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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Oktoberwind, hörte zu.
    Er war ein wenig mitgenommen, kämpfte um die letzten Züge einer langen Liebe, rang mit verlorenen Träumen, war erfüllt vom Zusammenbruch dieser Liebe. Seit Jahren hatte er die Reißleine in der Hand gehalten und nie den Mut zum Ziehen gehabt. Nun hatte seine Frau ihm diesen Schritt abgenommen und überraschenderweise war er durch Dunkel gefallen, durch Schwere und immer noch nicht wieder in der Leichtigkeit angekommen.
    »Bist dünn geworden«, sagte er.
    Und ich: »Nein, bin ich gar nicht.«
    »Doch«, sagte er. »Und deine Haare«, sagte er, »ganz kurz.«
    »Ja«, sagte ich.
    Der Wind blies die Asche von der Zigarette, Gänsehaut auf den Armen, zu wenig an, doch nicht mehr richtig warm.
    »Ich bringe dich in die toskanische Sonne«, sagte er und lächelte, und ich schaute ihn an mit leuchtenden Augen und schüttelte den Kopf.
    Er ließ nicht locker. »Aber ja«, sagte er, »sie wärmt das Herz und die Seele.«
    Ich lachte. »So poetisch, Jonas?«
    Er wurde ernst, von einer Sekunde auf die andere. »Ich fotografiere nicht mehr«, sagte er. Das hatte ich nicht gewusst. Zwar hatte ich lange keine neuen Arbeiten von ihm gesehen, aber dass er gänzlich aufgehört hatte?
    »Du meinst, du machst eine Pause«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, keine Pause. Vorbei.«
    »Warum?«, fragte ich und war ein bisschen entsetzt. Er merkte es, lächelte beruhigend, berührte kurz meinen Arm.
    »Das ist nicht schlimm«, sagte er, »und wir haben doch jetzt dich. Und du bist besser als ich. Du hast mich überholt.«
    Ich hielt den Atem an. Was sagte er mir da?
    Er nickte, als wolle er es noch einmal bekräftigen, lächelte ein bisschen traurig.
    »Ich habe eine Galerie«, sagte er, »das nimmt mich ziemlich in Anspruch. Ja, ich bin wohl sesshaft geworden. Besuchst du mich?«
    Wir fuhren zurück, ein jeder in seine Stadt, schrieben hin und wieder Mails.
    Ich fing wieder an zu reisen, genoss die Flüge, die Zugfahrten, genoss, was Jonas schon lange leid war. Irgendwann begann ich mit den Wartehallenfotos. In den Wartehallen der Flughäfen sitzend, der Bahnhöfe, stundenlangem Warten ausgeliefert, weil die Flüge, die Züge verspätet waren.
    Ich fotografierte. Warteskizzen. Müdigkeit, Blick auf Züge, Hoffnung, Flugzeuge, Blick auf Bahnsteige, auf den breiten Gang zwischen den Gates, auf vorbeiwuselnde Reisende.
    Oft saß ich allein in der Dämmerung, oft an Abenden oder in Nächten nach getaner Arbeit, nach absolvierten Aufträgen, nach Ausstellungseröffnungen, Stunden entfernt von daheim, mit Laptop und Notizbuch im Handgepäck, eine vage Erinnerung im Kopf manchmal, doch wusste nicht, woran, ein leichtes Ziehen in Bauch und Händen, doch wusste nicht, weshalb und konnte die Zeit nicht überbrücken, konnte die Zeit nicht auf null stellen.
    Die Fremdheit der Fluggäste untereinander glich der Unnahbarkeit von Schneeflocken, die einander erst auf der Erde berühren, wenn sie aufeinanderfallen und kein Entkommen mehr möglich ist.
    Französische Chansons spielten manchmal im Hintergrund, das passte, fand ich, gut. Traurige Lieder von gescheiterten Existenzen und gescheiterten Lieben, und immer wurde telefoniert. Mit dem Freund, der Mutter, dem Boss. Sie verabredeten ein Treffen, vielleicht am Donnerstag, vielleicht aber schon morgen, mal sehen, was der Kalender sagte. Die Stimmen waren mal jung, mal älter, mal müde, mal aufgeregt, nichts daran überraschend, der Dialekt vertraut, das Lachen ein Lachen, das Staunen ein Staunen.
    Bald hörte ich auf die Reisestunden zu zählen, irgendwann auch die Ausstellungen und irgendwann konzentrierte ich mich nur noch auf die Augenblicke auf den Flughäfen und Bahnhöfen, wartend und in Bereitschaft der Bilder, der Fotos, wenn sie kamen, wenn sie da waren und wie Momentaufnahmen einer weiten endlosen Reise in mich tauchten.
    Ich hatte das klare, sichere Gefühl, dass es richtig war, dass ich deshalb nur reiste, damit die Bilder sich ihre Wege bahnen konnten in mich, in meine Kamera, in mein Auge. Um mich herum all jene, die aufs Fortkommen warteten, die Plauderer, die Lacher, die Zeitungsleser, die Telefonierer, die Simser, die Chatter, und zwischendurch knackten und summten die Alarmgeräte, die Kontrollinstanzen.
    Irgendwann beschloss ich, nur noch Gangplätze zu wählen, keine Fensterplätze mehr, keine Sicht auf Regen, Nebel, Wolken, Lichter, Sonne, Schnee, was auch immer, Gangplätze, um die Beine übereinanderschlagen zu können, um mich ein

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