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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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entführt hat; denn ich habe mit seinen Sklaven gesprochen. Ich weiß, daß es sich nicht auf dem Palatin befindet; alle sind dort mit der jugendlichen Augusta beschäftigt. Und vielleicht vermag ich’s auch zu erraten, warum ihr vorzieht, dem Mädchen mit meiner Hilfe nachzuforschen und nicht mit der Stadtwache und den Soldaten des Cäsars. Ich weiß, daß des Mädchens Rettung durch einen Diener bewerkstelligt wurde – ihren Sklaven, der aus ihrem Lande stammt. Er konnte unter den Sklaven keinen Beistand finden; denn alle halten zusammen und würden nicht gegen die deinen vorgehen. Nur seine Glaubensgenossen konnten ihm helfen.“
    „Hörst du, Vinicius?“ warf Petronius ein. „Habe ich nicht dasselbe gesagt, Wort für Wort?“
    „Das ist eine Ehre für mich“, sagte Chilon.
    „Das Mädchen, Herr“, begann er wieder, sich zu Vinicius wendend, „verehrt zweifellos dieselbe Gottheit wie die tugendhafteste römische Dame, Pomponia, diese wahre Matrona stolata. Ich habe auch gehört, daß Pomponia im eigenen Hause einen fremden Gott verehre; aber ich konnte von ihren Sklaven nicht erfahren, was für ein Gott dies sei und wie dessen Verehrer genannt würden. Wenn ich dies ermitteln könnte, würde ich zu ihnen gehen, den frömmsten unter ihnen spielen und so ihr Vertrauen gewinnen. Aber du, Herr, der du eine Zeitlang im Hause des edlen Aulus wohntest, wie ich auch weiß, kannst du mir darüber Auskunft erteilen?“
    „Ich kann es nicht“, sagte Vinicius.
    „Ihr habt mich lange um verschiedenes gefragt, und ich habe die Fragen auch beantwortet, edle Herren; erlaubt mir jetzt, selbst eine Frage zu stellen. Hast du nie, edler Tribun, eine kleine Statue, ein Opfer, ein Zeichen, ein Amulett bei Pomponia oder deiner göttlichen Lygia gesehen? Hast du sie nicht einander Zeichen geben oder Sinnbilder zeichnen sehen, die für sie allein verständlich waren?“
    „Sinnbilder? Warte! Ich sah Lygia einmal einen Fisch in den Sand zeichnen.“
    „Einen Fisch? A-a! O-o-o! Tat sie dies einmal oder öfter?“
    „Nur einmal!“
    „Und du bist gewiß, Herr, daß sie einen Fisch zeichnete? O-o!“
    „Ja“, antwortete Vinicius mit erregter Neugier. „Errätst du etwa, was es bedeutet?“
    „Ob ich’s errate!“ rief Chilon aus. Und indem er sich zum Zeichen des Abschiedes verbeugte, setzte er hinzu: „Möge Fortuna euch beiden in gleichem Maße ihre Gaben streuen, werte Herren!“
    „Laß dir einen Mantel geben“, sagte Petronius zu ihm beim Fortgehen.
    „Ulysses dankt dir für Thersites“, sprach der Grieche, und ein zweites Mal sich verbeugend, ging er.
    „Was sagst du zu diesem edlen Weisen?“ erkundigte sich Petronius.
    „Daß der Lygia finden wird“, antwortete Vinicius mit Entzücken; „ja, ich sage noch mehr; gäbe es ein Königreich von Schurken, er könnte deren König sein.“
    „Ganz gewiß, ich werde in nähere Bekanntschaft mit diesem Stoiker treten. Jedoch jetzt werde ich erst das Atrium ausräuchern lassen.“
    Chilon Chilonides aber, seinen neuen Mantel um sich schlagend, warf unter dessen Falten die von Vinicius erhaltene Börse von einer Hand in die andere und bewunderte sowohl ihr Gewicht als auch das Geklingel der Münzen. Indem er langsam dahinschritt und dabei umherblickte, um sich zu überzeugen, ob sie ihn nicht vom Hause aus beobachteten, ging er am Portikus der Livia vorbei und bog, nachdem er die Ecke des Clivius Virbius erreicht hatte, nach der Subura.
    „Ich muß zu Sporus gehen und Fortuna ein kleines Weinopfer bringen“, sagte er zu sich selber. „Ich habe endlich gefunden, was ich seit langem suchte. Dieser Vinicius ist jung, feurig, freigebig wie die Bergwerke Cyperns und bereit, sein halbes Vermögen für dieses lygische Vögelchen hinzugeben. Jedoch ist ihm gegenüber Vorsicht sehr am Platze; denn das Runzeln seiner Brauen verspricht nichts Gutes. Ach, die Wolfsbrut beherrscht heutzutage die ganze Welt. Ich habe jenen Petronius weniger zu fürchten. O Götter! Das Geschäft eines Kupplers lohnt sich gegenwärtig besser als die Tugend. Ah! Sie zeichnete einen Fisch in den Sand! Wenn ich wüßte, was das bedeutet, möchte ich an einem Stück Ziegenkäse ersticken; aber ich werde es erfahren. Fische leben im Wasser, und dort etwas suchen ist weit schwieriger als auf dem Lande, ergo, er wird mich für diesen Fisch besonders bezahlen. Noch eine solche Börse, und ich könnte den Bettelsack auf die Seite werfen und einen Sklaven kaufen. Aber was würdest du sagen, Chilon, wenn

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