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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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daß sich das gemütliche »now let us see« nur auf das in der Schüssel verborgene Gericht: Kraut und Knödel und eine Garnitur gebratener Speckschnitten, bezogen haben konnte. Lehnert – von allem halbschlesisch angeheimelt – kam denn auch mit der Alten um die Wette sofort in eine behagliche Stimmung und bat ihr im Herzen alles ab, was er gelegentlich über sie gespöttelt hatte. Die Herzensgüte, die Gebelust, vor allem die kleinen Schelmereien, womit sie die Wirtin machte, taten ihm nach den Steifheiten der Obadjaschen Tischordnung unendlich wohl, und erst ganz zuletzt kam er auf das zu sprechen, was zu fragen er sich den Tag über vorgenommen hatte. Maruschka gab auch Antwort. Aber alles, was er daraus ersehen konnte, war nur das, was er schon wußte: daß es sich um ein bevorstehendes großes Fest handle. Was es aber eigentlich damit war, kam nicht zur Sprache, weil sie kein rechtes Interesse daran nahm, jedenfalls viel, viel weniger als an den »dumplings« und »slices of bacon«, die sie nach wie vor nicht müde wurde Lehnert anzubieten.
    Endlich stand man auf, sagte sich gegenseitig allerlei Freundliches und verabschiedete sich bis auf den anderen Morgen.
     
    Am Abend des dritten Tages war L'Hermite, ganz wie sein Zettel versprochen, von Galveston zurück. Er hatte mancherlei schöne Sachen eingekauft und erschien, angeheitert und Tabak kauend, in Begleitung zweier Stationsindianer, die eine Kiste von mäßigem Umfange trugen. Als er Lehnert im Flur begegnete, wies er auf die Kiste und sagte: »Für unsere Abende. Der Winter ist lang.« Alle freuten sich, daß er wieder da war, am meisten Maruschka, die nicht müde wurde, sein Mienenspiel zu belachen, was sich, wenn Obadja erst wieder zurück war, einigermaßen verbot. »Der alte Kater« aber, wie L'Hermite seinen Hausherrn mit Vorliebe nannte, war noch nicht wieder da, kam vielmehr erst am übernächsten Tag, und so hatten denn, um unsern Freund L'Hermite zum zweiten Male zu zitieren, »die Mäuse noch vierundzwanzig Stunden Zeit, auf dem Tische zu tanzen«. Das geschah denn auch redlich, und Tüten mit Bonbons und Pralinés, die L'Hermite mitgebracht hatte, wurden Maruschka neben allerhand persönlich Verbindlichem überreicht, zugleich mit der Versicherung, daß Polen noch nicht verloren und die katholische Kirche, solange die Herrschaft der Idee nicht proklamiert werden könne, das einzig Vernünftige sei. Maruschka, beständig knabbernd, verstand kein Wort davon und hielt L'Hermite die Hand hin, als er ihr wahrsagen wollte, natürlich aber bloß »killekille« machte. Sie war überglücklich und unterließ nicht, als ihre Hand wieder frei war, ihn abwechselnd auf Brust und Knie zu tippen. So ging es bis neun Uhr, wo man sich trennte, Maruschka mit dem Trauerworte, daß es bald wieder ganz anders sein würde, was L'Hermite mit einem »oui, oui« bestätigte. Dann nahm dieser Lehnerts Arm, und eine Minute später stiegen beide gemeinschaftlich die Treppe hinauf.
    Als man oben war, wurde noch ein Plauderabend beschlossen, was Lehnert durchaus zupaß kam, weil er nun endlich zu hören hoffte, was es mit dem »feast« und dem »festival«, von denen Totto wie von etwas geheimnisvoll sich Steigerndem gesprochen hatte, denn eigentlich auf sich habe.
    L'Hermite lachte. »Ja, feast und festival; dies ist die Woche dazu. Les jours de fête sont passés pour
nous
, mais« (und er schmunzelte) »les jours de fête commencent pour
Obadja
.« Und nach diesem zugespitzten Einleitungsworte begann er dem aufhorchenden Lehnert zu erzählen, daß die letzten Septembertage regelmäßig die großen Fest- und Ehrentage von Nogat-Ehre seien. Im Laufe des nächsten oder zweitnächsten Tages werde nicht nur Obadja mit Ruth und Toby wieder von Halstead her eintreffen, sondern auch alles Mennonitische, was auf dreißig und fünfzig Meilen in der Runde zu finden sei, und dann würde der Betsaal unten seine großen Aufführungen haben. Einem zivilisierten Geschmacke könne die Sache nicht eigentlich genügen, da man indes eine wirkliche Komödie nicht haben könne, so sei solch Heiligensabbat immer noch das Unterhaltlichste, was Nogat-Ehre biete. Das Ganze hier auszuplaudern würde zu lange dauern, weshalb er es vorzöge, sich für heut auf ein kurzes Programm zu beschränken. Die Sache beginne mit einer Art Vorfeier, und zwar mit der sogenannten Fußwaschung, bei der Obadja den Heiland spiele. Beiläufig gut genug, nur um vierzig Jahre zu alt. Das alles (bei einer

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