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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Dach und Inneres total verbrannt, der Wallgang aber samt seinen Palisaden und vor allem ein an einer Ecke stehender abgeflachter Steinturm in leidlich gutem Zustande verblieben waren. Lehnert, als er das Fort erreicht hatte, kroch überall umher, erstieg den Turm auf einer noch wohlerhaltenen Wendeltreppe und sah nun zurück nach Nogat-Ehre hin. Die Entfernung mochte fast zwei Wegstunden sein, aber die wundervolle Klarheit der Luft ließ ihn alles aufs bestimmteste erkennen. Das Eckfenster zur Linken, das war seine, und das an der anderen Ecke, da wohnte Ruth. Es war ihm, als säh er sie, und indem er ihrer gedachte, gedacht er auch schon des Moments der Rückkehr und sah sich die Treppe hinaufsteigen und vernahm andächtig den Choral, den sie mit klarer Kinderstimme sang. Und nun bog er in den Korridor ein und hörte wieder deutlich, wie die Tür ins Schloß fiel und wie sich Monsieur L'Hermite wie herkömmlich von seinem Lauscherposten zurückzog. Und während er das alles im Geiste vorwegnahm, trat er, sich wieder erinnernd, wo er war, an die Brüstung des alten Turmes heran und pflückte, sich bückend, allerlei kleine Blumen, die hier aus dem zerbröckelten Gestein reichlich aufsproßten, und band einen Strauß, den er mitnehmen und Ruth überreichen wollte.
    Das Pferd nagte noch ruhig an den Birkenzweigen, als er nach einer Weile zurückkam, um wieder in den Sattel zu steigen. Der Weg aber, der immer steiler anstieg, erschien ihm jetzt mehr und mehr wie die Krummhübler Straße zwischen dem »Goldenen Frieden« und dem »Waldhaus«, und der Gebirgsbach, der da neben ihm schäumte, das war die Lomnitz, die vom Mittagsstein und den Teichen herunterkam. Und unwillkürlich sah er auch nach dem Inselchen aus und ob er das Haus sähe,
sein
Haus, mit den zwei Brückenstegen und dem Schindeldach und dem erst sich am Hause hin und dann bis aufs Dach hinaufrankenden gelben Rosenstrauch. Er sah aber nichts als Tannen und wieder Tannen und dann und wann eine Lichtung, und dabei wurde der Weg immer enger und steiler, bis zuletzt ein Quell kam, der aus einer niedrigen, aber senkrechten Felswand sprang und dicht darunter in einen aus vier mächtigen Steinen gebildeten Kessel fiel. Und an dem Kessel hin lief ein Pfad, und dahinter kam ein Moorstreifen und verdorrtes Gras und Huflattich ... Und dann kam ein Kusselgebüsch... Und da lag wer...
    Und Lehnert hielt an und fuhr mit der Hand über Stirn und Auge, wie wenn er das Bild verscheuchen wolle. Aber es wich nicht. Und zuletzt gab er dem Pferde die Sporen und ritt, so rasch es der Weg zuließ, immer höher bergan.
    Nur einmal noch sah er nach der Stelle zurück.
    »Das ist
der
, der bei L'Hermite ins Fenster sah.«
     
Vierundzwanzigstes Kapitel
     
    Anfang September war die Ernte herein und zum größten Teil auf dem ziemlich in der Mitte der Obadjaschen Gesamtfarm gelegenen und mit einer guten Wasserverbindung ausgestatteten »Vorwerk« untergebracht worden, auf dem Mister und Mistress Kaulbars schon seit Wochen die Vorwerkswirtschaft leiteten und ein kleines daselbst befindliches Wohnhaus bezogen hatten. Um dies Wohnhaus herum lagen, im Viereck, vier große Scheunen, aus denen das ausgedroschene Getreide teils zur nächsten Eisenbahnstation gefahren, teils in Flachkähne verladen wurde, prahmartige Fahrzeuge, die, von einem Dampfer geschleppt, den Red River hinuntergingen. Kaulbars war unermüdlich tätig, umsichtig und von strengem Regiment und erwarb sich, weil er hier selbständig und nach eigenem Ermessen handeln durfte, nicht nur Obadjas Anerkennung, sondern auch Lehnerts bereitwilligste Zustimmung. »Er ist schrecklich, aber das muß wahr sein, seine Sache versteht er.«
    So sah es auf dem Vorwerk aus. Alle Hände rührten sich, während für Nogat-Ehre selbst minder arbeitsame Tage kommen zu wollen schienen. Und für Lehnert, wenn auch die Arbeit nicht geradezu ruhte, kamen sie wirklich, nur freilich nicht für Obadja, für den einfach die Aufgaben zu wechseln begannen. Für ihn waren jetzt die Tage da, wo sich seine Tätigkeit, statt dem Landwirtschaftlichen, dem Leben in der Gemeinde zuzuwenden hatte. Beratungen fanden statt, an denen zunächst die Mennoniten von Nogat-Ehre, bald aber auch die Brüder aus Kansas und sogar Abgesandte von Dakota her teilnahmen. Es war ein beständiges Kommen und Gehen, und Ruth, die neben der nur noch den Namen dazu hergebenden Maruschka den Hausstand in Abwesenheit der Mistress Kaulbars leitete, war so beschäftigt, daß sie bei

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