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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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zusammen zu einem den Verstand raubenden Hauptthema. Ein schwerer Geruch, zum Bersten angefüllt mit süßlichem Schweiß und esoterischen Düften, vernebelte Kraeh die Sinne. Ohne dass es einer Aufforderung bedurft hätte, war er auf einmal Teil dieser ungezügelten Triebhaftigkeit, verlor sich im wilden Akt des Liebens und Geliebtwerdens, des Spendens und Empfangens. In einem Anflug von Vernunft klammerte er sich an sein Schwertgehänge, während unzählige Hände ihn entkleideten. Schon hatte er es vergessen und gab sich der Leidenschaft vollends hin. Mit sanfter Gewalt auf den Rücken gezwungen ritt ihn eine Frau, die er nicht sehen konnte, weil eine andere auf ihm hockend seinen Mund für sich beanspruchte. 
    Dreimal hatte er sich in einen fremden Körper ergossen, da schob sich ein elfenbeinfarbenes Gesicht vor seines, tiefgrüne Augen fanden seinen mittlerweile matt gewordenen Blick. »Was ist das Leben schon«, säuselten schmale, zu einem frivolen Lächeln sich schürzende Lippen, »außer geboren werden, sterben und die Spanne dazwischen?« 
    Die Worte vertrieben den Zauber dieser Nymphen, der den Krieger eingelullt hatte. In letzten heftigen Stößen holte sich die rittlings auf ihm sitzende noch, was sie wollte. Es war ein schönes junges Ding mit runden Brüsten, deren von Schweißperlen umgebene steife Nippel wollüstig vor ihm tanzten, als sie sich von ihm löste. 
    Kraeh lächelte. Hilfreiche Hände reichten ihm seine Kleidung und Waffen. »Und ich wüsste keinen besseren Ort, diese kurze Spanne zu verbringen, als in euren Armen.« Einige Augenpaare lächelten zurück. Enttäuscht, dass der Spaß nun ohne ihn fortgesetzt werden musste, aber nicht im Geringsten böse, zwinkerten ihm die nackten Schönheiten zu und streichelten seine schon bedeckte Haut ein letztes Mal. Er zurrte den Schwertgurt fest und neigte den Kopf zum Abschied in den Raum, wo das Spiel weiterging. Dann drehte er sich um und verließ diese Stätte der Lust. 
    Beim Hinausgehen machte er sich bewusst, wie sehr sich diese ganze Unternehmung schon für diesen Besuch gelohnt hatte. Die Vorstellung, nicht mehr in seine Welt zurückzukommen, bereitete ihm kaum noch Kummer. Ein Freudenhaus, in dem die Huren eher für den Gast bezahlten, als etwas von ihm zu verlangen … Vermutlich allesamt gelangweilte Göttinnen. Zumindest sprachen einige ihrer übermenschlich gut beherrschten Praktiken dafür … Nebenan ein Schankhaus, in dem es unendlich viel gekühltes Ale gab … Wäre Sedain hier gewesen, hätten sie sich bestimmt ausgemalt, einfach zu bleiben und die Welt ihrem eigenen Schicksal zu überlassen. 
    Aber da war schließlich nicht nur Sedain, er hatte Freunde, die ihn brauchten, Verpflichtungen und Erwartungen, die ihn banden. Rhoderik und Henfir beispielsweise warteten auf ihn und machten sich wahrscheinlich bereits Sorgen. 
    Er schüttelte diese Überlegungen ab, strich sich das Haar aus der Stirn und entleerte seine Blase dampfend in einen Busch. Danach machte er sich, wohlweislich weitere Umwege meidend, schnurstracks zu der Grotte auf. 
    Es war ihm, als würden die dicken Wurzeln, die den Eingang verhingen, ihn ebenso offen willkommen heißen wie zuvor die Schenkel der Frauen. Geduckt lief er unter ihnen hindurch und in die dahinterliegende Schwärze. Sich an Tropfsteinen entlanghangelnd folgte er vorsichtig den Windungen des steil abwärtsführenden Tunnels. Nach einiger Zeit hatte er jede Orientierung verloren. Seine Hände brannten von vielen kleinen Wunden, die er sich an den scharfkantigen Steinen zugezogen hatte. Beißender Rauch drang ihm plötzlich in die Lungen und brachte sie zum Rasseln. Sein Herz raste, wie er um eine Ecke bog und die durch Feuerschein an eine Wand geworfenen Umrisse dreier Gestalten sah. Die Nornen!  
    Er blinzelte den Qualm aus den Augen und schritt bang seiner Bestimmung entgegen. Dort, wo der Tunnel in eine Höhle mündete, saßen sie an ihrem Webstuhl. Drei weibliche Figuren, die Gesichter von Tüchern verhangen, ließen die in milchiges, durch ein Deckenloch zäh hinabfließendes Mondlicht getauchten Schiffchen in erstaunlicher Langsamkeit über die komplexe Apparatur fliegen. Das daraus entstehende Muster war chaotisch und wirr und ohne erkennbare Regelmäßigkeit. Verblichene Malereien zierten die irdenen Wände des kugelförmigen Raumes. Sie zeigten alle möglichen Motive: Schlachten, Ungeheuer, Entbindungen und Heroen, die sich das Schwert in der Hand ganzen Horden von Feinden

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