Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
nichts als ihrem Lied entgegentrat, oder Terabet, bevor sie sich lieber von den Mauern von Anarogehn warf, als ihr Volk zu verraten. Sein Vater hatte sich immer beschwert, sein Großvater habe ihm zu viele Geschichten erzählt.
    »Warum habt Ihr Euch für mich entschieden und nicht für ihn?«, fragte Tier.
    »Ich habe ihn im Gasthaus gehört. Er war kein Freund von mir.«
    Tier kniff die Augen zusammen. »Ihr habt mich im Gasthaus ebenfalls gehört. Er hat dem Wirt nur geholfen, ein paar Kupferstücke hinzuzufügen - ich dachte, Ihr wolltet Rache.«
    Sie hob das Kinn. »Ich bin nicht dumm. Ich bin Rabe - und Ihr seid Barde. Ich habe gesehen, was Ihr getan habt.«
    Sie benutzte die allgemeine Sprache, aber die Worte waren für ihn dennoch unverständlich.
    Er sah sie stirnrunzelnd an. »Wie meint Ihr das? Jungfer, ich war Bäcker und dann Soldat, also Schwertkämpfer, Spurenleser und Spion, und sogar Schneider, Waffenschmied und hin und wieder Grobschmied und wahrscheinlich noch ein halbes Dutzend Berufe. Aber ich behaupte nicht von mir, ein Barde zu sein. Und selbst wenn ich einer wäre, wüsste ich nicht, was das mit Euch zu tun hätte. Oder was es bedeutet, ein Rabe zu sein.«
    Sie starrte ihn an, als hätte er etwas ziemlich Unverständliches gesagt. »Ihr seid ein Barde«, sagte sie wieder, aber diesmal lag ein Beben in ihrer Stimme.
    Er sah sie forschend an. Es war vielleicht Regen, der ihre Wangen benetzte, aber er hätte sein gutes Messer verwettet, dass sich in diesem Wasser auch Salz befand. Sie war kaum älter als ein Kind und hatte gerade ihren Bruder unter schrecklichen Umständen sterben sehen. Es war mitten in der Nacht, sie zitterte vor Kälte, und sie hielt sich besser als mancher erfahrene Soldat.
    »Ich schaffe die Leiche weg«, sagte er. »Wir werden beide nicht schlafen können, wenn sie hier liegen bleibt und Aasfresser anlockt. Und Ihr seht zu, dass Ihr aus dem Regen kommt, und zieht trockene Sachen an. Wir reden morgen weiter. Ich verspreche, dass Euch zumindest bis zum Morgen niemand etwas tun wird.«
    Während sie das Gepäck aus dem Wagen holte, führte er Scheck zu der Leiche, und es gelang ihm irgendwie, sie auf den Rücken des Wallachs zu schieben. Er hatte nicht vor, den Mann zu begraben, er wollte ihn nur weit genug wegbringen, dass die Raubtiere, die er womöglich anzog, sie nicht belästigen
würden. Dann fiel ihm ein, dass Wresen vielleicht nicht allein gewesen war - es wäre tatsächlich seltsam für einen Adligen, ohne Diener unterwegs zu sein.
    Aber er fand nur eine graue Stute, die etwa hundert Schritt den Weg entlang an einen Baum gebunden war, und es gab kein Anzeichen von einem zweiten Pferd in der Nähe.
    Tier blieb neben Scheck stehen und ließ die Leiche vom Rücken des Pferdes in den Schlamm fallen, das Schwert immer noch fest in der Hand. Scheck, der alles zuvor ruhig ertragen hatte, sprang drei Schritte zur Seite, als die Leiche aufklatschte, und schnaubte unglücklich. Die Graue wich zurück und schüttelte den Kopf. Sie versuchte sich loszureißen, aber die Zügel hielten. Als nichts weiter geschah, beruhigte sie sich wieder und knabberte nervös an einem Büschel Blätter.
    Tier durchsuchte die Satteltaschen des Mannes, aber es gab dort nichts außer den Zutaten für ein paar Mahlzeiten und einem Beutel mit Silber- und Kupfermünzen. Die steckte er mit der Sparsamkeit eines Soldaten in seinen eigenen Beutel und nahm auch den Proviant. An der Leiche fand er nichts außer einem klotzigen Silberring mit einem kleinen, dunklen Stein. Er ging davon aus, dass der Ring ebenso wie das Pferd und das Schwert des Mannes zu leicht zu identifizieren seien, und ließ sie, wo sie waren.
    Am Ende fand Tier keinen Hinweis darauf, wer Wresen gewesen war oder warum er Seraph so unbedingt hatte haben wollen. Ein Magier hätte allerdings nicht diese unvernünftige Angst vor Reisenden wie die Dorfbewohner.
    Er nahm sein Messer und schnitt die Zügel der Grauen nahe dem Gebiss zum größten Teil durch. Wenn sie genug Hunger hatte, würde sie sich losreißen, aber so schnell würde das noch nicht geschehen.
    In sich zusammengesackt vor Müdigkeit, ritt Tier zum
Lager zurück. Seraph hatte seinen Rat befolgt: Er fand sie unter dem Baum, wo sie sich zusammengekauert hatte.
    Eine zweite Ölhautplane, größer und noch abgetragener als seine, vergrößerte ihre Zuflucht, sodass er vielleicht sogar trockene Füße haben würde. Sein Sattel befand sich ebenfalls in der behelfsmäßigen

Weitere Kostenlose Bücher