R4ge Inside
gewesen, dass die Hetzer sie gefunden hatten. Eine Diskussion zu beginnen wäre zum jetzigen Zeitpunkt keine gute Strategie gewesen.
»Okay«, stimmte Michael zu. »Wir machen es. Aber sobald du wieder richtig laufen kannst, gehen wir zu Clementine und den anderen. Ich bleibe nicht länger hier als unbedingt notwendig.«
Das Longhouse war nicht weit weg. Doch wegen Ryders Knöchel brauchten sie eine halbe Stunde, um sich quer über den Parkplatz und um das Gebäude herum auf die Seite zu schleichen, wo sie durch eines der kaputten Fenster in den Saal einstiegen.
Abgesehen von den vielen Glassplittern auf dem Boden war das Gebäude in gutem Zustand. Der Hauptraum war riesig und so gebaut, dass er wie eine Blockhütte aussah. In einer Ecke lagen ein paar Stühle und ein umgedrehter Mülleimer, alles andere sah unangetastet aus. Keine Spur von Leben. Wenn sich hier jemand versteckte, machte er seine Sache ausgesprochen gut.
Sie hatten den Saal zur Hälfte durchquert, als Ryder mit dem Knöchel umknickte. Er schrie auf, fiel zu Boden und rieb sich lauthals fluchend sein Bein.
»Lass mal sehen«, sagte Michael. Er kniete sich hin und wartete, bis Ryder seine Jeans hochgeschoben hatte und ihm die Verletzung zeigte. Die Blutergüsse waren dunkler geworden, ein Muster aus schwarzen und roten Flecken zog sich vom Knöchel über den gesamten Fuà bis hin zu den Zehen. »Das sieht nicht gut aus. Wir müssen dich irgendwo hinbringen, wo du dich eine Weile hinlegen kannst. Du solltest überhaupt nicht gehen.«
»Ich habe keine Wahl. Wir können nicht hierbleiben.«
»Stimmt«, meinte Michael. Er sah sich in dem groÃen leeren Raum mit den eingeschlagenen Fenstern um. Von drauÃen konnte man sie sofort entdecken. »Ich werde dich tragen müssen.«
»Du rührst mich nicht an.«
»Auch gut. Dann musst du eben hier warten. Auf dem Präsentierteller.« Er warf einen Blick zur Bühne, auf der Lautsprecher und andere elektronische Geräte standen. »Vielleicht finden wir hier irgendwo ein Mikrofon für dich, dann kann man sogar hören, wo du gerade bist. Deine Rede gestern Abend war ergreifend. Glaubst du, du kannst noch eine halten?«
Ryder stöhnte. »Ich lass mir nicht von dir helfen.«
»Dann versuch wenigstens, bis zur Bühne zu kommen. Dort hast du mehr Deckung.«
Ryder nickte. Mühsam kroch und zog er sich über den Boden. SchlieÃlich gelang es ihm, an die Seite der Bühne zu kommen, wo er sich hinter einigen aufeinandergestapelten Stühlen verstecken konnte.
»Ich seh mich mal um, ob ich irgendwo etwas finde, wo wir uns ausruhen können«, erklärte Michael. »Ruf mich, wenn du mich brauchst. Ich bin sicher, dass ich dich höre.«
Ryder zeigte ihm den Mittelfinger.
Michael ging zu der Tür neben der Bühne und versuchte, sie so leise wie möglich zu öffnen. Dahinter erwartete ihn nach links und rechts ein langer Gang. Als er den Gang betrat, fiel die Tür mit einem lauten Knall hinter ihm zu. Das Geräusch hallte von den Wänden wider und er fuhr unwillkürlich zusammen.
Er wartete auf das Geräusch von Schritten, das einem Angriff der Hetzer vorausgehen würde, doch nichts geschah. Keine Hetzer.
Was aber noch lange nicht bedeutete, dass das Gebäude leer oder sicher war.
Er beschloss, nach rechts zu gehen, an den Toiletten und einigen Münzfernsprechern vorbei. Das brachte ihn zu einem Empfangsbereich mit mehreren Türen. Eine führte auf den Rasen vor dem Gebäude, auf dem zum Glück niemand zu sehen war. Auch auf dieser Seite waren die Glasscheiben der Fenster eingeschlagen. Eine leichte Brise wehte Verpackungen von Fastfood und Papier in die Ecken. Die zweite Tür war abgesperrt. Dahinter begann ein Weg, der sich an der Rückseite des Gebäudes entlang bis zu den überdachten Parkplätzen zog. Wenn sie hierblieben, würde er versuchen müssen, die Schlüssel für die Tür zu finden. Sie brauchten einen Fluchtweg.
Hinter dem Empfang fand er ein paar Büroräume. Auf den Schreibtischen standen dunkle Computermonitore und Drucker, die mit Staub und Vogelkot bedeckt waren. Offenbar hatten die Tiere beschlossen, sich hier häuslich einzurichten. In einer Ecke entdeckte er zwei tote Vögel, zusammen mit leeren Wasserflaschen und einer geöffneten Packung Kartoffelchips. Er nahm einen der Chips und zerdrückte ihn
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