Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
Vom Netzwerk:
ließ ihn niederknien, raunte ihm Worte der Macht zu, die seine Kampfeswut entfesseln sollten. Die Axt über den Kopf schwingend sprang er auf und gab einen grunzenden Laut von sich. Als er das Floß bestiegen hatte, stakten zwei der hässlichen Kreaturen es von einem Ruderboot begleitet den halben Weg zur Fraja . Sodann wechselten sie in das kleine Boot und ließen ihren Häuptling allein zurück. Sich im Kreis drehend rief er seine Krieger an. »Wer ist euer Kriegsherr?« Aus Hunderten von Kehlen kam der gutturale Schrei seines Namens. Die Orks klopften wild mit ihren Waffen auf die Schilde, woraus bald ein rhythmisches Klopfen anschwoll; eine Herausforderung an den weißhaarigen Krieger, der den Stärksten unter ihnen beleidigt hatte und nun seine Rechnung dafür bezahlen würde. 
    Kraeh löste sein Schwert aus dem Holz, schob es in den Schultergurt, suchte kurz nach Balance und sprang Kopf voran in den Nebenarm des Rheins. Er tauchte in das grünliche Wasser und bewegte sich tauchend mit kräftigen Zügen auf den wabernden Schatten des Floßes zu. Dabei ging ihm das sonderbare Vorgehen des Orkhäuptlings durch den Kopf. Seine Konditionen ergaben wenig Sinn. Wie dem auch sei, dachte er sich in den kurzen Momenten der Einsamkeit und Stille, die er unter Wasser erlebte, mit seiner Niederlage rechnete Gorka wohl kaum. Wie ein Pfeil schoss er aus dem Nass und zog sich behände auf das schwankende Floß. 
    Sedain hatte es sich auf dem Rücken liegend bequem gemacht. Der schräge Winkel der Sonnenstrahlen blendete ihn. So kniff er die Augen zusammen und ärgerte sich ein wenig über das laute Geklopfe, das ihn in seinen Tagträumen störte. 
    »Willst du nicht wissen, wie der Kampf ausgeht?«, fuhr ihn Rhoderik an. 
    »Wie er ausgeht?«, fragte er irritiert zurück. »Du hast Kraeh noch nicht kämpfen sehen …« 
    Die Zuversicht seines Freundes überschnitt sich nicht ganz mit der Kraehs. Den Muskelberg vor ihm beäugend stand er auf den fahrig zusammengebundenen Baumstämmen. Doch jetzt war nicht der rechte Zeitpunkt, an seinen Fähigkeiten zu zweifeln. Ein Kampf entscheidet sich meist beim Vorspiel – dessen war er sich nur allzu bewusst. 
    Gorka feixte ihn streitsüchtig an; seine Nüstern blähten sich: »Wenn du tot vor mir liegst, werde ich auf dich herabspucken.« 
    »Dafür bräuchtest du einen Kopf. Ein Luxus, auf den du von nun ab verzichten musst«, funkelte Kraeh zurück und zog sein Schwert. 
    Ohne Vorwarnung führte der Ork einen mächtigen Streich, gemünzt, den Kampf zu beenden, bevor er richtig begonnen hatte. Gerade noch rechtzeitig schaffte es der Krieger, sich zu ducken. So knapp, dass er den Luftzug über seinem Kopf spürte. Von den Ufern dröhnte Begeisterung. 
    Die Axt sauste von oben auf ihn herab; er rollte sich zur Seite, sprang auf und trat Gorka in die Seite – wirkungslos. Der mächtige Körper zeigte nicht die mindeste Reaktion. Bedrohlich langsam drehte er sich zu ihm. In seinen glühenden Augen war Siegessicherheit zu lesen. Eine Überheblichkeit, die es auszunutzen galt – aber wie? Trotz seiner Stämmigkeit waren die Hiebe außerordentlich schnell und tödlich. Kraeh brauchte Zeit, eine Schwäche zu finden – Zeit, die ihm der Orkhäuptling nicht zugestand. Der nächste Angriff kam unerwartet. Das Axtblatt schoss in gerader Richtung auf seine Brust zu. Er sah keine andere Möglichkeit, als seinen Körper mit einer direkten Parade zu schützen. Das hatte Gorka beabsichtigt. Ihre Waffen waren ineinander verhakt. Mit seiner überlegenen Stärke zog er am Stiel der Axt und riss seinen leichteren Gegner von den Füßen. Einen kurzen Augenblick wurde Kraeh durch die Luft geworfen, bevor er hart am anderen Ende der Plattform aufprallte. Immerhin hatte er es geschafft, das Schwert nicht zu verlieren. Er begab sich in die Hocke. Ein stechender Schmerz deutete darauf hin, dass einige seiner Rippen beim Sturz geprellt worden waren. Gorka lachte ihn höhnisch aus, während er sich ihm näherte, um ihm den Rest zu geben. Zorn stieg in Kraeh auf, trübte seinen Geist, und schoss siedend heiß durch seine Adern. Heute würde er nicht sterben. Er sah zu Boden, auf dem sich der Schatten des Henkers abzeichnete. Beinahe demütig bot er seinen Nacken feil. In einem Halbkreis schoss der schwere Stahl auf ihn zu, ihn mit einem Schlag zu enthaupten. Den Bruchteil eines Augenblicks bevor das Axtblatt ihn niederstreckte, legte er seine ganze Kraft in einen aufwärts nach vorne gerichteten Satz.

Weitere Kostenlose Bücher