Rabenflüstern (German Edition)
hustend ein, dem es von allen am schlechtesten ging, da er seine magische Heilkunst nicht auf den eigenen Körper anwenden konnte. Gnadnit und Henfir, an denen die Niederlage sonderbarerweise am meisten zu nagen schien, hielten sich wie immer heraus.
»Schweinekot, und du weißt das!«, erboste sich der Krieger. Grantig stapfte er auf und verließ den mittlerweile verwahrlosten Raum, um sich Luft zu verschaffen.
»Was wird nun?«, fragte Landulf. »Sind wir am Ende angelangt?« Er deutete auf die offen stehende Tür. »Er wirkt so verbittert. Seine Brust muss voller Verzweiflung sein.«
Über das Unverständnis des einstigen Hirten seinen Freund betreffend musste Sedain lächeln und rappelte sich auf. Angenehm überrascht, keinen Schmerz zu spüren, machte er einen vorsichtigen Schritt in Richtung Tür, wandte sich, bevor er hinausging, aber noch einmal an Landulf. »In seiner Brust regt sich nicht Verzweiflung, sie ist zum Überschwappen angefüllt allein von einem: Rache.«
Er sollte recht behalten. Zwei Sonnenläufe später saßen sie im Sattel und ritten nach Westen. Für einen neuerlichen Anfang brauchten sie Waffen, für Waffen wiederum benötigten sie Münzen. Und davon hatten Kraeh und Sedain wahrlich genug angehäuft, als sie noch Bran gedient hatten. Sie mussten es nur bergen. Die Unternehmung war nicht ungefährlich, die Verstecke waren am Rheinufer gelegen, wo es nur so von Feinden wimmelte. Aber sie waren nur wenige, die eingefangenen Pferde schnell und in den Auen kannten sich die beiden Freunde besser aus als sonst wo. Obgleich Sedain Kraehs Ambitionen richtig eingeschätzt hatte, war doch eine Veränderung an seinem Wesen nicht zu leugnen. Er war verschlossener, sprach selten ein Wort, lachen sahen sie ihn so gut wie nie. Nur wenn ein unvorsichtiger Späher ihren Weg kreuzte, überfiel ihn eine fast kindliche Freude, dem Unglücklichen die Seele aus dem Leib zu reißen.
Von dergleichen Vorfällen abgesehen, fanden sie, wonach sie suchten. Durch drei gut gefüllte Säckchen beschwert, flohen sie die Grenzregionen sofort wieder. Zu heftiges Treiben ging dort vor sich. Schiffe, die das Bullenbanner gehisst hatten, patrouillierten den Fluss entlang.
Auf die Frage, wohin sie ritten, antwortete Kraeh knapp: »In die Berge.« In der Tat war es an der Zeit, ein Winterlager ausfindig zu machen, ehe die ersten Schneefälle einsetzten. Es gab zwei Gebirge im Reich der Rheinlande. Nach einer Unterredung beschlossen sie, sich in das fernere der beiden zurückzuziehen. Ohne Behelligung umrundeten sie den schwarzen Wald, überquerten den Strom Nechtar an einer Furt und erreichten schließlich zur Wintersonnwende die Ausläufer der Albriesen. Vor einem merkwürdigen, offensichtlich neu erbauten Gebäude, hielten sie an. Es handelte sich weder um ein Gasthaus noch stieg Rauch aus dem kleinen Turm, der beinahe schon die ganze Grundfläche bildete. Ein Kreuz war auf dem spitz zulaufenden Dach angebracht, dahinter plätscherte ein Gebirgsbach. Gerade als Kraeh absteigen wollte, um das Gemäuer von innen zu besichtigen, erklang ein munteres Pfeifen. Bald kam der dazugehörige ältere Mann in Sicht, der unbedarft im Spaziergang die hölzerne Brücke über den Bach passierte. Schlinger bellte, als ein anderer Hund hinter dem Mann hervorsprang und ebenfalls lauthals seine Anwesenheit bekundete. Sedain hielt ihn zurück. Wie er die Fremden bemerkte, hielt der Mann, auf seinen Hirtenstab gestützt, am Ende der Brücke inne.
»Ihr seht nicht aus wie Moneden«, meinte er immer noch fröhlich, doch ein Hauch Unsicherheit und Vorsicht klang mit, vor allem der Anblick des vom Laufen schweißnassen Minotauren musste auf ihn erschreckend wirken. Fragend sahen sich die Krieger an. Der Mann lachte und schien beruhigt. »So nennen wir die Anhänger des einen Gottes «, erklärte er. »Dies hier«, sein Zeigefinger richtete sich auf das dubiose Gebäude, »ist eine ihrer Kultstätten – Kapelle des heiligen Theodosus.« Er schüttelte angewidert den Kopf.
»Wir suchen nach einem Unterschlupf für die kalte Jahreszeit«, sprach Kraeh ehrlich aus und stellte die Gefährten vor. Die kleine Gruppe war so auffällig, dass es keinen Sinn ergab zu lügen.
»Ich heiße Sacha …« Freundlich berichtete der Fremde von einer Blockhütte, die er früher aufgesucht hatte, um Felle zu gerben. Nun stünde sie leer, gerne würde er sie ihnen den Winter über anvertrauen. Nach einem Blick in die nickende Runde stieg Kraeh ab
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