Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
Vom Netzwerk:
die schnaufend und bösartig ihre Bahnen zieht, die nichts aufhalten kann, die sich nicht etwa an ihrer Aufgabe erfreut, sondern unbeirrt fortfährt, ihr grausames Handwerk zu verrichten. Solange, bis irgendjemand kommt und sie zu Fall bringt.
    * * *
    »Er kommt!« Der Junge mochte sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein. Sein Freund, der noch rasch etwas Laub verteilte, vielleicht drei oder vier Jahre älter.
    »Er sieht et«, dachte der Jüngere. »Er wird et sehen. Sofort, auf den ersten Blick!« Das Laub an der Unterseite war feucht gewesen. Die trockene, deckende obere Schicht war zerstört, wo sie die Schnur verlegt hatten und wo das Eisen lag. Jemand, der Tag und Nacht im Gelände herumstreifte, der musste es sehen, der konnte Fährten lesen. Der sah, was hier getan worden war. Aber der Schein des flackernden Feuers würde den Blick ablenken.
    Es war ein kleines Feuerchen. Gerade groß genug, um Krechel anzulocken. Sie hatten ihn zuletzt unten auf der Bank am Eichbaum entdeckt, wo er eine Rast eingelegt hatte. Der Wind stand günstig. Wahrscheinlich hatte er das Feuer gerochen, noch bevor er es gesehen hatte.
    Krechel war schnell. Sie konnten von Glück sagen, dass sie mit den Vorbereitungen fertig geworden waren, bevor seine schweren Schritte den Pfad zum Leeßenpesch hinauf ertönten.
    Sie hörten das Hecheln des Köters. Dann schnaufte Krechel heran. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein. Der Feldschütz war wütend. Ein Feuer war eine offene Herausforderung. Kein Mensch durfte sich ungestraft derlei Frechheiten erlauben! Wie konnte dieses lichtscheue Gesindel es wagen, mitten in der Nacht ein lustiges Lagerfeuerchen anzuzünden, um sich gestohlene Kartoffeln zu braten?
    Krechels Gesichtszüge waren verkniffen wie eh und je. Auf seiner fliehenden Stirn standen Schweißperlen, seine harten Wangenknochen traten gerötet hervor. Unter dem Dickicht seiner eisgrauen Augenbrauen sandte er den schneidend scharfen Blick eines Besessenen in die Nacht, als er um die Ecke bog.
    Die beiden Jungen glaubten, er müsse sie durch den schützenden Vorhang des reifen, dürren Maisfeldes hindurch sehen, als er an ihnen vorüberstapfte. Aber weder er noch sein Hund nahmen Notiz von ihnen, sie hasteten auf das mickrige Feuerchen zu, die nackte Wut im Blick, keuchend den Atem in die kühle Nacht hinausstoßend. Unaufhaltsam liefen sie bergan, auf das Feuer zu. Krechel begann, den Blick nun nach rechts und links auszusenden. Er hielt hastig nach den Übeltätern Ausschau, seine Augen sondierten das Gelände rund um die Feuerstelle. Er erreichte schließlich das kleine Plateau, auf dem mit sachtem Knistern und leisem Knacken die Flammen ab und an einen munteren Funkenwirbel in die Nacht aufsteigen ließen.
    In diesem Moment zerriss das schmerzverzerrte Aufheulen des Köters die klare Nachtluft. Der schrille Ton ließ den Jungen in ihrem Versteck das Blut in den Adern gefrieren, und der Ältere erinnerte sich nur mit Mühe daran, dass es nun Zeit war, die Schnur anzuzünden. Während Krechel hastig auf seinen winselnden Hund zustolperte, brachte der Junge es mit zitternden Fingern fertig, das Streichholz zu zünden. Er hielt es an das Ende der Lunte, die sofort mit leisem Zischen in Brand geriet. Das prasselnde Flämmchen begann mit atemberaubender Geschwindigkeit seine Reise, bahnte sich seinen Weg durch struppiges Gras und klebriges Laub und marschierte unaufhörlich den Weg hinauf, den soeben noch der Feldhüter und sein Hund genommen hatten.
    Der gellende Schrei des Mannes verhieß den beiden Jungen, dass auch der zweite Teil ihres Plans reibungslos funktionierte. Sie rannten los.
    Krechel war neben seinem Hund zusammengebrochen. Ein scharfer Schmerz durchfuhr seinen linken Knöchel. Die Zähne des Fangeisens hatten sich tief in das sehnige Fleisch seines Fußes geschlagen, genauso wie das andere Eisen wenige Augenblicke zuvor dem Hund mit einem Schlag beinahe den rechten Vorderlauf zerfetzt hatte. Der Hund winselte und heulte, Krechel versuchte hastig und mit zitternden Händen, seinen Fuß aus der eisernen Umklammerung zu lösen. Seine Hand rutschte an dem blutigen Metall ab, er verlor das Gleichgewicht und stürzte nach hinten. Ein drittes Eisen sprang mit einem metallischen Schnappen ein paar Zentimeter in die Höhe, als es sich um seine rechte Hand schloss. Krechel heulte auf. Es war ein unmenschlicher Schrei, tief und röhrend, wie ein sterbendes Tier ihn in die Tiefe der Nacht hinausschreit.
    »Wir hätten et net tun

Weitere Kostenlose Bücher