Rabenzauber
meine Familie vorstellen. Meine Frau Seraph, mein ältester Sohn Jes und mein jüngerer
Sohn Lehr. Seraph, Jes, Lehr, das hier ist Myrceria, die geholfen hat, meine Gefangenschaft erträglich zu machen.«
Jes nickte auf die schüchterne Art, die er Fremden gegenüber immer an den Tag legte. Lehr verbeugte sich steif, und Seraph drehte sich auf dem Absatz um und ging nach draußen.
Lehrs Lächeln verschwand, also nahm sich Tier einen Moment, um es ihm zu erklären. »Sie kennt mich zu gut, um zu glauben, dass ich nach all diesen Jahren eine Mätresse genommen habe - und das sollte dir eigentlich genauso gehen. Myrceria ist, um es höflich auszudrücken, eine Verbündete. Ich brauche einen Moment allein mit eurer Mutter.«
Er folgte Seraph und schloss die Tür leise hinter sich. Seraph betrachtete die Steinmauer des Flurs, als hätte sie noch nie gemauerten Stein gesehen. Sie waren hier vermutlich in Sicherheit, dachte er. Jeder, der diesen Flur entlangkam, würde auf dem Weg zu ihm sein - und um diese Tageszeit besuchten ihn bestenfalls Sperlinge. Sie hatten Zeit, also wartete er, dass sie ihm zeigte, was sie von ihm brauchte.
»In diesen Steinen liegt Todesmagie«, sagte sie. Sie klang nicht, als ob sie das störte.
»Sie haben schon lange Zeit Menschen umgebracht«, sagte er. »In Redern sollte inzwischen ein Bote eingetroffen sein, der dir sagt, dass ich noch am Leben bin.«
»Ich hoffe, jemand bringt den Boten zu Alinath«, erwiderte Seraph, ohne den Blick von der Wand abzuwenden. Sie legte die Hand dagegen und sagte: »Wir konnten sie überzeugen, dass man dich lebendig gefangen genommen hat, aber sie wird wissen wollen, ob du immer noch lebst.«
Dann stieß sie sich von der Wand ab. Als sie sich umdrehte, dachte er, sie werde ihn endlich ansehen, aber sie senkte den Blick.
»Wir müssen dich hier herausholen«, sagte sie leise. »Dieser Palast ist ein einziger Irrgarten, aber Lehr hat dich gefunden,
was der schwierigste Teil war. Er wird uns auch wieder hinausführen können.«
»Ich kann nicht gehen, Seraph«, sagte er.
Sie riss den Kopf hoch.
»Es gibt hier einen Jungen in Jes’ Alter, dem man meinetwegen wehtun wird, wenn ich es nicht aufhalten kann - und sie haben mich ohnehin mit einem Bann belegt, damit ich nicht gehen kann, wohin ich will.«
Sie streckte die Hand aus, um ihn zum ersten Mal zu berühren, seit sie in seiner Tür erschienen war. Sie nahm seine Hände und drehte sie um, um sich die Handgelenke anzusehen.
»Ich kann diesen Bann brechen«, erklärte sie kurz darauf. »Aber das wird Zeit brauchen, und es wird uns nicht helfen, solange dein junger Freund in Gefahr ist und du ohnehin nicht gehen willst.«
Er drehte die Hände, bis er ihre packen konnte. »Seraph«, sagte er. »Jetzt ist alles gut.«
Ihre Hände zitterten, aber er konnte nur ihren Oberkopf sehen. »Ich dachte, du wärest tot«, sagte sie.
Sie blickte auf, und die Kaiserin war verschwunden, verloren in einem von Gefühlen gezeichneten Gesicht. Unerwartet spürte er, wie ihre Magie seine Handflächen streichelte.
»Ich kann das nicht noch einmal tun«, sagte sie. »Ich kann niemanden mehr verlieren, den ich liebe.«
»Du liebst mich?« Er bewegte die Hände zu ihren Schultern und zog sie an sich. Sie lehnte sich an ihn wie ein müdes Kind.
Es war das erste Mal, dass sie das zu ihm gesagt hatte, obwohl er wusste, dass sie ihn mit der gleichen Leidenschaft liebte wie ihre Kinder. Sie war dazu ausgebildet worden, sich zu beherrschen, und er wusste, dass ihr die Intensität ihrer Gefühle unangenehm war. Weil er sie verstand, hatte er sie nie dazu getrieben, ihm etwas zu sagen, das ihm ohnehin klar war.
Er wusste, es würde sie ärgern, aber er musste sie einfach aufziehen. »Ich musste mich also von einem Haufen dummer Zauberer entführen und durchs halbe Kaiserreich schleppen lassen, um das zu hören? Wenn ich gewusst hätte, was es braucht, hätte ich das schon vor zwanzig Jahren getan.«
»Das ist nicht komisch«, sagte sie und trat ihm bei dem Versuch, sich zu entziehen, auf den Fuß.
»Nein, ist es nicht«, sagte er und zog sie näher an sich. Die wilde Freude, sie im Arm zu halten, nachdem er halbwegs sicher gewesen war, sie nie wiederzusehen, ließ ihn unvorsichtigerweise weitersprechen. »Warum hast du mir also nicht schon vorher gesagt, dass du mich liebst? Hattest du in zwanzig Jahren nicht genug Zeit? Oder hast du es erst herausgefunden, als du glaubtest, ich wäre tot?«
»Oh, ich hätte es dir
Weitere Kostenlose Bücher