Rabenflüstern (German Edition)
rechts ausfallenden Kämpfern niedergemacht. Mistgabeln stachen den Soldaten in die Oberschenkel, als diese noch mit ihren scheuenden Pferden beschäftigt waren. Die ganze Reiterei wurde binnen weniger Augenblicke restlos ausgelöscht.
Das nachfolgende Regiment sah sich dadurch nicht, wie erwartet, einem hoffnungslos aufgeriebenen Feind gegenüber, sondern sauber strukturierten Schlachtreihen, deren Männer, nachdem sie erstes Blut geleckt hatten, frenetisch auf ihre Schilde trommelten. Die Soldaten, von dem Anstieg entkräftet, geblendet und in Anbetracht des gänzlichen Misserfolgs ihrer Reiterei desillusioniert, mussten sich fühlen wie Schafe, die zur Schlachtbank getrieben werden. Kraeh nutzte den Augenblick und gab seinen Kriegern das Kommando zum Angriff. Schild verkeilte sich in Schild, Stahl traf auf Rüstzeug und Fleisch. Wie eine Zange schlossen sich die Flanken um die gegnerischen Reihen. Doch trotz aller Misslichkeiten zeigten die brisakschen Soldaten, wie kampferprobt sie waren. Zuletzt durch den verheerenden Sieg gegen die Orks in ihrer Zuversicht gestärkt, bauten sie schleunigst zwei Schildwälle auf, gegen die Rhoderik auf der einen, Gnadnit und Luitbrecht auf der anderen Seite Mal um Mal erfolglos anrannten.
Die Schlacht drohte einzuschlafen. Man schob und drückte, aber nirgends wurde mehr als ein Fußbreit Land gewonnen. Auf lange Sicht würde sich das schlecht für sie auswirken. Die Bauern verausgabten sich, während die abgeschirmten Soldaten im Inneren der Wälle neue Kraft schöpfen konnten. »Hass!«, heizte Kraeh die Männer an und stieß Lidunggrimm durch einen Schild und in den Träger dahinter. Den Schrei aufnehmend, schaffte Sedain sich Raum, indem er einen Hagel seiner Waffen auf die Nächststehenden niederprasseln ließ. »Hass!« Der Blutrausch hatte von ihm Besitz ergriffen. Ein diabolisches Grinsen auf den Lippen, das noch durch die Tätowierungen auf den Wangen hervorgehoben wurde, sprang er immer wieder zurück, nur um sich im nächsten Moment erneut mitten in die Feinde zu stürzen. Ein Takt des Todes, von dem sich nicht allein Kraeh hinreißen ließ. Als der Minotaur aus seiner erhöhten Augenhöhe wahrnahm, wie das Zentrum der Feinde zu wanken begann, verstärkte auch er den Druck, was dazu führte, dass die Reihen, auf welche die beiden Freunde einhieben, zunehmend dichter wurden. Eine Handaxt aufgenommen, kämpfte nun auch Kraeh beidhändig.
Durch die Wut der gegnerischen Reihen, deren Hauptleute, ungeachtet der Toten, über die sie stiegen, immer weiter auf sie einprügelten, und die Bedrängung an den Flanken, versuchten die brisakschen Soldaten allmählich nur noch, ihre Leiber zu schützen. Dabei gerieten sie ins Wanken, rempelten ihre Kameraden an und brachten damit die ganze Schlachtordnung ins Straucheln. In dem Augenblick, da die Bogenschützen, ihrer Verfolger durch vorbereitete Fallen entledigt, begannen ihnen in die ungeschützten Rücken zu feuern, war die Schlacht entschieden. Ohne zu bemerken, wie die Ersten flohen, die Männer vor ihnen nur noch deshalb standen, weil sie nicht anders konnten, hackten und stachen Sedain und Kraeh erbarmungslos weiter. Gerade noch rechtzeitig bremste Sedain einen Schlag, als er Luitbrecht vor sich erkannte. Keiner der Feinde sollte entkommen. Jene, die verstreut davonrennend den heillosen Rückzug antraten, fielen Henfirs Pfeilen und denen seiner Männer zum Opfer. Leblos plumpsten ihre Körper in den morastigen Wiesengrund.
Ihre eigenen Verluste waren gering, die Freude daher groß. Sie schüttelten sich die Hände, Väter und Söhne fielen sich mit Tränen in den Augen in die Arme. Ein Schwarm Krähen flog über die Stätte des Todes. Ein einzelnes Tier löste sich vom Rest und hockte sich auf die Stange des Banners, wo es sich seelenruhig das Gefieder putzte, was sofort als Omen ausgelegt wurde. Jubelrufe auf Kraeh und den Halbelfen erschallten und wurden von den hohen Gipfeln der fernen Gebirgskette zurückgeworfen.
Regen setzte ein.
»Still«, sagte Orthan.
»Ruhe!«, wiederholte die Kriegskrähe seine Aufforderung und wand sich an Orthan. »Was ist, Zauberer?« Doch dann glaubte auch er, etwas zu hören. Alle schwiegen und legten die Ohren an. Tatsächlich. Ein Zischeln und vielstimmiges Fauchen. Der Vogel auf der Standarte stieß einen gellenden Schrei aus, bevor er die Flügel ausbreitete und seinen Artgenossen nacheilte.
Unten, wo sich eben noch leere Flur erstreckt hatte, entstand plötzlich
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