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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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den ihr meinem Volk gebracht habt.« 
     
    Es regnete in Strömen. Könige … , dachte die Kriegskrähe, als er zwei Tage vor den groß angekündigten Feierlichkeiten neben Sedain im Sattel saß und die Arbeiten am Ausbau einer Garnison begutachtete. Sie sind schnell in ihren Versprechungen und ebenso eilig, beispielsweise aufgrund »akuter Dringlichkeiten«, wie Siebenstreich sich ausgedrückt hatte, sie wieder aufzuheben. 
    Eigentlich waren seine Gedanken ungerecht, das wusste er. Sie hatten sich Siebenstreich eher aufgedrängt, als dass ihnen befohlen worden war. Aber all diese Verpflichtungen, gleich, ob direkt ausgesprochen oder im vorauseilenden Gehorsam erkannt und ausgeführt. – Kraeh hatte die Nase voll von Schwüren, Versprechungen und Eiden. Manchmal, wenn er sich selbst von Loyalität sprechen hörte, wurde ihm von den eigenen Worten schlecht. So war er eben, ein treuer Hund im Spiel von Königen und Fürsten, dachte er bitter. 
    Er schüttelte seinen Wolffellmantel, ein schönes Stück, das er der Leiche eines Nordmanns abgenommen hatte. Die Tropfen vermengten sich mit jenen, die dicht wie Bindfäden vom Himmel fielen. 
    Die Männer vor ihnen mühten sich gerade ab, einen breiten Baumstamm, der als Pfosten eines Wachturmes dienen sollte, aufzustellen. 
    Sedain lachte auf, wie er Kraeh unbehaglich in seinem Sattel herumrutschen sah. 
    »Hat dir ein Troll in die Suppe gerotzt?« Die Arme verschränkend bemerkte er weiter: »Du siehst aus wie ein Hund, der einem Stöckchen hinterhergesprungen ist und es im See nicht gefunden hat.« 
    Der Regen dämpfte seine Stimme. Die Männer hatten den Stamm fallen lassen und hievten ihn nun von Neuem in die Senkrechte. 
    »Danke mein Freund«, es klang eher resigniert als schnippisch, »genauso fühle ich mich auch.« 
    Der Halbelf seufzte. Nach einer Weile des Schweigens und Zusehens, rief Kraeh den Arbeitern zu, sie könnten aufhören, bis die Sonne wieder herauskäme. 
    »Also gut«, sagte Sedain schließlich. Sie waren jetzt allein, die Männer hatten sich an die Herdfeuer in ihren Baracken und Hütten begeben, »was hat denn deine Sonne so verdunkelt?« 
    »Die Wolken?«, gab Kraeh düster zurück. 
    Sedain schlug innerlich die Hände über dem Kopf zusammen. »Weißt du, mein Freund«, regte er sich auf, »man hat eine Pflanze nach dir benannt, sie nennt sich Mimose.« 
    Die Kriegskrähe unterdrückte ihre Belustigung. Sedain wurde ernst. »Das ist doch wirklich Blödsinn. Seit wann machen wir uns Sorgen um die Zukunft?« 
    »Woher willst du wissen, was mich beschäftigt?« 
    »Aber ich weiß es«, sagte der Halbelf und auf einmal schien auch ihm die Nässe unangenehm. »Wir stehen an einem Punkt, an dem wir nur noch in eine Richtung können. Unheil braut sich auf wie ein Sturm und uns bleibt nichts anderes übrig, als direkt auf sein Auge zuzusteuern. Wenn du ganz still bist, kannst du den Schlag einer Glocke hören.« Kraeh wurde unheimlich zumute, es war nicht das erste Mal, dass sein Freund einen kurzen, voraussehenden Blick auf das, was erst noch kommen sollte, erhaschte. Vielleicht – und das hielt er für wahrscheinlicher – sah Sedain die Dinge immer, wartete aber auf den rechten Augenblick, sie mitzuteilen. Gerade wollte er fragen, da wurde ihm schon geantwortet. 
    »Sie befindet sich nicht in dieser Welt – noch nicht. Ich kann dir nicht sagen, wer sie schlägt, doch weckt sie vieles, was lange schlief … eine Armee! Nein, für dieses Wort sind es zu viele. Tod, knöcheltiefes Blut, Verfall und …« 
    »Und?! Was siehst du außerdem?« 
    »Uns. Mit erhobenen, einer sterbenden Sonne entgegengestreckten Waffen.« 
    Kraehs Pferd tänzelte. »Jetzt ist mir mein Problem klar geworden …« 
    Der Halbelf lächelte. 
    »… mir war langweilig.« Er gab dem Tier die Fersen und gemeinsam ritten sie die Küste entlang zurück nach Skaarbrok. So war es immer, wenn Kraeh sich zu lange an einem Fleck aufhielt. Richtig zufrieden war er nur, wenn sich etwas bewegte, wenn er das Gefühl hatte, unterwegs zu sein. Stillstand, Gewohnheiten und Alltag machten ihn krank. 
    Noch bevor sie das Tor erreichten, kam ihnen Schlinger, Sedains Hund, der wie durch ein Wunder den Krieg überlebt hatte, entgegengerannt. Hechelnd ließ er sich von dem Halbelfen, der vom Pferd gestiegen war, den Kopf kraulen. Dann flüchteten sie sich ins warme Innere der Feste. 
     
    Nach dem großen Fest, das drei Tage angedauert und aufgrund des schönen Wetters meist

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