wagen und fuhr zu der Seitenstraße, in der Auerbachs Van stand.
    Noch bevor sie Gelegenheit zum Aussteigen hatte, wurde die Schiebetür aufgerissen, und Verhoeven sprang heraus. »Was zur Hölle war los da drin?«, herrschte er sie an, doch er klang alles in allem eher besorgt als wütend. »Warum hat das so lange gedauert?«
    Hinter ihnen stoppte Mettlachs Passat mit quietschenden Reifen.
    Ohne auf die Fragen ihres Vorgesetzten auch nur mit einer einzigen Silbe einzugehen, wandte Winnie Heller sich Auerbach zu, der in diesem Moment hinter Verhoeven aus dem Van kletterte. »Tut mir leid, aber ich

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