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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Furcht. 
    »Vermutlich ist Gorka froh, dieses Biest vom Hals zu haben«, scherzte Sedain und rieb sich dabei provozierend über denselben. Sie schenkte ihm einen mörderischen Blick, blieb aber still. 
    An dem Steg, der sie an der Weiterfahrt gehindert hatte, war eine Vorrichtung angebracht, die jetzt zum Einsatz kam. Zu beiden Seiten war er mit dicken Tauen bestückt, an denen sich die Orks zu schaffen machten. Der Kapitän erkannte, dass es sich um ein Tor handelte. Mit purer Körperkraft wurden die Flügel auseinandergezogen und der Weg damit freigegeben. 
    Berbasts Schiff hatte ein Wendemanöver eingeleitet. Der General platzte beinahe vor Wut und Ohnmacht. Wie hätte er damit rechnen können, dass Kraeh den Orkhäuptling verschonen würde? Nun sah er keinen anderen Ausweg, als sich an die Abmachung zu halten. Dieser Emporkömmling hatte ihn überlistet, aber das würde er büßen. Grußlos segelten die beiden Schiffe in entgegengesetzter Richtung davon. 
    Vonseiten der Orks brauchten sie bis auf Weiteres nichts mehr zu befürchten; es würde eine Weile dauern, bis Gorka die Hierarchie wiederhergestellt haben würde, sofern es ihm überhaupt gelang. Sich ihres Glückes bewusst, mit heiler Haut davongekommen zu sein, brachten Thorwik und seine Seeleute ihre Passagiere weiter nach Norden. 
     
    *** 
     
    Nach zwei Tagen unbehelligter Fahrt steuerte das Schiff zurück auf den Hauptfluss, dessen Strömung es in schnellem Tempo Richtung Meer trug. Erleichterung machte sich breit, als der Kapitän lautstark verkündete, sie hätten den Einflussbereich der Druden verlassen. Das Landschaftsbild um sie herum hatte sich geändert, vereinzelt standen Obstbäume unweit der Ufer; Wiesen, auf denen weiße und gelbe Blumen wuchsen, erstreckten sich vor ihnen. Die Waldgrenze hatte sich ein gutes Stück zurück verschoben. 
    Trotz der Einwände Thorwiks, der befürchtete, unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, spielten die Kinder fröhlich auf der Fraja ; überhaupt war das Schiff zu ihrer Spielwiese geworden; sie kannten jeden Winkel und jedes noch so unscheinbare Versteck, womit sie ihr neues Kindermädchen, das sich sowieso als denkbar ungeeignet für diese Art Arbeit herausgestellt hatte, gerne in die Verzweiflung trieben. 
    Mit Kraeh, Sedain und dem Kapitän wechselte die Fremde kein Wort mehr als nötig, Rhoderik gegenüber war sie nicht ganz so abweisend. Einmal hatte er sie gefragt, ob sie ein Handwerk erlernt hätte, worauf sie antwortete, sie habe sich zeitweise in einer Schmiede verdingt, ansonsten habe sie auf dem Hof ihrer Eltern bei der Ernte geholfen. Ihre kühle, überlegene Art hatte ihn im Zusammenhang mit seinen Schützlingen anfänglich beunruhigt, doch schnell hatte sich herausgestellt, dass die Kinder sie gern hatten. Auch, weil sie ihr so gut auf der Nase herumtanzen konnten. Seltsamerweise war die kühle Frau mit den Kindern weich wie Butter. Zudem hatte Kraeh ein Auge darauf, dass sie ihrer Aufsichtspflicht, so gut es eben ging, nachkam. 
    Zu dritt hatten sie sich in der prallen Sonne auf dem Deck ausgestreckt und sahen dabei zu, wie Heikhe die Frau – deren Namen ihnen ein Geheimnis geblieben war – drangsalierte, ihr den Umgang mit dem Messer beizubringen. Auf den freien Oberkörpern der drei Männer glitzerte Schweiß zwischen Haaren und Narben verschiedenster Arten und Größen, die sie nicht ohne Stolz zur Schau stellten. Der Halbelf bot mit seinen Tätowierungen, die sich über Rücken und ausgeprägte Brust erstreckten und sich über die muskulösen Arme in Schnörkeln und dornenbewehrten Wucherungen fortsetzten, freilich den aufregendsten Anblick. Kraeh war ebenfalls gut gebaut, aber seine Haut war bleich und schmucklos. Rhoderik hatte einen kleinen Bauchansatz, war für sein Alter aber in erstaunlich guter Form. 
    »Das wird lustig«, kommentierte Sedain das Treiben. 
    »Oder gefährlich«, befürchtete Rhoderik und kratzte sich am Kinn. 
    Das Mädchen ließ nicht von ihr ab. Die Frau stellte die erste weibliche Bezugsperson für sie seit Langem dar; auch verstand Heikhe, zumindest im Ansatz, dass sie eine gewisse Macht über sie ausüben konnte. Es war offensichtlich ihre Aufgabe, sie zu unterhalten, daran bestand für die kleine Königstochter kein Zweifel. 
    »Ich verstehe nichts von Messern«, wiederholte die Bedrängte genervt und behielt dabei Gunther im Auge, der eine Schnur ins Wasser hielt und ungeduldig darauf wartete, dass ein Fisch anbiss. Sein Körper neigte sich

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