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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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draußen bei den Zelten der Angereisten stattgefunden hatte, kehrte die Normalität ins Land der Dänen zurück. Von der Ernte wurde gerettet, was zu retten war. Siebenstreich war es gelungen, seinem Volk das Vertrauen auf einen lang anhaltenden Frieden einzuflößen, und so wurde neues Land bestellt, Kuh- und Schafherden grasten wieder auf den saftigen Weiden und viele Kinder sollten später einmal erfahren, an jenen Feierlichkeiten in den Dünen um Skaarbrok gezeugt worden zu sein. Den ersten Familien, die ein zerstörtes Dorf an der Küste besiedelten, versprach der König ein eigenes Schiff. Dieser Anreiz lockte viele an die Strände, wo sie nur ein Drachenboot zum Fischerkahn umbauen mussten, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Denjenigen Kriegern, die sich in der Schlacht besonders hervorgetan hatten, schenkte er, sobald sie in die Halle kamen, erbeutete Ringe und Armreife. Er kannte jeden beim Namen, ohne Frage flüsterte Heilwig sie ihm ein, aber das bemerkte kaum jemand. Sie fühlten sich geehrt und erneuerten ihre Treuegelöbnisse. Kraeh bewunderte das Geschick des Trollkönigs. Obwohl das Land am Boden lag, verstand er es, allen das Gefühl zu geben, von den Göttern begnadet zu sein. 
    Sieben Tage nach der Feier kehrte Orthan zurück, begleitet von den bretonischen Rittern und einem in spärliche Fellreste gehüllten Mann, der sich auf einen gekrümmten Stab stützte. Öffentlich verkündete der Magier den Sieg über den düsteren Widersacher der Verbündeten, doch es entging Kraeh nicht, dass er nach seinem erfreulichen Bericht den König unter vier Augen sprechen wollte. Bevor sie die Halle verließen, pries er noch die Fähigkeiten des Fremden, der von seiner Zunft sei und mittels seiner Zauberkraft einem jeden aufrechten Kämpfer ein ewiges Bild seines Ruhmes in die Haut ritzen könne. 
    In knappen, guttural gesprochenen Sätzen milderte dieser, den fast ebenso viele Tätowierungen wie Sedain zierten, die Worte seines Vorredners ab. »Kunst, ja.« Sagte er schlicht. »Zauberei, nein.« 
    Schon lud er sich seinen Rucksack ab und beförderte die Utensilien seines Handwerks hervor, eine Nadel und einige Fläschchen von unterschiedlicher Farbe. Die anwesenden Krieger waren begeistert und drängten nach vorne, wo es sich Cheraux, wie Orthan ihn vorgestellt hatte, auf den Stufen gemütlich gemacht hatte. Goldhorn, der hünenhafte Minotaur, hatte in der Schlacht zwei Finger, nichts aber von seiner Stärke eingebüßt. Forsch schubste er zwei Männer beiseite und kniete neben Cheraux nieder. Er verlangte nach einer doppelflügeligen Axt auf der Brust, mit sechzehn Kerben am Stiel. So viele Männer habe er allein vor der Feste in die nächste Welt geschickt. Die Folgenden könne er selbst hinzufügen. Heilwig lächelte, als er von der Besprechung mit Orthan und dem König zurückkam und sah, wie der Schamane gerade die letzten Haare mit einer kleinen Klinge wegrasierte. Während die Nadel in schnellem Takt immer wieder in das Fleisch des Minotauren fuhr, sang Cheraux in einer fremden Sprache arkane Formeln, dass sich einigen Kriegern die Nackenhaare aufstellten und sie das Interesse an der unheimlichen Tortur schnell verloren. 
    Kraeh ging hinüber zu dem Kobold. »Lustiger Hokuspokus; aber sag, was ist wirklich bei den Bretonen geschehen?« 
    Heilwig kratzte sich umständlich an seiner Knollennase. Lehrerhaft klärte er den Krieger darüber auf, dass es sich keineswegs um Hokuspokus handelte, vielmehr sei es ein alter Brauch der Druiten, der den Trägern tatsächlich Kraft brächte. Er behauptete gar, einen gekannt zu haben, dem es möglich gewesen sei, sich in einen Bären zu verwandeln, nachdem ein Druite ihm sein Totem in die Haut gestochen hatte. 
    »Was deine andere Frage betrifft«, Heilwig senkte die Stimme, »was hast du über den Eingottglauben deines ehemaligen Nachbarlandes gelernt?« 
    Kraeh dachte nach. Noch bevor die Nordmänner eingefallen waren, hatten drei weit gereiste Abgesandte vorgesprochen, die sich Missionare genannt hatten. Allesamt schwächliche Witzfiguren, keiner der Krieger hatte sie ernst genommen. Als der letzte sie alle, wegen der geringen Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwurde, als verflucht und seelenlos beschimpft hatte, war Siebenstreich der Geduldsfaden gerissen. Ein Schmunzeln huschte bei der Erinnerung über Kraehs Züge. Den Troll zur vollen Größe aufgerichtet vor sich stehend, hatte der Gesandte mit lauten Anrufungen seines Gottes versucht, seine erbärmliche

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