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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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musste meine Verkabelung in die Toilette werfen«, bekannte sie, wobei sie es sorgsam vermied, dem bohrenden Blick ihres Vorgesetzten zu begegnen. »Ich hatte auf einmal das dringende Gefühl, dass sie auf die Idee kommen könnten, mich zu filzen.«
    »Irgendwie müssen die den Braten gerochen haben«, nickte Auerbach, und doch hatte Winnie Heller den Eindruck, dass der Einsatzleiter sie persönlich für das Scheitern der Aktion verantwortlich machte. Sie überlegte, ob sie protestieren sollte, entschied sich jedoch dagegen, weil es ihr irgendwie unklug erschien, sich gegen einen Vorwurf zu verwehren, der nicht einmal offen ausgesprochen worden war. Trotzdem blieb das Empfinden, dass der Schwarze Peter in dieser Angelegenheit bei ihr lag. Dass sie schlecht aussah. Sie zog das geliehene Handy aus der Tasche und streckte es dem Leiter der Ermittlungsgruppe »Spartakus« zusammen mit den Honda-Schlüsseln entgegen.
    »Hatten Sie Schwierigkeiten, da unbehelligt herauszukommen?«, fragte Auerbach, indem er das Mobiltelefon einsteckte und Mettlachs Kollegen die Autoschlüssel zuwarf.
    Winnie Heller dachte an den Mann mit dem Kevin-Kurányi-Bart und an den Ausdruck in seinen Augen, als sie vor ihm auf den nackten Fliesen gekniet hatte. »Niemand hat versucht, mich aufzuhalten, wenn es das ist, was Sie wissen wollen«, antwortete sie ausweichend.
    »Aber Sie hatten Kontakt zu den Männern?«, hakte Verhoeven nach, der seine Kollegin gut genug kannte, um zu wissen, wann sie nicht die ganze Wahrheit sagte.
    »Einer von ihnen ist mir bis auf die Damentoilette gefolgt«, gab Winnie Heller zu, indem sie Auerbach auch noch das puppige Handtäschchen samt Herrentaschentuch und antikem Inhalt aushändigte. »Er hat mich abgetastet und … Na ja, ich hatte das Gefühl, dass er nach einer Waffe sucht. Oder nach einer Wanze. Als er nichts gefunden hat, ist er abgehauen.« Sie überlegte einen Augenblick, ob sie erwähnen sollte, welches Schmierentheater sie hatte aufführen müssen, um das Misstrauen des Mannes zu zerstreuen. Doch sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Kollegen von der Abteilung für organisierte Kriminalität reagieren würden, wenn sie erzählte, dass sie sich einen Finger in den Hals geschoben hatte, um sich in eine komplett verdreckte Toilette übergeben zu können. Ihr Blick suchte Verhoeven, der mit nachdenklicher Miene auf den Asphalt hinuntersah. »Es war ein bisschen unbequem, aber nachdem der Kerl gecheckt hatte, dass ich sauber bin, konnte ich ohne Probleme gehen«, wiederholte sie hastig.
    Seine Augen blieben einen Moment lang prüfend an ihrem Gesicht kleben. Dann nickte er. Ob er wirklich überzeugt war, hätte sie beim besten Willen nicht sagen können.
    »Es muss etwas durchgesickert sein«, sagte Mettlach in die frustrierte Stille, die sich zwischen ihnen breitgemacht hatte.
    Verhoeven tauschte einen Blick mit Auerbach, der trotz der lauen Temperaturen aussah, als würde er frieren. »Vielleicht spielt dein sogenannter Informant ein doppeltes Spiel.«
    »Durchaus möglich«, entgegnete der Einsatzleiter ausdruckslos. »Wer will das wissen bei diesen Kerlen? Fest steht jedenfalls, dass wir nach einem anderen Weg suchen müssen, die Bande dranzukriegen. Aber so ist das nun mal.« Er zuckte die Achseln. »Man kann nicht immer alles sofort haben. Manche Dinge brauchen einfach Zeit.«
    Winnie Heller starrte an ihm vorbei in die geöffnete Hecktür des Vans. Sie wusste, sie hatte die Erwartungen ihrer Kollegen enttäuscht, auch wenn niemand das offen auszusprechen wagte. Diese Männer hatten auf sie gesetzt, und sie hatte die Sache vergeigt. Punktum. Sie fühlte, wie Wut in ihr aufstieg. Eine dumpfe, elementare Wut auf sich selbst. Und auf einmal wollte sie nur noch weg. Den neugierigen Blicken entfliehen. Sich die Schminke vom Gesicht waschen. Ihre Ruhe haben. Den morgigen Tag hatten Verhoeven und sie aufgrund dieses Einsatzes dienstfrei, und wenn sie erst einmal über die Sache geschlafen hatte, würde alles schon wieder ganz anders aussehen. Besser …
    »Tja, dann werd’ ich mal«, verkündete sie leichthin, wobei sie es sorgfältig vermied, Verhoeven anzusehen. Trotzdem entging ihr nicht, dass seine Augen einen besorgten Ausdruck angenommen hatten. Es beunruhigte sie, dass er sie so oft durchschaute, denn im Grunde war sie der Meinung, dass sie einander kaum kannten. Außerhalb der Dienstzeiten hatten sie keinerlei Kontakt, sie erzählten sich nichts, das man auch nur im Mindesten als privat

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