R4ge Inside
verschwinden von hier, bevor sie zurückkommen.«
»Trotzdem«, sagte Clementine, während sie aufstand und Erde von ihrer Jeans klopfte. »Es fahren ganz schön viele davon rum. Wenn sie hier sind, sind sie vermutlich auch im Rest der Stadt. Hoffentlich ist Aries und Mason nichts passiert. Haben sie nicht gesagt, dass sie heute irgendwohin wollten?«
»Aries kann selbst auf sich aufpassen.« Michael streckte die Hand aus und zupfte ein Blatt aus ihren Haaren. »Und bei Mason habe ich den Eindruck, dass es nicht verkehrt sein kann, auf seiner Seite zu stehen. Ich bin sicher, dass es ihnen gut geht.«
Clementine warf ihm einen erstaunten Blick zu. Ihre Stimme klang sarkastisch, als sie sagte: »Den Eindruck hast du von ihm? Wirklich? Ich halte ihn für einen schweigsamen Grübler, der sich immer so verhält, als wäre er lieber ganz woanders.«
Michael lachte. »Ruhig ist er, das stimmt. Ich würde sagen, er hat etwas Schlimmes durchgemacht, so wie wir alle. Nur dass er ein bisschen mehr darunter zu leiden scheint.«
»Das halte ich für eine Untertreibung.«
Sie gingen zu der Stelle zurück, an der sie ihre Fahrräder neben einem herrenlosen Auto zurückgelassen hatten. Es waren gute Räder, richtig schicke Modelle, die sie sich aus einem Geschäft auf dem Broadway geliehen hatten â Clementine hielt es nicht für Stehlen, da die Schaufenster eingeschlagen gewesen waren und der Laden fast komplett geplündert war.
»Wir verschwinden von hier«, sagte Michael, während er das Fahrrad, das ihm am nächsten lag, aufhob und zu ihr schob. So was machte er ständig. Michael war ein richtiger Gentleman. Im Gegensatz zu Colin, der sich am Morgen an ihr vorbeigedrängt hatte, um sich das letzte Päckchen Instantkaffee mit Mokkageschmack zu schnappen.
Sie stieg aufs Rad, dann fuhren sie die menschenleere StraÃe entlang.
Es dauerte nicht lange, bis sie die Universität erreicht hatten. Sie kamen jetzt zum dritten Mal hierher. Vor ein paar Tagen hatten sie nur den AuÃenbereich erkundet. Die University of British Columbia war riesig. Der Campus war auf einer Landzunge gebaut worden und auf drei Seiten vom Meer umgeben. Es gab nur ein paar StraÃen, die auf das Gelände führten, und sie mussten mehrere Kilometer durch einen Nationalpark radeln, bevor sie zwischen den Bäumen hindurch die ersten Gebäude sehen konnten. Am zweiten Tag hatten sie angefangen, die StraÃen auszukundschaften, nachdem sie die Fahrräder im Wald versteckt und sich zu Fuà auf den Campus geschlichen hatten. Obwohl die Universität sehr abgeschieden lag, war Michael und Clementine sofort klar, dass sie nicht allein waren. Die weiÃen Transporter patrouillierten und die beiden beobachteten, wie einige Hetzer in das Gebäude des Studentenwerks gingen. Sie kamen mit Leichen wieder heraus, die sie auf die Ladefläche eines Pritschenwagens warfen. Viele der Leichname waren bereits halb verwest. Selbst die Hetzer trugen Gesichtsmasken und Schutzkleidung.
Sie hatten auch ein paar normale Leute gesehen. Zumindest gingen Michael und Clementine davon aus, dass sie normal waren. Michael hatte mit seinem Fernglas beobachtet, wie zwei Mädchen von einem Gebäude zu einem anderen geschlichen waren. Auch die beiden hatten sich groÃe Mühe gegeben, nicht von den Hetzern entdeckt zu werden. Sie waren verschwunden, bevor Michael und Clementine zu ihnen laufen konnten, um mit ihnen zu reden.
Clementine wurde klar, dass sie vermutlich mehrere Wochen brauchen würden, um den Campus gründlich auszukundschaften. Aber sie war fest entschlossen, nicht aufzugeben. Wenn ihr Bruder hier war, würde sie ihn finden. Und wenn sie dabei jedes einzelne Gebäude durchsuchen musste.
Den Brief, den er an sie geschrieben hatte â den Brief, den sie in seinem Zimmer im Wohnheim in Seattle gefunden hatte â, trug sie in der Hosentasche ihrer Jeans bei sich.
Lieber Heath, ich weiÃ, dass du hier bist. Das spüre ich. Du wolltest herkommen, weil du gehört hast, dass Vancouver sicher ist. Inzwischen hast du sicher herausgefunden, dass das nicht stimmt. Aber ich hoffe, du bist nicht woanders hingegangen. Die Universität ist schon groà genug. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie lange ich brauchen werde, um auch noch ganz Vancouver und Kanada nach dir abzusuchen. Aber wenn du irgendwo eine Nachricht für mich hinterlassen
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