R4ge Inside
an der Wand entlang, um sich in der Dunkelheit zurechtzufinden, als sie plötzlich strauchelte und den Halt verlor. Sie konnte schlecht die Hände ausstrecken, um ihren Fall zu bremsen, weil sie nicht riskieren wollte, dass der Baseballschläger auf den gefliesten Boden polterte und sie verriet. Indem sie ihren Körper seitlich verdrehte, gelang es ihr, auf der Hüfte zu landen und den Schläger in der Luft zu halten.
Direkt neben ihr lag eine schwarz verfärbte Leiche und starrte ihr ins Gesicht. Clementine riss den Mund auf, um zu schreien, doch schon war Michael neben ihr, der sie hochzog und die Arme um sie legte.
Die Gestalt hielt inne. Mehrere entsetzlich lange Sekunden vergingen, bevor sie ein schlurfendes Geräusch hörten und der Junge oder das Mädchen mit dem weitermachte, was er oder es gerade tat.
Michael hielt sie fest, bis Clementine das Herz wieder aus dem Hals an seine vorgesehene Stelle zurückrutschte. SchlieÃlich bedeutete sie Michael mit einer Handbewegung, dass sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
Alles okay? , formte er lautlos mit den Lippen. Sie nickte. Zusammen wagten sie sich weiter hinein.
Als sie am letzten Bücherregal vorbeikamen, hatten sie die geheimnisvolle Person vor sich. Es war ein Mann. Er hatte ihnen den Rücken zugewandt, drehte sich aber nach kurzer Zeit um, sodass sie sein Gesicht sehen konnten.
Er war nicht sehr alt. Mitte zwanzig vielleicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach Student. Seine Haare waren kurz und lockig, Jeans und Hemd sauber. Er sah nicht aus wie ein Hetzer, dazu war er viel zu nervös. Sein Blick huschte ständig von dem, was er tat, zu der leeren Dunkelheit um ihn herum. Genau wie sie hielt der Typ Ausschau nach dem, was in den Schatten lauerte.
Er hatte guten Grund, Angst zu haben. Nicht nur wegen der Hetzer. Das, was er tat, war nicht gerade ehrlich.
Seine Lichtquelle war keine Taschenlampe. Er benutzte eine Kerosinlampe mit einer kleinen Flamme, die er neben sich auf den Boden zwischen mehrere Leichen gestellt hatte. Der Kerl ging zwischen den Toten herum und griff von Zeit zu Zeit nach unten, um ihre Taschen zu durchsuchen. Clementine sah zu, wie er etwas aus der Jeans einer Leiche zog, die früher einmal ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren gewesen sein musste. Schlüssel. Er musterte diese, dann lieà er sie fallen und ging weiter.
Er bestahl die Toten!
Clementine war fassungslos. In den letzten zwölf Wochen hatte sie eine Menge übler Sachen gesehen. Einige dieser unaussprechlichen Dinge hatte sie sogar selbst getan. Aber den Toten ihre persönlichen Sachen wegzunehmen â das war in jeder Hinsicht das Letzte.
Sie überlegte gar nicht erst. Glühender Zorn stieg in ihr hoch. Was, wenn Heath in dem Stapel Leichen war? Wenn er einen Brief für sie hinterlassen und dieser Typ ihn gestohlen hatte? Ihre Wut zwang sie zum Handeln. Sie hob den Baseballschläger und lief los.
Sie hörte noch wie aus weiter Ferne, dass Michael ihren Namen rief, doch das reichte nicht, um sie aufzuhalten. Sie rannte direkt auf den Typ zu. Er war über einen Toten gebeugt, eine bereits ziemlich verweste Leiche mit blonden Haaren, die durchaus ihr Bruder sein konnte.
Der Typ sah sie kommen, stolperte aber über seine FüÃe, als er sich aufrichten wollte. Er fiel nach hinten, die Augen vor Angst weit aufgerissen, als sie mit dem Schläger ausholte.
Plötzlich packte jemand sie von hinten um die Taille und hielt sie fest. Michael zerrte an dem Baseballschläger, als sie auf das Gesicht des Fremden zielte. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, doch Michael gelang es, ihr die Waffe zu entreiÃen. Der Baseballschläger fiel zu Boden, prallte zweimal ab und rollte dann unter einen Tisch.
»Was zum Teufel soll das?«, brüllte Michael in die Stille. Wenn ihnen jemand auflauerte, hatte er den Tumult mit Sicherheit schon gehört.
»Er bestiehlt die Toten!«, rief sie, während sie sich immer noch gegen seinen Griff wehrte. Sie stieà Michael ihren Ellbogen in den Magen. Er stöhnte laut, hatte sie aber weiterhin fest gepackt.
»Er ist kein Hetzer.«
»Er ist ein Dieb.«
»Aber kein Hetzer. Denk nach. Er ist kein Killer.«
»Er ist genauso schlimm.«
»Jetzt reg dich erst mal ab!«
Clementine hörte auf, sich zu wehren. Die Wut ebbte ab und floss langsam aus ihr heraus. Michael hatte recht. Es war nicht der Mühe wert. Plötzlich
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