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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Kompromiss unter der Bedingung, dass er in zwei Tagen in aller Ausführlichkeit fortfahren würde. »Du hast es versprochen«, rang sich die kleine Kaila mit halb zugefallenen Lidern ab und brach damit jeden in Erwägung gezogenen Widerstand. Eine Geschichte braucht ein Ende, auch wenn diese kein besonders glückliches bereithielt. 
    Also erzählte er weiter. Er berichtete, wie das zweite Heer der Nordmänner trotz Versorgungsnot und sich ausbreitenden Krankheiten weiter in das Land vorgestoßen war. 
    »Sie waren nur noch drei Tagesreisen von Skaarbrok entfernt, da erreichte König Thorwald die Nachricht vom Angriff auf seine Schiffe. Er muss außer sich gewesen sein. Sein unfähiger Sohn war mitsamt seiner ganzen Streitmacht ausgelöscht worden und sein eigener Vormarsch war, von der Zermürbungstaktik Rhoderiks aufgehalten, mühsam und stockend gewesen. Und nun waren ihm auch noch buchstäblich die Schiffe im Hafen abgebrannt worden. Alle hatten darauf gehofft, dass ihn dies zu Verhandlungen bewegen würde, doch nun gab es in den Augen des Nordmannkönigs nur noch einen Weg, diesen Feldzug zu gewinnen: Er musste die Feste einnehmen und das Haupt des Feindes abschlagen. Als die Armee schließlich einen Belagerungsring um Skaarbrok gezogen hatte, ließ Thorwald Leitern und Rammböcke bauen. Er hatte immer noch genug Männer, um kleinere Regimenter brandschatzend durch die anliegenden Dörfer ziehen zu lassen. Einem gelang es, Rhoderik und seine Krieger in eine Falle zu locken, aus der nur er selbst und ein Dutzend Männer entkamen. Jetzt gab es keine mobile Streitmacht mehr im Land, die ihm ernsthaft hätte gefährlich werden können, und so befahl der Graufuchs die Bestürmung der Mauern. Am sechsten Tag der Belagerung war das Pech, das viele Nordmänner in einen erbärmlichen Tod gerissen hatte, ausgegangen und so trat Siebenstreich selbst auf die Wehrgänge. Er und die Seinen kämpften tapfer; selbstlos warfen sie sich der Übermacht auf den Zinnen entgegen, doch es war klar, dass das Tor unter den dumpfen Schlägen der Rammböcke bald bersten würde, was das Ende Skaarbroks eingeleitet hätte. 
    In der Zwischenzeit hatte Kraeh den Rest seiner Männer mit den wenigen Heilwigs und Rhoderiks vereinigt und war dann unbemerkt in die Nähe der Feste vorgerückt, wo die nicht mehr als dreihundert Krieger auf den rechten Moment warteten. Lou hingegen war in eine abgelegene Siedlung gebracht worden, wo sie ihre Wunden auskurierte. 
    Bevor die Flügel des Tores endgültig nachgaben, hatte der Trollkönig die Verbliebenen im Hof versammelt. Sie konnten nicht auf einen Sieg hoffen, denn Thorwald besaß immer noch eine Streitmacht von etwa zwölfhundert Mann, doch schien es besser, das Leben bei einem letzten großen Finale zu verlieren, als irgendwann in die Ecke gedrängt einfach überrannt zu werden. 
    Die Flügel schwangen auf. Siebenstreich führte den Ausfall selbst an. Sein Bidenhänder pflügte eine Schneise in die überraschten Reihen der Belagerer, in die sich mutig seine Männer warfen und so gut es ihnen möglich war, um sich hieben. Im gleichen Augenblick tauchte ein zweites Schwanenbanner auf. Die Kriegskrähe griff an. 
    Ich kann heute nicht mehr sagen, wie es ihnen möglich war, diese Übermacht zu schlagen«, überlegte der Alte angestrengt. »Keine der beiden Einheiten machte sich die Mühe, ihre Flanken zu schützen oder einen geordneten Schilderwall zu bilden. In wildester Wut stürzten sie sich in die Schlacht. Wie aufgebrachte Götter schlachteten die Freunde Nordmann um Nordmann ab. Ein Fest der Zerstörung und des Blutes. Um ein Haar wäre Leid auf Siebenstreich hinabgefahren, auch der Zweihänder zuckte nach vorn, so perplex waren Kraeh und der König, als sie plötzlich in der Mitte aufeinandertrafen. Durch den roten Nebel des Schlachtenwahns fanden sich ihre Blicke; ein Schimmer der Hoffnung keimte auf, vage, aber geistesgegenwärtig teilten sie den Gedanken, dass vielleicht doch Aussicht auf Sieg bestand. Schnell formierten sie einen Kreis und trieben ihre Männer zu übermenschlichen Taten an. 
    Thorwald der Schreckliche erkannte, wie wenige sie waren. Hätte er sich zurückgezogen und seine Männer die Umzingelten niedermachen lassen, wäre es schlecht um die Dänen bestellt gewesen, doch der Triumph schien greifbar nahe und seine Axt forderte das Blut der Widersacher, die seinen Sohn getötet hatten. Brüllend – sein ehemals heller Kaninchenmantel hing in Fetzen – warf er sich auf

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