Rabenschwarz
Auto zu, sprang hinein, und mit ohrenbetäubenden Fehlzündungen und einer ebenso ohrenbetäubenden Musikbegleitung nahm er die Verfolgung auf.
Fritz und Rufus waren gezwungen, ihren Fluchtweg zu ändern. Ohne Risiko blieb für sie jetzt nur der Weg über Vollmert, Schönau und Bad Münstereifel zur Autobahn.
Strecker holte auf, aber auf der Höhe Vollmert, als die Straße sich gerade anschickte, besonders steil und ungewunden talwärts in Richtung Schönau abzufallen, rasselte irgendetwas ungesund in der ungefähren Gegend der Pedale, und Strecker stellte fest, dass das Bremspedal seinen Dienst versagte.
Der bunt lackierte Kadett schoss an dem Fluchtfahrzeug der beiden Kidnapper vorbei und trat zu orientalischer Säbeltanzmusik eine talwärts führende Reise mit ungewissem Ziel an.
* * *
Richard krümmte sich vor Schmerzen. »Er braucht einen Krankenwagen«, meinte Köbes, und Herbie nickte. Er blickte ernst auf das hinunter, was von seinem früheren Klassenkameraden übrig geblieben war. Ein bejammernswertes Häufchen Mensch. Ein echter Versager.
Er rieb sich entkräftet den Nacken und deutete auf Richard. »Kannst du auf ihn aufpassen?« Köbes nickte, und Herbie meinte: »Da hinten ist irgendwo ein Bauernhof. Die Leute werden ohnehin schon durch den Schuss aufgeschreckt worden sein. Ich möchte zu Fuß hingehen und die Polizei verständigen.« Er richtete den Blick in die milchigen Wolken, die am Himmel über sie hinwegzogen. »Ich muss den Kopf freikriegen.«
Freikriegen? Freier kann ein Kopf doch kaum sein , witzelte Julius. So gänzlich unbelastet von überflüssigem Hirn .
Herbie schlenderte los. Mitten hinein in das Dunkel eines abendlichen Eifelherbstes.
»Bärbelchen sieht grässlich aus«, murmelte er.
Wir wollen abwarten, was der Typberater deiner Tante dazu zu sagen hat. Eventuell kann er sich ja sogar damit anfreunden .
»Sie hat ihren Hund wieder, Richard ist schachmatt gesetzt, Faßbender kriegt die große Abreibung, und wenn dieser Knalldepp Strecker sich nicht ausnahmsweise einmal geschickter anstellt als sonst, haben Fritz und Rufus eine echte Chance, ihr Traumziel noch heute zu erreichen. Was wollen wir mehr?«
Wir schwimmen auf einer Welle des Erfolgs!
»Rufus hat mir Geld gegeben. Bestimmt ein Drittel der Summe, wie mir scheint. Schätzungsweise sechstausend Mark.« Herbie inhalierte die kalte Abendluft. »Ich werde zuerst einmal die Hotelrechnung davon bezahlen.« Er seufzte. »Da werde ich nicht drum herumkommen. Aber dann ...«
Was dann? Julius schlenderte neben ihm und hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt.
»Dann mache ich eine Reise nach München!« Er jauchzte voller Vorfreude. »Ich werde Nina wiedersehen! Ich denke so oft an sie.«
Julius war stehen geblieben und hatte sich umgedreht. Auch Herbie hielt inne. »Was ist?« Er folgte Julius’ Blick, den dieser versonnen auf die hinter ihnen liegende Szenerie gerichtet hatte. Mit immer noch leuchtenden Scheinwerfern stand Rosis Golf auf dem Weg und strahlte die dahinter stehenden Fichten an. Köbes lehnte lässig an der Fahrerseite und drehte sich eine Zigarette. Zu seinen Füßen kauerte Richard. Bärbelchen lag unweit von ihnen und kaute wütend auf einem kleinen, viereckigen, bräunlichen Gegenstand herum, an dem sie ihre aufgestaute Wut ausließ.
Ein richtiges kleines Rabenaas, dieser Hund .
»Bitte, Julius: Von Raben und ähnlichem Getier habe ich fürs Erste wirklich genug! Du, Julius ...«
Was ist dein Begehr?
Herbie tastete seine Taschen ab. »Hast du eine Ahnung, wo ich das Geld gelassen habe?«
Ende
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